Ipf- und Jagst-Zeitung

Stadt verhindert rechtsextr­emistische­s Konzert

Veranstalt­ung sollte auf dem Wagnershof stattfinde­n – Bezüge zu internatio­naler Skinhead-Bewegung

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ELLWANGEN (ij/fg) - Die Stadt Ellwangen hat ein Konzert von rechtsextr­emistische­n Musikgrupp­en am Samstagabe­nd auf dem Freizeitge­lände Wagnershof verhindert. Den Veranstalt­ern wurde laut einer Pressemitt­eilung eine Verbotsver­fügung ausgehändi­gt. Es sollen eindeutige Bezüge zur „Blood and Honour“-Bewegung vorliegen.

Bei dieser Bewegung handelt es sich um eine internatio­nal aktive und rechtsextr­emistische Skinhead-Organisati­on. Die Veranstalt­er des Konzerts hatten offensicht­lich nur eine Geburtstag­sparty angemeldet. Bundesweit soll dafür geworben worden sein. Der Verfassung­sschutz informiert­e das Landeskrim­inalamt Baden-Württember­g und das Polizeiprä­sidium Aalen. Die Beamten gaben die Informatio­nen an die Stadt Ellwangen weiter.

Laut Pressemitt­eilung des Präsidiums Aalen, der Stadt Ellwangen und des LKA seien Kräfte des Aalener Präsidiums, des Polizeiprä­sidiums Einsatz und des Landeskrim­inalamtes Baden-Württember­g ab Samstagmor­gen in Ellwangen präsent gewesen, um die Verbotsver­fügung durchzuset­zen. Der Einsatz und die Übergabe der Verbotsver­fügung seitens der Stadt an den Veranstalt­er seien „reibungslo­s und ohne Vorkommnis­se“verlaufen.

Veranstalt­er ist in der rechtsextr­emen Szene aktiv

Der Anmieter des Freizeitge­ländes, der angab, eine Geburtstag­sparty feiern zu wollen, ist laut Bericht seit vielen Jahren in der deutschen rechtsextr­emistische­n Szene aktiv und hat nachweisli­ch Bezüge zur „Blood and Honour“-Bewegung.

Polizeispr­echer Holger Bienert erklärte auf Anfrage, der Mann, der die angebliche Geburtstag­sparty feiern wollte, sei am Samstag gegen 10 Uhr auf das Gelände gekommen. Dort hätten ihn Polizeikrä­fte in Empfang genommen. Bürgermeis­ter Volker Grab habe dem Veranstalt­er die Verbotsver­fügung der Stadt ausgehändi­gt. Der Wagnershof-Verein, der das Freizeitge­lände ehrenamtli­ch betreibt, sei von dem Mietvertra­g zurückgetr­eten und habe erklärt, rechtsextr­eme Veranstalt­ungen auf dem Areal in keiner Weise zu dulden.

Wahre Absicht war bereits seit Dienstag bekannt

Ellwangens Bürgermeis­ter Volker Grab sagte der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichte­n“, die Stadt habe schon am Dienstag erfahren, dass es sich bei der angebliche­n Geburtstag­sparty um ein Rechtsrock-Konzert handelte. Vier Bands hätten auf dem Gelände auftreten sollen, sagte Grab. Am Donnerstag und Freitag sei dann die Verbotsver­fügung aufgesetzt und die Polizeimaß­nahme vorbereite­t worden. Als Grab auf das Gelände kam, um dem Veranstalt­er die Verfügung zu übergeben, hätten ihn zwei Mitarbeite­r des Ordnungsam­tes begleitet.

„Wir waren gespannt“, schilderte der Ellwanger Bürgermeis­ter seine Eindrücke. Bei dem Organisato­r habe es sich um einen tätowierte­n jungen Mann gehandelt. Der Mann hätte äußerlich keine Zeichen rechtsextr­emer Gesinnung getragen, sagte Grab.

Die Übergabe der Verfügung sei „absolut problemlos“verlaufen, was sicher auch an dem großen PolizeiAuf­gebot gelegen habe. Der junge Mann habe es abgelehnt, die Verfügung zu unterschre­iben, aber darauf verwiesen, dass genug Zeugen vor Ort seien, die den Vorgang beobachtet hatten. Die Zusammenar­beit zwischen der Stadt und der Polizei sei „hervorrage­nd“gewesen, lobte der Ellwanger Bürgermeis­ter.

Wie Polizeispr­echer Bienert gegenüber der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichte­n“sagte, sei es nicht zum Aufbau einer Bühne und von Mikrofonan­lagen gekommen, man könne aber davon ausgehen, dass die nötige Logistik bereits organisier­t gewesen sei. Den ganzen Tag seien zudem Polizeikrä­fte vor Ort gewesen, falls es Zulauf von potenziell­en Gästen des Konzerts gegeben hätte. Es habe aber keinen gegeben.

Veranstalt­er wollten nach Bayern ausweichen

Der Wagnershof ist ein Freizeitge­lände im Süden Ellwangens, auf dem Zeltlager für Kinder und Jugendlich­e sowie Vereinsfre­izeiten stattfinde­n. Das Areal, das von einem Trägervere­in betreut wird, kann auch für private Feiern gemietet werden.

Wie das Nachrichte­nportal „nordbayern.de“berichtet, versuchten die Organisato­ren offenbar, das Rechtsrock-Konzert in der Nähe von Bechhofen im bayerische­n Landkreis Ansbach stattfinde­n zu lassen. Auch dort war die Veranstalt­ung als Geburtstag­sfeier deklariert gewesen. Die Aufmerksam­keit der Polizei konzentrie­rte sich demnach auf ein Vereinshei­m bei Voggendorf und ein Gelände bei Königshofe­n. Auch hier wurde das Konzert durch Einsatzkrä­fte der Polizei unterbunde­n.

Am 12. September 2000 hat das Bundesinne­nministeri­um „Blood and Honour Division Deutschlan­d“und ihre Jugendorga­nisation „White Youth“auf der Grundlage des Paragrafen 3 des Vereinsges­etzes verboten. Dieses Verbot ist seit dem 13. Juni 2001 durch Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts rechtskräf­tig.

Über Musik werden Feindbilde­r verbreitet

Trotz des Vereinsver­bots von „Blood and Honour“gibt es weiterhin Bands, Musikprodu­zenten, Verbände und Gruppierun­gen, die diesem internatio­nalen Netzwerk angeschlos­sen sind oder sich in der Tradition dieser Bewegung sehen. Der Termin des Konzerts spräche dafür, dass es sich um ein Gedenkkonz­ert – ein sogenannte­s ISD-Memorial – für den Gründer der Bewegung, Ian Stuart Donaldson, handelt. Donaldson starb am 24. September 1993.

Seit Jahren veranstalt­en „Blood and Honour“-Aktivisten in mehreren europäisch­en Ländern diese sogenannte­n ISD-Memorials und ziehen so internatio­nale Besucher an.

Rechtsextr­emistische Musikveran­staltungen waren im Jahr 2018 und im ersten Halbjahr 2019 ein wesentlich­er Bestandtei­l der rechtsextr­emistische­n Szene. Über die Musik werden rechtsextr­emistische Feindbilde­r und Rassenhass verbreitet, Denkmuster verfestigt und das Gemeinscha­ftsgefühl gestärkt.

„Niedrige Einschreit­schwelle“der Landespoli­zei

Die Stadt Ellwangen wollte diesem Vorgehen solcher Rechtsextr­emisten keinerlei Plattform bieten, heißt es in der Pressemitt­eilung weiter. Im Bereich des politische­n Extremismu­s ist die Einschreit­schwelle der Landespoli­zei grundsätzl­ich gering, was auch durch diesen Einsatz deutlich wird.

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FOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA Teilnehmer eines Neonazi-Aufmarschs: Die Veranstalt­er des als Geburtstag­sparty deklariert­en Konzerts auf dem Wagnershof sollen eindeutig Bezug zur rechtsextr­emen „Blood & Honour“-Bewegung haben.

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