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G- Rund 450 Einsätze musste die Freiwillige Feuerwehr Aalen dieses Jahr im gesamten Stadtgebiet bestreiten. Dazu zählten auch zahlreiche Brände. Ein Großbrand, der Christoph Kurz und Valentin Weiß noch lange im Gedächtnis bleiben wird, ist der, der auf der Dachterrasse des Enchilada am frühen Morgen des 23. April ausgebrochen ist. Bei diesem waren die jungen Feuerwehrmänner als Erste vor Ort. Sich in den Vordergrund zu drängen, ist allerdings nicht ihr Stil. Dass Schlimmeres wie ein Übergreifen des Feuers im Einkaufscenter auf nebenstehende Gebäude verhindert wurde, sei die Leistung einer ganzen Mannschaft gewesen.
Es ist der 23. April gegen 3.30 Uhr, als die Pieper von Christoph Kurz und Valentin Weiß losgehen. Wie die meisten Aalener liegen die beiden noch im Bett. Aufgeweckt durch den grellen Ton des sogenannten Funkmeldeempfängers macht sich der 22-jährige Valentin Weiß sofort auf den Weg von Wasseralfingen ins Rettungszentrum. Dort trifft mit ihm auch der 20-jährige Christoph Kurz aus Hofherrnweiler ein. Binnen weniger Sekunden schlüpfen die beiden in ihre Feuerwehrausrüstung und fahren gemeinsam mit dem Zugführer vom Dienst, dem Abteilungskommandanten der Fachsenfelder Wehr, Klaus Brenner, zum Kubus.
Ausmaß des Brandes im Kubus war am Anfang unklar
Eine Brandmeldeanlage im Einkaufscenter hat ausgelöst, lautete die anfängliche Alarmierung, sagt Weiß. Dass daraus allerdings ein Großeinsatz werden würde, bei dem letzten Endes 70 Feuerwehrmänner mit 14 Fahrzeugen und zwei Drehleitern involviert sind, ist ihm zu diesem Zeitpunkt
nicht klar. „Vielmehr dachte ich, dass ich nach 20 Minuten wieder im Bett liege“, sagt der 22-Jährige, der spät in der Nacht von einem Geburtstag nach Hause gekommen sei und hoffte, noch eine Mütze Schlaf zu bekommen.
Auf Höhe der Roschmann-Kreuzung sei zwar ein Rauchgeschmäckle in der Luft gelegen und beim Anfahren der Gebäuderückseite, wo sich das Kundeninformationszentrum der Stadtwerke Aalen befindet, habe man leichte Rauchschwaden wahrgenommen. Das ganze Ausmaß habe sich allerdings erst bei der Erkundung des Restaurants Enchilada gezeigt. Von dort aus haben Weiß und Kurz bereits den Brand auf der Dachterrasse gesehen. Und spätestens dann sei klar gewesen, dass die zehn Liter Wasser, die sie in einer Kübelspritze dabei hatten, nicht ausreichen würden und die Nacht vorbei ist.
Sofort wurden weitere Kräfte alarmiert. Neben der gesamten Aalener Abteilung mit elf Löschfahrzeugen und einer Drehleiter auch die Wasseralfinger-Hofener Wehr mit der für das Stadtgebiet zur Verfügung stehenden zweiten Drehleiter sowie die komplette Mannschaft der Abteilung Unterkochen. Dass es wichtig ist, dass eine Stadt wie Aalen über zwei Drehleitern verfügt, zeigte sich an diesem Morgen. Mithilfe dieser konnte per Riegelstellung verhindert werden, dass der Brand auf nebenstehende Gebäude übergreift. Dies zu vermeiden, war auch die Aufgabe von Weiß und Kurz. Mit ihren Kameraden, die in drei Trupps eingeteilt wurden und per Funkgerät Anweisungen erhalten haben, versuchten die beiden unter anderem aus den zerborstenen Fenstern des Enchilada den Brand auf der Dachterrasse unter Kontrolle zu bringen. Das Löschen sei trotz des beißenden
Rauchs weniger anstrengend gewesen. Eine körperliche Schwerstarbeit sei es hingegen gewesen, das schwere Gerät, bestehend aus Schläuchen einem Strahlrohr und einem Atemschutzgerät, nach oben zu schleppen. „30 Kilogramm sind es locker gewesen“, sagt Kurz.
Feuerwehrmänner sind für den Ernstfall gewappnet
Angst hätten die beiden Feuerwehrmänner zu keinem Zeitpunkt gehabt. „Das ist unser Job oder besser gesagt ein Ehrenamt, das wir mit viel Engagement und Herzblut ausüben“, sagt Kurz. Zudem werde ein solcher Ernstfall einmal in der Woche sowie bei der Jahreshauptübung mit der Gesamtwehr geübt, um dafür gewappnet zu sein. Und es sei es auch egal gewesen, dass der Einsatz im Kubus bis am Morgen dauert. Hauptsache sei, dass der Brand gelöscht werden konnte. Emotionaler wäre der Einsatz gewesen, wenn noch Menschen im Gebäude gewesen wären. Dann hätte deren Leben auf dem Spiel gestanden. So sei nur Sachschaden entstanden, sagt Weiß, der sich auch darüber freut, dass der Kubus am 5. Dezember wieder seine Pforten geöffnet hat.
Weitaus schlimmer als der Großbrand im Einkaufscenter sei für ihn deshalb der aufgrund eines technischen Defekts ausgebrochene Brand am 12. März in einem Wohnhaus in Wasseralfingen gewesen, bei dem zwei Frauen ums Leben kamen. Auch hier war Weiß als einer der Ersten vor Ort. In relativ kurzer Zeit wurde der anfänglich gemeldete Zimmerbrand als Brand mit Menschenrettung hochgestuft, erinnert sich der 22-Jährige. Insofern hieß es, dass jede Sekunde zählt. „Um die Frauen zu retten, haben wir die Tür eingetreten. Doch leider kam alle Hilfe zu spät.“Die Brandleichen habe er nach dem
Betreten der Wohnung gefunden. Das Bild, das sich ihm geboten hat, sei ein Schock gewesen. „In dem Moment funktioniert man zwar, aber danach gehen einem die Bilder immer wieder durch den Kopf.“Diese wurden dann einen Tag später mit drei Notfallseelsorgern und dem Kommandanten Kai Niedziella aufgearbeitet.
Im Gegensatz zu Städten mit 100 000 Einwohnern verfügt Aalen über keine Berufsfeuerwehr. Auch wenn das nach wie vor viele glauben. Doch in der Kreisstadt stemmen in der Gesamtwehr 280 ehrenamtliche Wehrmänner 24 Stunden am Tag und an 365 Tagen im Jahr neben ihrem Beruf die Aufgabe der Brandbekämpfung. Diese reicht von Kleinbränden wie einem Hecken- oder Autobrand bis zu Großbränden. Auch der Einsatz bei Unfällen oder Naturkatastrophen ist ein fester Bestandteil unserer Arbeit, sagt Kurz.
Ohne das Verständnis der Arbeitgeber ginge es nicht
Dass die ehrenamtlichen Feuerwehrmänner ihrer Arbeit nachgehen können, sei auch der Toleranz und Kulanz ihrer Arbeitgeber geschuldet. Nach dem Kubus-Brand hat der als Mechatroniker bei der Firma Alfing beschäftigte Christoph Kurz einen Tag freigenommen und auch Valentin Weiß, der als Ergotherapeut in der Praxis von Michael Jast im OstalbKlinikum arbeitet, hat seinen Patienten die Termine am Vormittag abgesagt. Ab mittags habe er allerdings trotz des stundenlangen Kubus-Einsatzes gearbeitet, unterbrochen von einem Brandmeldealarm, der in der Hochschule Aalen ausgelöst wurde, sich allerdings als Fehlalarm entpuppte.
Wenn der Pieper ertönt, rücken Kurz und Weiß aus. Allerdings nur dann, wenn es möglich ist. Und das sei nicht immer der Fall. „Wenn ich bei Hausbesuchen bin oder Patienten behandle, wird es schwierig“, sagt Weiß. Dasselbe gelte bei Krankheit und Urlaub. „Ansonsten stehen wir alle Gewehr bei Fuß. Auch wenn wir privat am Abend mit Freunden unterwegs sind“, sagt Weiß, der 2008 in die Wasseralfinger Jugendwehr eingetreten ist und seit Jahren in der aktiven Wehr seinen Dienst verrichtet. Einsätze bestreitet er auch für die Aalener Wehr, der er seit 2015 angehört. Kurz hingegen bezeichnet sich als Quereinsteiger, der nie in der Jugendfeuerwehr gewesen sei. Seit drei Jahren rückt er nach zahlreichen Schulungen in Erste Hilfe, Feuerwehrtechnik sowie einem Sprechfunk- und Atemschutzlehrgang mit der Aalener Wehr aus.
Schon als Kind sei es ein Traum gewesen, einmal Feuerwehrmann zu werden, sagt Kurz. Das Faszinierende sei die Feuerwehrtechnik, aber auch die Teamarbeit und die Kameradschaft hätten ihren Reiz. Die Hauptmotivation sei allerdings, Menschen in Notlagen zu helfen. Und die Wertschätzung, die einem aus der Bevölkerung entgegenschlage und die immer mehr zunehme, sei das Sahnehäubchen der Tätigkeit, sind sich Weiß und Kurz einig. Ihr Ziel ist es, in naher Zukunft den Lastwagen-Führerschein zu machen, um selbst ein Löschfahrzeug oder eine Drehleiter fahren zu dürfen.
„Vielmehr dachte ich, dass ich nach 20 Minuten wieder im Bett liege“, sagt Valentin Weiß, als das Ausmaß des Feuers im Kubus noch nicht klar war.
„In dem Moment funktioniert man zwar, aber danach gehen einem die Bilder immer wieder durch den Kopf“, beschreibt Valentin Weiß die Situation bei dem Brand, bei dem zwei Frauen ums Leben kamen.
Einsatz in der Neujahrsnacht ist nicht ausgeschlossen
Ob die beiden in der Silvesternacht ausrücken müssen, steht noch in den Sternen. „Und selbst wenn, macht uns das nichts aus.“Mitunter haben die beiden den Jahreswechsel auch schon mit ihren Kameraden im Gemeinschaftsraum im Rettungszentrum verbracht und zusammen gekocht. Und wenn hier das an der Decke installierte Blaulicht losgeht und auf dem Monitor an der Wand das Alarmstichwort erscheint, machen sich die beiden und ihre Kameraden auf den Weg. Um Schlimmeres zu verhindern.