Pelosi nennt Impeachment-Verfahren gegen Trump alternativlos
Im US-Repräsentantenhaus geht ein historisches Votum über die Bühne – Stimmenverteilung ist keine Überraschung
G- Nancy Pelosi spricht von einer Aufgabe, die sie sich nicht gewünscht habe, der sie nun aber gerecht werden müsse. Volksvertreter, sagt die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, seien Hüter der Verfassung. Sie hätten zu verteidigen, was die Gründer der Vereinigten Staaten einst schufen: eine demokratische Republik. Die Vision der Gründerväter aber sei gefährdet durch die Handlungen des Weißen Hauses. „Wenn wir jetzt nicht handeln“, warnt Pelosi, „würden wir unsere Pflicht vernachlässigen.“„Es ist tragisch, dass die unverantwortlichen Taten des Präsidenten eine Amtsenthebung notwendig machen. Er hat uns keine Wahl gelassen.“
Das schwarze Kostüm, das die Grande Dame der Demokraten trägt, soll unterstreichen, was sie als feierlichen Moment größter Ernsthaftigkeit charakterisiert. Als optisches Ausrufezeichen dient auch das Plakat mit dem Sternenbanner, das sie neben dem schmalen Rednerpult aufstellen ließ. Darauf ein Halbsatz jenes Eids, den die Schüler zwischen
Seattle und Miami schwören, bevor morgens der Unterricht beginnt. „To the Republic for which it stands“: ein Treuegelöbnis gegenüber der Republik, für die diese Flagge stehe. Das Wort Republik – die 79-jährige Veteranin betont es ein ums andere Mal.
Große Worte, große Gesten schon zu Beginn der Debatte im Repräsentantenhaus. Sechs Stunden sollte sie dauern, gefolgt von einer Abstimmung über die Amtsenthebung Donald Trumps. In den Augen der meisten Beobachter war das Votum nur noch Formsache, zu eindeutig schienen sich die Politiker beider Parteien bereits im Vorfeld festgelegt zu haben. Das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest,
Während die Republikaner Trump geschlossen die Treue hielten, sprach die demokratische Mehrheit der Kammer von glasklaren Beweisen, die nur einen Schluss zuließen: dass man seiner Verfassungspflicht nachkommen und den Präsidenten absetzen müsse, wegen Machtmissbrauchs und Behinderung des Kongresses. Demnach hat Trump sein Amt genutzt, um die Ukraine zu Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden zu bringen. Auch moderate Demokraten schließen sich dieser Sicht an, obwohl sie damit ein Risiko eingehen. Beim nächsten Urnengang könnten sie ihre Sitze verlieren in eher konservativen Wahlkreisen.
Nach der Anklage durch die größere Parlamentskammer wird die kleinere, der Senat, im Januar entscheiden, ob der Präsident tatsächlich aus dem Weißen Haus ausziehen muss. Dessen Mitglieder übernehmen dann eine Aufgabe, die dem ähnelt, was eine Geschworenen-Jury während eines Gerichtsverfahrens zu leisten hat.
Da eine Entmachtung des Präsidenten nur mit Zweidrittelmehrheit möglich ist, müssten sich mindestens 20 Republikaner gegen Trump stellen. Aus heutiger Sicht scheint das ausgeschlossen. Die Republikaner bilden mit 53 der 100 Sitze die Majorität im Senat. Zwar haben Susan Collins, eine gemäßigte Konservative aus dem Neuengland-Staat Maine, und Mitt Romney, einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker Trumps, hin und wieder Nachdenklichkeit erkennen lassen. Für eine Absetzbewegung gibt es allerdings keine Hinweise.
Mitch McConnell, der Fraktionschef der Republikaner, hat seinerseits angekündigt, dass er sich während des Verfahrens aufs Engste mit dem Weißen Haus abstimmen wird. Er werde zweifellos ein parteiischer Geschworener sein, skizzierte er seine Rolle und fügte hinzu, die Chance, dass Präsident Trump sein Amt verliere, liege bei Null.
Offenbar in dem Bestreben, seine Parteifreunde auf eine harte Medienschlacht mit der Opposition einzuschwören, hatte Trump bereits am Dienstag in einem bitterbösen Schreiben an Pelosi alles zusammengefasst, was er den Demokraten anlastet.