„Für uns ist das Kino nach wie vor die erste Option“
Die Produzenten Jochen Laube und Fabian Maubach über Filmemachen in Deutschland und die Lage des Kinos
Jung, unbeschwert und optimistisch klingt schon der Name ihrer Firma: „Sommerhaus Filmproduktionen“. Dabei sind Jochen Laube (geb. 1978) und Fabian Maubach (geb. 1980) alles andere als naiv. Sie gehören zu den erfolgreichsten jungen Produzenten der vergangenen Jahre. Der gebürtige Kölner Maubach lernte Laube beim Studium an der Filmakademie in Laubes Heimatstadt Ludwigsburg kennen. Dort befindet sich auch der eine Sitz der gemeinsamen Produktionsfirma, der andere ist in Berlin. Die beiden sind gut im Geschäft. Soeben ist die von ihnen produzierte Verfilmung von Judith-Kerrs Bestseller „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“angelaufen. Rüdiger Suchsland hat mit den beiden Produzenten über Caroline Links Film aber auch über den Situation des Kinos gesprochen. „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ist seit Jahrzehnten ein Bestseller. Warum gerade jetzt eine Verfilmung?
Jochen Laube: Als meine Tochter etwa zehn Jahre alt war, habe ich gemerkt, dass es keinen richtig guten Film für dieses Alter über die NSZeit gibt. Die etwas Älteren haben Anne Frank, aber wenn die Filmheldin am Ende stirbt, dann kann ich das zwar 13- bis 14-Jährigen zumuten, aber nicht den Jüngeren. Zudem ist das Thema Flucht aktuell.
Der Antisemitismus, der in der letzten Zeit aufgekommen ist (und der auch unter unserem Trailer auf YouTube zu finden ist), ist etwas, was mich besonders schockiert. Tabus werden eingerissen. Dass unser Film da in irgendeiner Form zur rechten Zeit kommt, ist in diesem Zusammenhang eher traurig. Wie kamen Sie auf Caroline Link?
Fabian Maubach: Wir sind auf Caroline Link zugegangen. Sie war die einzige und Erste, die wir angefragt haben, das passte zu ihrer Filmografie ideal. „Pünktchen und Anton“ist die beste Kästner-Verfilmung. Auf der Firmen-Webseite schreiben Sie: „Die Geschichten unserer Filme haben eines gemeinsam: Sie müssen auf die Leinwand. Sie müssen ins Kino.“Wie ist das gemeint?
Maubach: Kino ist eines der Medien, das einen in einem konkreten Moment komplett verunsichern kann und dann dazu bringt, sich zu hinterfragen. Dieses Urerlebnis: ,Ich komme aus dem dunklen Saal und weiß für einen Moment nicht, was richtig und falsch ist’ wollen wir immer wieder versuchen, zu erreichen. Viele reden gerade von einer Kinokrise. Sehen Sie auch Chancen?
Laube: Wir haben erfahren, dass wir mit ganz radikalen Filmen Geld verdienen können – aber nicht in Deutschland. Nehmen wir Dietrich Brüggemanns „Kreuzweg“. Der hat sich weltweit sehr gut verkauft, aber in Deutschland nur 20 000 Zuschauer gehabt. Für uns ist das Kino nach wie vor die erste Option, weil wir passionierte Kinogänger sind, und dafür gerne Kinofilme machen. Aber es stimmt: Für Produzenten ist es zunehmend schwer.
Wir haben jetzt auch eine Serie gemacht – eine sehr interessante Erfahrung, weil alles sehr schnell gehen musste. Für Produzenten ist das sehr attraktiv, weil man dann nicht von Pontius zu Pilatus durch die Anstalten und Förderer laufen muss und erst nach zwei Jahren weiß, ob der Film überhaupt realisiert werden kann. Welche Bedeutung haben Streaming-Dienste? die
Laube: Die Streamer haben viel angestoßen, das merkt man auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Wir haben jetzt für den SWR einen Film gedreht. So ein Film wäre wahrscheinlich vor fünf Jahren noch nicht für die ARD entstanden. Es gibt grundsätzlich das Signal von etablierten Sendern, auch auf junge Produktionsfirmen zuzugehen. Zugleich werden die Finanzierungsmöglichkeiten durch die Sender immer schwerer. Maubach: Es ist nur noch möglich, pro Anstalt drei bis vier Kinofilme pro Jahr zu finanzieren. Das ist absurd, denn eigentlich ist das Kino ein Premiumprodukt. Aber die Gelder für Kinokoproduktionen werden reduziert, zugleich steigen die Kosten. Das macht es wahnsinnig schwer. Was wünschen Sie sich, was vermissen Sie?
Maubach: In aller Kürze kann das schnell missverständlich werden. Aber ich würde sagen, unser Hauptproblem ist, dass wir so viele Filme produzieren müssen, weil unser fördergetriebenes System so funktioniert. Eine vernünftige Kapitalisierung des mittleren Segments von Filmen würde einen Riesenunterschied machen.
Laube: Wir brauchen deutlich mehr Geld für Treatment und Entwicklungsförderung. Da muss etwas passieren. Und dann brauchen wir mehr Geld, um die Filme herauszubringen. Es muss in die Kinos investiert werden. Sie haben beide in Ludwigsburg studiert. Was haben von dort für Ihren Weg mitgenommen?
Maubach: Das, was für uns die Filmhochschule relevant gemacht hat, war weniger das Akademische. Was man gelernt hat, war, in einem komprimierten Umfeld gemeinsam zu arbeiten, über Film zu sprechen und Filme zu machen. Daraus entsteht eine wahnsinnige kreative Energie. Die wichtigste Erfahrung beim Filmemachen ist, dass man merkt, wem man vertraut und mit wem man kreativ die gleiche Sprache spricht.