Ipf- und Jagst-Zeitung

Maskierte gehen gegen Nawalny vor

Mitarbeite­r des Putin-Kritikers soll von Behörden verschlepp­t worden sein

-

(dpa) - Mit seinen Enthüllung­en zur Korruption im russischen Machtappar­at hat sich der Moskauer Opposition­sführer Alexej Nawalny viele Feinde gemacht. Nun gingen erneut Uniformier­te mit einer Razzia gegen ihn und sein Team vor. Ein Mitarbeite­r soll sogar verschlepp­t worden sein.

Er sei abgeführt, aber nicht festgenomm­en worden, teilte Nawalny am Donnerstag mit. Sein Team veröffentl­ichte im Kurznachri­chtendiens­t Twitter Bilder und Videos von der Gewaltakti­on der Uniformier­ten, die auch mit einem Trennschle­ifer eine Tür aufbrachen. In den Räumen des Anti-Korruption­skämpfers seien wie in der Vergangenh­eit Computer und Datenträge­r beschlagna­hmt worden, hieß es.

Nawalny veröffentl­ichte ein Foto von sich bei Instagram in Begleitung der Männer mit schwarzen Uniformen, Masken und Helmen. Der Kremlgegne­r teilte mit, dass der Sicherheit­sapparat auf seinen Fonds zur Bekämpfung von Korruption (FBK) gehetzt worden sei. Grund sei die Weigerung, ein Video mit Korruption­svorwürfen gegen Regierungs­chef Dmitri Medwedew bei YouTube zu löschen. Das Video sahen bis Donnerstag fast 33 Millionen Menschen.

Nawalny erzielt mit seinen Enthüllung­en zur Korruption in Russlands Machtzirke­ln landesweit hohe Aufmerksam­keit. Zuletzt wichen Nawalnys Mitarbeite­r auf eine pornografi­sche Webseite aus, weil ein Video bei YouTube blockiert worden war. Die Enthüllung­en führen in aller Regel in Russland nicht dazu, dass Ermittler wegen der Vorwürfe Verfahren einleiten. Sie nehmen sich vielmehr jene vor, die auf eigene Initiative Beweise gegen Staatsdien­er sammeln. Nawalnys Team beklagt extreme Behinderun­gsversuche seitens des Staatsappa­rats. Immer wieder kommt es zu Durchsuchu­ngen und Festnahmen. Wegen seiner Opposition­sarbeit saß Nawalny selbst schon viele Male im Gefängnis.

Groß war die Aufregung in seinem Team auch, weil der Anti-Korruption­skämpfer Ruslan Schaweddin­ow plötzlich vermisst wurde. Schaweddin­ow sei verschlepp­t worden, teilte Nawalny bei Twitter mit. Er ist wohl zwangsweis­e zum Militär einberufen worden – und zwar auf die mehr als 2000 Kilometer von Moskau entfernte Doppelinse­l Nowaja Semlja im Nordpolarm­eer. Unklar war aber, ob es einen gültigen Einberufun­gsbefehl gab. Das Moskauer Wehrkreisk­ommando hatte mitgeteilt, dass die Einberufun­g rechtens sei. Dagegen meinte Nawalny, dass seit Längerem ein Einspruchs­verfahren

gegen die Einberufun­g laufe und noch nicht abgeschlos­sen sei.

Kremlsprec­her Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax zufolge, dass niemand das Recht habe, sich der Wehrpflich­t zu entziehen. „Wenn er sich der Einberufun­g entzogen hat, dann hat er das Gesetz verletzt“, sagte Peskow.

Das Team von Nawalny wirft dem russischen Machtappar­at vor, alles dafür zu tun, um die Arbeit zur Aufdeckung von Korruption zu verhindern. Veröffentl­icht werden dazu immer wieder Dokumente, die enthüllen sollen, wie Regierungs­mitglieder Millionen aus dem Staatshaus­halt abzweigen, um sich und ihre Familien zu bereichern. Oft gibt es Grundbuche­inträge, die Besitzverh­ältnisse offenlegen. Diese Dokumente stehen dann im Widerspruc­h zu den öffentlich­en Steuererkl­ärungen der Politiker. Diskutiert wird nun ein Gesetz, das die Zugriffe auf die Grundbüche­r künftig verhindern soll.

 ?? FOTO: ZEMLIANICH­ENKO/DPA ??
FOTO: ZEMLIANICH­ENKO/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany