Überraschungs-Hattrick spät gestoppt
FC Bayern müht sich gegen den SC Freiburg sehr lang und gewinnt dann doch mit 3:1
G- Irre, verkehrte Welt, Überraschung – was hatte es vor dem 1:3 (0:1) des SC Freiburg gegen den FC Bayern München und der außergewöhnlichen Ausgangslage nicht alles geheißen. Nur zwei Punkte trennten den Rekordmeister vor dem Spiel von seinem nächsten Verfolger – den Mannen aus dem Breisgau. Lange durften die Freiburger davon träumen, dass es auch nach dem Spiel bei diesem Abstand bleibt, doch dann zeigten die Bayern in der absoluten Schlussphase ihre eiskalte Art und erlegten den Konkurrent. So sind die seit Jahren scheinbar in Stein gemeißelten Kräfteverhältnisse – wenn auch knapp – wieder hergestellt.
„Die ersten 15, 20 Minuten hat man gedacht, dass sie uns aus dem Stadion knallen. Ich habe gewusst, dass sie uns nicht unterschätzen und so draufgehen. Dass wir dann in der Lage waren, uns immer mehr zu befreien und eigene Torchancen zu kreieren, hätte ich aber so nicht für möglich gehalten“, sagte ein nur mit dem Ergebnis unzufriedener SC-Trainer Christian Streich: „So ein Spiel darfst du nicht unentschieden spielen, eigentlich musst du gewinnen.“Auch sein Bayern-Pendant Hansi Flick gratulierte und meinte: „ Es war ein Spiel mit Höhen und Tiefen, am Ende mit dem Höhepunkt für uns.“
Doch von vorn: Kurz nach Anpfiff schien es nur noch um die Höhe des nächsten Weihnachtsgeschenks für Flick und seine sich gen Tabellenspitze arbeitenden Spieler zu gehen. Denn der in weiß agierende Meister legte spektakulär los. Die erste Minute war noch nicht komplett gespielt, da lief der derzeit entfesselt aufspielende Coutinho allein auf SC-Torwart Mark Flekken zu, setzte zum Lupfer an, der Ball flog auf das leere Tor zu – doch das Bein des zurückgesprinteten Manuel Gulde verhinderte den Auftakt-Niederschlag.
Fahrlässig die Münchener Chancenauswertung, noch fahrlässiger das Freiburger Abwehrverhalten bis dato. In der 16. Minute kam dann das, was sich angedeutet hatte: Alphonso Davies schaltete den Turbo auf der linken Außenbahn an und servierte den Ball in die Mitte zum bereit stehenden Robert Lewandowski. Drin. 19. Saisontor des nun wieder die Torjägerliste anführenden 31-Jährigen.
Doch wenn man denkt, es geht nichts mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her – vor allem zur Weihnachtszeit. Und so glimmte noch Hoffnung auf das dritte 1:1 des SC gegen den FC Bayern in Folge. Und diese Hoffnung trug den Namen Lucas Höler. Gerade jener Lucas Höler, der bereits bei den zwei 1:1 der Vorsaison Freiburgs Tore erzielt hatte, zwang Manuel Neuer (32.) zu einer ersten Parade im Spiel.
Und plötzlich war der Sportclub da. Wenn auch nicht spielerisch, so doch mit Chancen. Vincenzo Grifo (37.) nahm Maß und bügelte den Ball knapp über den Querbalken. Nach 15 Spielen Tabellensechster und sowieso schon das Überraschungsteam der Hinrunde, da kann man sich auch gegen den Dauer-Branchenprimus berappeln. Was folgte, waren Möglichkeiten, die zahlreicher auch nicht unter den Baum gepasst hätten. Plötzlich
schwammen die Bayern minutenlang wie der Weihnachtskarpfen. Dann war es wirklich so weit: Der eingewechselte Changhoon Kwon tanzt Ivan Perisic und Davies aus und bedient Janik Haberer; der in Wangen im Allgäu geborene Mittelfeldspieler legt weiter auf Grifo, der aus acht Metern unhaltbar verwandelt.
58 Minuten gespielt. Plötzlich wieder alles ausgeglichen. Mit Kampf und Leidenschaft, Tugenden, die die Freiburger in dieser Saison dorthin gebracht haben, wo sie sind, durften die Badener und ihre Fans auf den ganz großen Wurf hoffen. Der FC Bayern zeigte spielerische Klasse, Torhüter Neuer neuerte außerhalb des Strafraumes umher, Serge Gnabry brillierte, die Freiburger ackerten und wurden doch bestraft. Erst war es Nachwuchskicker Joshua Zirkzee (90.+2), der nicht einmal zwei Minuten nach seiner Einwechslung die Freiburger dem Boden näherbrachte, dann setzte Gnabry (90.+5) den Schlusspunkt. „Vielleicht täusche ich mich, aber in der zweiten Halbzeit waren unsere Chancen brutal, da waren wir besser“, sagte Torschütze Grifo, der sich nicht so recht über sein Tor freuen konnte. „Ich kann nicht zufrieden sein, wenn wir 1:3 verlieren. Aber wir wollen jedes Spiel gewinnen, und dann wird man sehen, wo es hinführt.“Das Weihnachtsfest dürfte für die Breisgauer also trotz allem sehr besinnlich werden.