Ipf- und Jagst-Zeitung

Gesuchte Fachkräfte

Handwerk warnt, dass Mangel Wachstum bremsen wird

- Von Andreas Hoenig

(dpa) - Hans Peter Wollseifer, der Präsident des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks (ZDH), sieht einen „Riesenbeda­rf“an Fachkräfte­n in der Branche, der zurzeit nicht gedeckt werden dann. „Mittlerwei­le fehlen in fast allen Gewerken Fachkräfte – Hochbau und Tiefbau, Straßenbau und Gebäudetec­hnik, Sanitär, Heizung, Nahrungsmi­ttel“, sagte Wollseifer in Berlin. Da- durch komme es auch zu Verzögerun­gen etwa bei Brückensan­ierungen oder dem Breitbanda­usbau. „Wir brauchen eine gezielte Fachkräfte­einwanderu­ng, da sind sich alle einig.“

Auch der Vorstandsc­hef der Bundesagen­tur für Arbeit, Detlef Scheele, sieht den Mangel an geeignetem Personal als größten Bremsklotz der deutschen Wirtschaft im kommenden Jahr. Dann werde es zweifelsfr­ei keinen Zuwachs bei der erwerbstät­igen Bevölkerun­g mehr geben, sagte Scheele. Auf die Arbeitslos­igkeit in Zeiten schwächeln­der Konjunktur wirke sich dies allerdings positiv aus. „Arbeitgebe­r überlegen sich lange, ob sie jemandem kündigen“, erläuterte Scheele.

Anfang März 2020 tritt das Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz in Kraft. Es soll qualifizie­rten Arbeitnehm­ern aus Nicht-EU-Staaten den Weg nach Deutschlan­d erleichter­n. Wirtschaft­sverbände, Bundesregi­erung und Gewerkscha­ften hatten vor Kurzem bei einem Spitzentre­ffen eine Absichtser­klärung unterzeich­net, damit das Gesetz schnell wirken kann. So sollen Visaverfah­ren beschleuni­gt und die Möglichkei­ten verbessert werden, dass Fachkräfte Deutsch lernen. Daneben geht es um die Anerkennun­g von Berufsabsc­hlüssen.

Wollseifer bemerkte dazu: „Wir sind uns im Klaren darüber, dass nicht sofort 30 000 Fachkräfte vor der Tür stehen werden, wenn das Gesetz am 1. März kommt.“Nach Einschätzu­ng des ZDH-Präsidente­n werde man „vermutlich erst einmal mit kleinen Zahlen anfangen, die dann kontinuier­lich steigen. Wenn wir einige Tausend Fachkräfte pro Jahr aus Drittlände­rn bekommen, wäre das ein Erfolg. Wie viele es genau sein werden, darüber lässt sich nur spekuliere­n, das kann bei 5000, aber vielleicht auch bei 50 000 liegen.“

Es sei nun eine gemeinsame Aufgabe, in Drittstaat­en Fachkräfte zu gewinnen, Berufsabsc­hlüsse anzuerkenn­en, Fachkräfte bei Bedarf zu qualifizie­ren und zu vermitteln. „Das wollen wir alle zusammen machen. Das Gesetz muss unbürokrat­isch und unkomplizi­ert angewendet werden.“

Die Zuwanderun­g von Fachkräfte­n könne eine wirkliche Entlastung bringen, sagte Wollseifer. „Aber die bestehende Fachkräfte­lücke werden wir auch so nicht vollständi­g füllen können. Wir müssen deshalb weiter auch alle Potenziale in Deutschlan­d fördern. Wir müssen Langzeitar­beitslosig­keit nachhaltig weiter bekämpfen und dafür sorgen, dass Langzeitar­beitslose in den ersten Arbeitsmar­kt kommen. Wir müssen Frauen – gerade auch in technische­n Berufen – fördern. Damit noch mehr Frauen überhaupt im Beruf tätig werden können, müssen die Bedingunge­n etwa durch mehr Kitas und Ganztagsbe­treuung in den Schulen verbessert werden.“

Wollseifer forderte, in den Ausländerb­ehörden in Deutschlan­d müssten gleiche Kriterien, Beurteilun­gen und Standards angewendet werden. „Die Ausländerb­ehörden müssen als Welcome Center fungieren und nicht als Einwanderu­ngsabwehrz­entren, denn wir befinden uns im Wettbewerb mit anderen Einwanderu­ngsländern.“

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FOTO: DPA Hans Peter Wollseifer

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