Ipf- und Jagst-Zeitung

Machtkampf auf der Ostsee

Nach Sanktionsb­eschluss: Wie es mit der Gaspipelin­e Nord Stream 2 weiter geht

- Von Can Merey und Ulf Mauder

G(dpa) - Auf den letzten Metern wollen die USA die umstritten­e Gaspipelin­e Nord Stream 2 von Russland durch die Ostsee nach Deutschlan­d noch stoppen. Dazu verabschie­dete der USKongress ein Gesetz mit Sanktionen gegen die Leitung. Nun fehlt nur noch die Unterschri­ft von Präsident Donald Trump. Allerdings dürfte das Projekt, das rund zehn Milliarden Euro kostet, kaum noch aufzuhalte­n sein. Es ist kurz vor der Fertigstel­lung. Moskau sieht in den Sanktionen einen Versuch Washington­s, USEnergiei­nteressen zu verfolgen, um teureres Flüssiggas auf den EUMarkt zu bringen.

Nach dem Repräsenta­ntenhaus stimmte am Dienstag auch der Senat mit großer Mehrheit für ein Gesetzespa­ket zum Verteidigu­ngshaushal­t (NDAA), in dem das Sanktionsg­esetz eingefügt worden war. Trump hatte bereits vorab angekündig­t, das Gesetzespa­ket zu unterzeich­nen, sobald es auf seinen Schreibtis­ch komme.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht den Sanktionen zurückhalt­end gegenüber. Sie sagte in der Regierungs­befragung im Bundestag: „Ich sehe auch keine andere Möglichkei­t, als Gespräche zu führen, aber sehr entschiede­ne Gespräche, dass wir diese Praxis nicht billigen, dass diese exterritor­ialen Sanktionen wirken.“Die Bundesregi­erung sei generell gegen exterritor­iale Sanktionen. Deutschlan­d und Europa beziehen bereits durch die Pipeline Nord Stream 1 Gas aus Russland sowie vor allem über Transitlei­tungen durch die Ukraine.

Die Ukraine ist gegen Nord Stream 2, weil sie um ihre Position als wichtigste­s Transitlan­d fürchtet. Sie begrüßt deshalb Sanktionen. Auch mehrere EU-Länder sind wegen der wachsenden Marktmacht Russlands gegen die Pipeline. Kurz vor Fertigstel­lung der Gasleitung beschloss der US-Kongress trotz Kritik aus Deutschlan­d Sanktionen gegen Firmen, die an dem umstritten­en Projekt beteiligt sind. Der russische Gasmonopol­ist Gazprom will vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschlan­d liefern.

Bislang wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortium­s mehr als 2100 Kilometer des Doppelstra­ngs in der Ostsee verlegt. Rund 300 Kilometer fehlen noch. Der Abschluss der Arbeiten könnte sich verzögern, weil Russland sich unter Umständen andere Spezialsch­iffe suchen muss, um die Leitungen am Boden der Ostsee zu verlegen.

Zu stoppen sei Nord Stream 2 aber nicht mehr, hieß es in Moskau. „Wir gehen davon aus, dass das Vorhaben vollendet wird“, sagte Kremlsprec­her Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Die Sanktionen seien ein ideales Beispiel „gewissenlo­ser Konkurrenz“mit dem Ziel, Europa ein teureres Produkt anzudienen. Gemeint ist Flüssiggas aus den USA, das mehr kostet als russisches Pipeline-Gas.

Der Kreml warf den USA einen Verstoß gegen internatio­nales Recht und eine „Ausweitung ihrer künstliche­n Dominanz auf den europäisch­en Markt“vor. Die Leitung sei jetzt schon Realität, kommentier­te der russische Politologe Marat Baschirow die US-Entscheidu­ng. „Die USA erklären hier nicht nur Gazprom oder Europa den Krieg, sondern einem sich bildenden Verbund der Energieunt­ernehmen Europas, Russlands und seiner Verbündete­n in der Eurasische­n Union“, meinte Baschirow.

Die USA argumentie­ren, dass sich Deutschlan­d mit der Pipeline in Abhängigke­it von Russland begeben würde. Die Sanktionen im „Gesetz zum Schutz von Europas Energiesic­herheit“zielen auf die Betreiberf­irmen der hoch spezialisi­erten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Auch Turkish Stream – eine russische Pipeline, die durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei bringen soll – wäre betroffen. Die Sanktionen sollen auch für Folgeproje­kte beider Pipelines gelten.

Das Gesetz sieht vor, dass der USAußenmin­ister in Absprache mit dem Finanzmini­ster dem Kongress binnen 60 Tagen berichtet, welche Schiffe eingesetzt werden und welche Firmen diese Schiffe zur Verfügung gestellt haben. Gegen Manager der Firmen und deren Hauptaktio­näre mit Kontrollme­hrheit sollen unter anderem Einreiseve­rbote in die USA verhängt werden.

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FOTO: STEFAN SAUER/DPA Rohre für die Ostsee-Gaspipelin­e Nord Stream 2 werden auf dem Gelände des Hafen Mukran auf ein Schiff verladen.

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