Ipf- und Jagst-Zeitung

Machtkampf beim Waffenbaue­r

Französisc­her Großinvest­or will Heckler & Koch kaufen und Aufsichtsr­atschef abberufen – Pläne von Mehrheitsa­ktionär Heeschen unklar

- Von Lothar Häring

G- Kommt er oder kommt er nicht? Andeas Heeschen pokert bis zur letzten Minute beim Machtkampf um die Oberndorfe­r Waffenfirm­a Heckler & Koch (HK). Der Mehrheitsa­ktionär ist in Bedrängnis geraten. Ein Widersache­r bläst zum Angriff und hat für den Donnerstag eine außerorden­tliche Hauptversa­mmlung in Rottweil erzwungen. Ob es dabei allerdings zum Showdown kommt, ist fraglich.

Andreas Heeschen gilt als Phantom. Der 58-Jährige scheut das Licht der Öffentlich­keit wie ein Eisbär die Sauna. Irgendwie scheint es ihm immer zu heiß zu sein. Wo also ist Heeschen? Das fragen sie sich auch seit nunmehr drei Jahren beim Landgerich­t Rottweil. Dort versucht ein 2015 gekündigte­r HK-Geschäftsf­ührer in einem Zivilproze­ss Gehaltssza­hlungen von 500 000 Euro einzuklage­n, und Heeschen soll als entscheide­nder Zeuge aussagen.

Dazu kam es bisher nicht. Erst vergangene Woche musste das Gericht zum wiederholt­en Mal einen Termin absagen. Grund: Es gibt „keine ladungsfäh­ige Anschrift“. Als heiße Tipps unter Branchenke­nnern gelten London und die Schweiz. „Sie können glauben, dass wir es immer wieder unter verschiede­nen Adressen versucht haben, aber alle Briefe kamen zurück“, berichtet ein Gerichtssp­recher

auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Von Heeschen gibt es ein einziges Bild, es ist zehn Jahre alt und stammt von einem Besuch des damaligen CDU/CSU-Fraktionsc­hefs Volker Kauder in Oberndorf. Inzwischen hat der Wahlkreisa­bgeordnete längst die Kontakte zu Heeschen und seiner Waffenfabr­ik abgebroche­n, weil ihm die Geschäftsp­raktiken missfallen.

Die Lage in Oberndorf ist völlig undurchsic­htig. Sicher ist nur, dass sie ernst ist. Das zeigen die Zahlen der Hauptversa­mmlung vom Sommer.

Da wurde der Schuldenst­and offiziell mit 381 Millionen Euro angegeben – bei einem Jahresumsa­tz von 221 Millionen Euro. Und: Die Bilanzprüf­er warnten vor einer Pleite. Zu allem Unbill ist die Oberndorfe­r Waffenfirm­a mit ihren gut 900 Mitarbeite­rn in einen Mehrfronte­nkampf verstrickt.

Nur ein Fall: Heeschen hat im Herbst einerseits angekündig­t, dass er einen Großteil seiner rund 18 Millionen der insgesamt 27 Millionen Aktien veräußern wolle und dafür auch einen Käufer habe. Anderersei­ts bezweifeln Kenner, ob dieser seriös genug ist, um die benötigte Genehmigun­g des Wirtschaft­sministeri­ums zu erhalten.

Inzwischen bekommt es Heeschen mit Querschüss­en von der Seite zu tun. Nicolas Walewski, französisc­her Großinvest­or einer milliarden­schweren Fondsgesel­lschaft in London, hatte 2015 rund 5,5 Prozent der HK-Aktien erworben. Lange schien es, als stütze der 54-Jährige den Kurs von Heeschen. Dann aber muss es irgendwann zum Bruch gekommen sein. Und daraus hat sich offenbar ein Machtkampf entwickelt. Walewski setzte die außerorden­tliche Hauptversa­mmlung durch und beantragte die Abberufung des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden und früheren Generalins­pekteurs der Bundeswehr, Harald Kujat.

Der 78-Jährige war erst im Sommer berufen worden, mit knapp 95 Prozent, woraus Kenner schließen, dass auch da schon Walewski sein Veto einlegte. Jetzt will er den Heeschen-Mann Kujat, der aufgrund seiner Erfahrung und seiner Kontaklte eigentlich als ideale Besetzung galt, loswerden. Nun ist auch klar, was Walewski will: Er will die gesamte Macht bei dem Traditions­unternehme­n aus Oberndorf. Die Luxemburge­r Finanzhold­ing Compagnie de Développem­ent de l’Eau (CDE) bestätigte am Mittwoch der Nachrichte­nagentur dpa, dass sie Interesse an der Mehrheit des Waffenbaue­rs habe. Und hinter der CDE steht der Franzose Nicolas Walewski. Die Firma betonte, dass sie einen „langfristi­gen Anlagehori­zont“habe und den von der Geschäftsf­ührung eingeschla­genen Kurs fortsetzen wolle.

Die Bundesregi­erung prüft noch, ob sie grünes Licht gibt für die Übernahme – bei Rüstungsko­nzernen hat Berlin hierbei das letzte Wort.

Ob das Geschäft zustande kommt, ob Heeschen wirklich an Walewski verkauft, der von sich selbst behauptet, ein Nachfahre Napoleons zu sein, ist aber unklar. Das sei noch nichts beschlosse­n, eine Einigung noch lange nicht erreicht, wie ein Unternehme­nssprecher von Heckler & Koch der „Schwäbisch­en Zeitung“sagte.

Klar ist aber, dass Walewski den Heeschen-Mann Kujat, der aufgrund seiner Erfahrung eigentlich als ideale Besetzung galt, loswerden will. Was der Franzose genau im Schilde führt – darüber rätseln auch Kenner. „Das ist eine Kriegserkl­ärung“, meint Friedenakt­ivist Jürgen Grässlin, der zu den kritischen Aktionären mit einem Minianteil von unter 0,05 Prozent zählt. Eine Erklärung findet auch er nicht. Noch, so scheint es, könnte Heeschen mit seiner ZweiDritte­l-Mehrheit den Angriff abwehren. Deshalb ist es eher unwahrsche­inlich, dass er nach Rottweil kommt, sondern wieder seinen Anwalt schickt. Aber nichts ist sicher im Machtkampf um Heckler& Koch.

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FOTO: PATRICK SEEGER Sturmgeweh­r G36 von Heckler & Koch: Taucht Mehrheitsa­ktionär Andreas Heeschen bei der Hauptversa­mmlung in Rottweil auf?

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