Fließende Rendite
Serie „Kuriose Geldanlage“: Statt Whisky zu trinken, kann es lukrativ sein, die Flasche aufzubewahren und auf Wertsteigerungen zu spekulieren – Allerdings müssen sich Käufer auskennen
- Wahre Kenner trinken ihren Whisky nicht, sondern lassen ihn in der Flasche – zumindest, wenn sie damit Geld verdienen wollen. Mit dem edlen Getreidebrand ist das vergleichsweise gut möglich, denn er ist einfacher zu lagern als Wein, birgt keine Rostgefahren wie Oldtimer und kostet keine Unsummen wie Immobilien. Die erzielbaren Renditen sind je nach Marke und Einkaufsglück sehr attraktiv.
Allerdings müssen sich Anleger gedulden, denn die Preise steigen nicht über Nacht. Da man nicht im Voraus weiß, welche Sorte oder welcher Jahrgang zum Höhenflug ansetzt, sollte man sich ein breites Whisky-Portfolio von 50 bis 100 Flaschen aufbauen und Geduld mitbringen – die Zeit arbeitet für Sie. Professionelle Sammler empfehlen den Kauf von jeweils drei Flaschen: eine zum Genießen, eine zum Sammeln und eine zum späteren Tausch oder Verkauf. Clevere Whisky-Käufer gehen gleich auf die Suche nach alten Lagerbeständen. Doch um eine echte Rarität zu finden, die auch noch bezahlbar ist, braucht man Glück und Ausdauer.
Welche Whisky-Sorten sollte
man sammeln? Als oberster Grundsatz für Anleger gilt: Nur OriginalAbfüllungen kaufen, das heißt Abfüllungen mit Originaletikett, die die Brennerei selbst abgefüllt hat. Nur eindeutig identifizierbare Flaschen sind unter Sammlern begehrt. Zweiter Grundsatz: Nur limitierte Abfüllungen kaufen, keine Massenware. Limitierte Auflagen finden sich beispielsweise bei Bowmore, Macallan oder Glenfiddich.
Beliebt sind vor allem Jahresflaschen und Sonderabfüllungen, etwa aus der schottischen Brennerei Glenmorangie. Hier sind 20 bis 30 Prozent Preissteigerung bereits nach einem Jahr keine Seltenheit. Genauso aussichtsreich sind Jahrgangs-Malts der Destillen Brora und Killyloch. Auch Erstabfüllungen von neuen Brennereien können sich lohnen. Gerade in Schottland gibt es derzeit einen regelrechten Boom, zu experimentieren und neue Destillen zu eröffnen. Allein 2018 gingen vier neue Whisky-Brennereien an den Start, weitere 20 sind in Planung. Bereits mit ersten Whisky-Ausgaben am Markt sind die Brennereien Ailsa Bay und Annandale, ab 2020 werden die ersten Ausgaben der Farm-Destille Aberargie erwartet.
Geschätzt unter Sammlern sind auch sogenannte verlorene Brennereien. So schloss beispielsweise die Destille Port Ellen auf der schottischen Insel Islay 1983 ihre Pforten. Bis heute werden aber immer wieder aus alten Lagerbeständen limitierte Abfüllungen verkauft – allerdings müssen Sammler hierfür tief in die Tasche greifen. Begehrt sind auch Erstabfüllungen, also der erste Whisky, der aus einer Brennblase in Fässer abgefüllt wird. Ohne Kontakte in die Whisky-Szene kommen SammelLaien hier aber kaum zum Zug. Experten empfehlen daher den Blick auf Zweit- und Drittabfüllungen zu richten. Ein Geheimtipp sind derzeit japanische Whiskys. Im Land der aufgehenden Sonne werden inzwischen herausragende Getreide-Brände erzeugt. Einige limitierte Abfüllungen haben bereits attraktive Wertsteigerungen erzielt. Wie sind die Renditeaussichten?
Um sich ein Bild von den Wertsteigerungsmöglichkeiten zu manchen, verfolgen Sammler den vielbeachteten Rare Whisky Apex 100 Index. Er ist eine Art Leitindex für die 1000 gefragtesten Single-Malt-Scotch-Flaschen weltweit. In den vergangenen zwölf Monaten konnte der Index um fast 25 Prozent zulegen, die Totalperformance seit 2010 beträgt knapp 500 Prozent. Auffällig: Die hohen Steigerungsraten der letzten Jahre zeigen, dass das Interesse der Anleger an der Anlageklasse Whisky weitergewachsen ist. Allerdings handelt es sich hier um sehr gesuchte Flaschen.
Interessant ist auch der Vintage 50 Index, der die 50 ältesten und seltensten Single Malt Scotch Whiskies umfasst. Dieser Index läuft ebenfalls ohne größere Kursrückschläge seit Jahren kontinuierlich bergauf. Binnen Jahresfrist schlägt ein Wertzuwachs von knapp 28 Prozent zu Buche, seit Auflage 2008 beträgt der Gewinn rund 650 Prozent.
Wichtige Erkenntnisse liefert der World Whisky Index. Dort kann man aktuelle Preise seltener Raritäten erfahren und gesuchte Flaschen direkt kaufen. Allerdings bedarf es des nötigen Kleingelds. So kostet eine Flasche Port Yellen 26 Years 1983 derzeit 699 Euro, für den irischen Whisky Coleraine 34 Years 1959 werden stolze 2850 Euro aufgerufen.
Lohnenswert ist auch das deutsche Portal Whiskyexperts.net, das mit vielen Neuigkeiten und wissenswerten Informationen aufwartet. So erfahren Interessenten, wo Neuabfüllungen geplant sind, welche Destillen neu eröffnen und wann und wo die nächsten Whisky-Messen stattfinden. Außerdem gibt es eine Liste mit rund 30 Onlinehändlern, bei denen man Raritäten suchen und kaufen kann.