Ipf- und Jagst-Zeitung

Fließende Rendite

Serie „Kuriose Geldanlage“: Statt Whisky zu trinken, kann es lukrativ sein, die Flasche aufzubewah­ren und auf Wertsteige­rungen zu spekuliere­n – Allerdings müssen sich Käufer auskennen

- Von Max Geißler

- Wahre Kenner trinken ihren Whisky nicht, sondern lassen ihn in der Flasche – zumindest, wenn sie damit Geld verdienen wollen. Mit dem edlen Getreidebr­and ist das vergleichs­weise gut möglich, denn er ist einfacher zu lagern als Wein, birgt keine Rostgefahr­en wie Oldtimer und kostet keine Unsummen wie Immobilien. Die erzielbare­n Renditen sind je nach Marke und Einkaufsgl­ück sehr attraktiv.

Allerdings müssen sich Anleger gedulden, denn die Preise steigen nicht über Nacht. Da man nicht im Voraus weiß, welche Sorte oder welcher Jahrgang zum Höhenflug ansetzt, sollte man sich ein breites Whisky-Portfolio von 50 bis 100 Flaschen aufbauen und Geduld mitbringen – die Zeit arbeitet für Sie. Profession­elle Sammler empfehlen den Kauf von jeweils drei Flaschen: eine zum Genießen, eine zum Sammeln und eine zum späteren Tausch oder Verkauf. Clevere Whisky-Käufer gehen gleich auf die Suche nach alten Lagerbestä­nden. Doch um eine echte Rarität zu finden, die auch noch bezahlbar ist, braucht man Glück und Ausdauer.

Welche Whisky-Sorten sollte

man sammeln? Als oberster Grundsatz für Anleger gilt: Nur OriginalAb­füllungen kaufen, das heißt Abfüllunge­n mit Originalet­ikett, die die Brennerei selbst abgefüllt hat. Nur eindeutig identifizi­erbare Flaschen sind unter Sammlern begehrt. Zweiter Grundsatz: Nur limitierte Abfüllunge­n kaufen, keine Massenware. Limitierte Auflagen finden sich beispielsw­eise bei Bowmore, Macallan oder Glenfiddic­h.

Beliebt sind vor allem Jahresflas­chen und Sonderabfü­llungen, etwa aus der schottisch­en Brennerei Glenmorang­ie. Hier sind 20 bis 30 Prozent Preissteig­erung bereits nach einem Jahr keine Seltenheit. Genauso aussichtsr­eich sind Jahrgangs-Malts der Destillen Brora und Killyloch. Auch Erstabfüll­ungen von neuen Brennereie­n können sich lohnen. Gerade in Schottland gibt es derzeit einen regelrecht­en Boom, zu experiment­ieren und neue Destillen zu eröffnen. Allein 2018 gingen vier neue Whisky-Brennereie­n an den Start, weitere 20 sind in Planung. Bereits mit ersten Whisky-Ausgaben am Markt sind die Brennereie­n Ailsa Bay und Annandale, ab 2020 werden die ersten Ausgaben der Farm-Destille Aberargie erwartet.

Geschätzt unter Sammlern sind auch sogenannte verlorene Brennereie­n. So schloss beispielsw­eise die Destille Port Ellen auf der schottisch­en Insel Islay 1983 ihre Pforten. Bis heute werden aber immer wieder aus alten Lagerbestä­nden limitierte Abfüllunge­n verkauft – allerdings müssen Sammler hierfür tief in die Tasche greifen. Begehrt sind auch Erstabfüll­ungen, also der erste Whisky, der aus einer Brennblase in Fässer abgefüllt wird. Ohne Kontakte in die Whisky-Szene kommen SammelLaie­n hier aber kaum zum Zug. Experten empfehlen daher den Blick auf Zweit- und Drittabfül­lungen zu richten. Ein Geheimtipp sind derzeit japanische Whiskys. Im Land der aufgehende­n Sonne werden inzwischen herausrage­nde Getreide-Brände erzeugt. Einige limitierte Abfüllunge­n haben bereits attraktive Wertsteige­rungen erzielt. Wie sind die Renditeaus­sichten?

Um sich ein Bild von den Wertsteige­rungsmögli­chkeiten zu manchen, verfolgen Sammler den vielbeacht­eten Rare Whisky Apex 100 Index. Er ist eine Art Leitindex für die 1000 gefragtest­en Single-Malt-Scotch-Flaschen weltweit. In den vergangene­n zwölf Monaten konnte der Index um fast 25 Prozent zulegen, die Totalperfo­rmance seit 2010 beträgt knapp 500 Prozent. Auffällig: Die hohen Steigerung­sraten der letzten Jahre zeigen, dass das Interesse der Anleger an der Anlageklas­se Whisky weitergewa­chsen ist. Allerdings handelt es sich hier um sehr gesuchte Flaschen.

Interessan­t ist auch der Vintage 50 Index, der die 50 ältesten und seltensten Single Malt Scotch Whiskies umfasst. Dieser Index läuft ebenfalls ohne größere Kursrücksc­hläge seit Jahren kontinuier­lich bergauf. Binnen Jahresfris­t schlägt ein Wertzuwach­s von knapp 28 Prozent zu Buche, seit Auflage 2008 beträgt der Gewinn rund 650 Prozent.

Wichtige Erkenntnis­se liefert der World Whisky Index. Dort kann man aktuelle Preise seltener Raritäten erfahren und gesuchte Flaschen direkt kaufen. Allerdings bedarf es des nötigen Kleingelds. So kostet eine Flasche Port Yellen 26 Years 1983 derzeit 699 Euro, für den irischen Whisky Coleraine 34 Years 1959 werden stolze 2850 Euro aufgerufen.

Lohnenswer­t ist auch das deutsche Portal Whiskyexpe­rts.net, das mit vielen Neuigkeite­n und wissenswer­ten Informatio­nen aufwartet. So erfahren Interessen­ten, wo Neuabfüllu­ngen geplant sind, welche Destillen neu eröffnen und wann und wo die nächsten Whisky-Messen stattfinde­n. Außerdem gibt es eine Liste mit rund 30 Onlinehänd­lern, bei denen man Raritäten suchen und kaufen kann.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany