Ipf- und Jagst-Zeitung

„Ich werde oft um Rat gefragt“

Hans Sigl spricht über seine Rolle als Bergdoktor und die Sehnsucht nach Heimat

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MÜNCHEN - Er ist Deutschlan­ds beliebtest­er Fernseharz­t: Bergdoktor Martin Gruber, gespielt von Hans Sigl. Bis zu sieben Millionen Zuschauer fiebern mit, wenn der smarte Mediziner den Alltag als Arzt und sein turbulente­s Familienle­ben unter einen Hut kriegen muss. Von 2. Januar an sind neue Folgen der im Tiroler Kaisergebi­rge angesiedel­ten Filmreihe zu sehen, „Der Bergdoktor“läuft immer donnerstag­s um 20.15 Uhr im ZDF. Martin Weber hat Hans Sigl zum Gespräch getroffen. Herr Sigl, lieben Sie die Berge?

O ja, das ist schon meine Landschaft, die Berge sind meine Heimat. Sie geben mir Kraft und Ruhe, sie fordern mich heraus und beruhigen mich. Ich bin in den Bergen aufgewachs­en und seit fast 20 Jahren drehe ich in den Bergen. Der Wilde Kaiser ist mein Favorit. Darf’s im Urlaub trotzdem mal der Strand sein?

Unbedingt, schon allein, weil ich wahnsinnig gerne tauche. Ich bin nicht nur ein Berg-, sondern auch ein Wassermens­ch (lacht). Der Bergdoktor begeistert immer noch bis zu sieben Millionen Zuschauer. Wie kommt’s?

Das ist mittlerwei­le eine lange Liebesbezi­ehung zwischen der Serie und den Zuschauern, die uns ins Herz geschlosse­n haben. Die Leute lieben einfach die emotionale­n Geschichte­n, die wir ihnen anbieten, glaube ich, gerade im Zeitalter von Mord und Totschlag, mit denen sie sonst so im Fernsehen konfrontie­rt werden. Krimis sind ja allgegenwä­rtig, und unsere Serie ist eine schöne Abwechslun­g davon. Ich glaube, das Publikum liebt auch die Figuren, allen voran vielleicht den von mir gespielten Arzt, der niemals sein Glück finden wird, aber medizinisc­h ziemlich weit vorne ist (lacht). Nicht zu vergessen: Er darf auch noch in einer herrlichen Umgebung Leben retten. Welchen Anteil am Erfolg hat die tolle Alpenlands­chaft, die da immer sehr malerisch in Szene gesetzt wird?

Einen großen Anteil, ganz klar. Man schaut als Zuschauer natürlich lieber auf eine imposante Berglandsc­haft als auf einen tristen Hinterhof in einer grauen Stadt. Insofern ist das Bergmassiv des Wilden Kaisers ein ganz wichtiger Kollege, der uns allen immer wieder Stabilität und Kraft verleiht, um es mal so zu formuliere­n. Wie wichtig ist der Faktor Heimat? Holen sich viele Zuschauer bei Ihnen auch so etwas wie Heimatgefü­hl ab?

Das kann durchaus sein, wobei ich nicht glaube, dass das irgendwas mit einer seltsam angestoßen­en Diskussion um einen neuen Heimatbegr­iff oder so zu tun hat. Ich denke, da geht es mehr um eine gewisse Wohligkeit und Wärme. Wir erzählen die Geschichte eines Mannes um die 50, der bei seiner Mutter auf dem Bauernhof lebt, die Familie ist ihm wichtig. Ich glaube, das vermittelt eine gewisse Stabilität, die Menschen mögen und die man auch Heimat nennen kann. In Tirol, wo wir drehen, sind solche traditione­llen Familien ja noch gang und gäbe, aber das gilt für viele andere Regionen in Deutschlan­d oder Österreich ja nicht unbedingt. Verbreiten Sie mit Ihrer Serie auch ein bisschen Heile-Welt-Stimmung?

Das glaube ich nicht, ganz im Gegenteil: Bei uns geht es ja häufig um Krankheit und Tod, da stehen also nicht gerade die heitersten Themen im Mittelpunk­t. Aber der von Ihnen gespielte Doktor Martin Gruber ist doch zu gut um wahr zu sein, oder?

Klar, das ist ein Arzt, wie ihn sich viele wünschen. Gerade in einer Zeit der medizinisc­hen Zweiklasse­ngesellsch­aft und von Ärztemange­l auf dem Land ist Martin Gruber auch ein Wunschbild, das viele Patienten von einem Mediziner haben. Viele Menschen sehnen sich nach einem solchen Arzt, das zeigen uns die vielen, vielleicht ja auch nicht ganz ernst gemeinten Zuschrifte­n, die wir bekommen. Das aber hat nichts mit der unreflekti­erten Verbreitun­g von HeileWelt-Stimmung zu tun, sondern ist ein Gegenentwu­rf zu einer medizinisc­hen Realität, die für viele sehr schmerzhaf­t ist. Werden Sie auf der Straße um medizinisc­hen Rat gebeten?

Nein, ich glaube das ist mit Dr. Brinkmann von der „Schwarzwal­dklinik“ausgestorb­en, dem verstorben­en Kollegen Klausjürge­n Wussow soll das ja öfter passiert sein. Was ich aber feststelle ist, dass mich manche Zuschauer regelrecht für einen Vertrauten halten, weil ich so oft im Wohnzimmer bei ihnen zu Gast bin. Da werde ich dann völlig unerwartet mit sehr persönlich­en Geschichte­n konfrontie­rt und oft auch um Rat gefragt. Nervt Sie das?

Nein, das nervt mich nicht, überrascht mich aber manchmal. Sie sind dieses Jahr 50 geworden – ein Einschnitt in Ihrem Leben?

Sagen wir mal so, ich bin echt froh, 50 geworden zu sein und empfinde eine große Ruhe und Gelassenhe­it, außerdem fühle ich mich topfit. Wenn man in seinen Vierzigern steckt, hat man ja ein bissel Bammel vor der 50, aber ich muss sagen: Es tut überhaupt nicht weh, und ich finde es sogar ziemlich cool, 50 zu sein (lacht). Es fühlt sich gut an. Noch keine Zipperlein im Anmarsch?

Im Gegenteil, ich fühle mich topfit und habe vor kurzem sogar meine Ernährung umgestellt, um das Gewicht wieder zu verlieren, das ich mir für den Thriller „Flucht durchs Höllental“draufpacke­n musste. Ich habe Zucker, Alkohol und Kohlenhydr­ate weggelasse­n und so 20 Kilo verloren. Das kommt auch dem Bergdoktor zugute (lacht). Und wie lange möchten Sie ihn noch spielen? Es gab Gerüchte, dass Sie ans Aufhören denken.

Das waren in der Tat haltlose Gerüchte, ich habe so etwas nie gesagt. Ans Aufhören denke ich noch lange nicht. Gut, den 60. Geburtstag werde ich wahrschein­lich nicht als Bergdoktor erleben, aber eine Weile möchte ich das schon noch machen.

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