3:3 verloren
Borussia Dortmund rauft sich nach dem überflüssigen Remis gegen RB Leipzig die Haare
(SID/dpa) - Am Ende dieses wilden, spektakulären Bundesliga-Gipfels voller absurder Wendungen quälte sich Marco Reus mit traurigem Gesicht zu den BVB-Fans auf der Südtribüne. „Wir könnten uns in den Allerwertesten beißen“, schimpfte der Kapitän von Borussia Dortmund, und Sebastian Kehl fasste die miese Stimmung treffend zusammen: „Wir haben 3:3 verloren. Es sind zwei Punkte zu wenig.“
Während sich die Leipziger Tabellenführer artig für Dortmunds Torgeschenke bedankten, schwankte der BVB hin und her. Die Leistung war großartig, ja, aber: „Wir haben leider sechs Tore geschossen“, sagte Julian Weigl. Drei eigene und quasi drei für RB durch eklatante Fehler von Torhüter Roman Bürki, Nationalspieler Julian Brandt und Europameister Raphael Guerreiro.
Nur BVB-Trainer Lucien Favre war einen Schritt weiter. „Chapeau! Da gratuliere ich meiner Mannschaft“, sagte der Schweizer angesichts der Meisterleistung der ersten Halbzeit und des Comebacks nach den beiden Nackenschlägen durch Timo Werner (47./53.). „Es ist sehr, sehr schwer zu akzeptieren, aber ich nehme viel Positives aus diesem Spiel mit. Das will ich unbedingt festhalten!“
Welche Mannschaft bereits Titelreife besitzt, sollte aus diesem Schlagabtausch mit Geschenken und Zaubertoren ersichtlich werden. Die Antwort: irgendwie beide, aber irgendwie auch keiner. Der BVB rollte in der ersten Halbzeit über Leipzig hinweg, „wir waren chancenlos“, sagte dessen Trainer Julian Nagelsmann anerkennend. Dann kamen die Fehler, danach die erneute Reaktion, danach wieder ein Patzer. Leipzig konnte sich zumindest zuschreiben, zweimal zurückgekommen zu sein. „Das ist doch super“, sagte Werner, „das ist etwas Besonderes.“Nagelsmann sprach deshalb von einem gefühlten Sieg. „Das war ein glücklicher Punkt. Wir wischen uns den Mund ab und nehmen den mit“, betonte er, „Entschuldigung sagen tun wir nicht.“
Warum auch? Es waren ja die Dortmunder, die RB auf peinliche Weise zurück ins Spiel einluden. „Leipzig weiß gar nicht, wie sie an den Punkt gekommen sind. Wir hätten den Sieg verdient gehabt, haben uns aber selbst um den Lohn der Arbeit gebracht“, klagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc. Werner und Joker Patrik Schick (78.) fuhren den Lohn in einem „sehr geilen Spiel für die Zuschauer“(RB-Profi Lukas Klostermann) ein. „Timo war zu faul, aus dem Abseits herauszulaufen“, stichelte Reus lächelnd in Anspielung auf das 2:2. Positiv gesagt hatte Werner gelauert – und bekam den Ball von Julian Brandt, der vor der Pause ein sensationelles Playstation-Tor erzielt hatte, maßgenau in den Fuß serviert. „Julian hatte den Kopf nicht oben und mich nicht im Blick“, sagte Werner. „Das waren sehr glückliche Tore.“
Bis zu jenen Treffern, die ihm da in den Schoß fielen, „war es das schlechteste Spiel, das ich für Leipzig gemacht habe“, räumte Werner ein. Das sind dann wohl Luxusprobleme. 18 Tore aus 16 Bundesligaspielen sind eine Traumbilanz, die als letzter deutscher Stürmer Gerd Müller 1977 aufzuweisen hatte. Bereits zum fünften Mal in dieser Saison traf Werner mindestens doppelt, zudem hat er auch als Vorbereiter (fünf Torvorlagen) seine Qualitäten. „Ich spiele mal auf der Zehn, mal in der Spitze, mal auf der Seite“, betonte er, „ich spiele ja ganz unterschiedliche Positionen.“
Im Schnitt trifft er alle 75 Minuten – und jetzt, im zehnten Anlauf, traf er sogar erstmals gegen den BVB. Er ist der Einzige, der es in der Liga mit Robert Lewandowski aufnehmen kann. Das Zwischenziel ist somit in greifbarer Nähe. „Ein Sieg, und wir sind Herbstmeister“, sagte Werner. Im Titelrennen wird aber auch mit dem BVB noch zu rechnen sein.