„Nicht entdeckter Fall ist die Katastrophe“
BERLIN - Über die Sicherheit von Lebensmitteln hat Kristina Staab mit Harald Ebner (Grüne, Foto: oh) gesprochen, Bundestagsabgeordneter aus dem Landkreis Schwäbisch Hall.
2019 gab es so viele Lebensmittelrückrufe wie nie zuvor. Ist das besorgniserregend?
Dass wir ein System haben, das Mängel feststellt und darauf hinweist, ist erst einmal gut. Dass es Schwankungen bei Rückrufzahlen gibt, ist grundsätzlich normal. Besorgniserregend wird es dann, wenn die Zahlen permanent steigen und nicht dagegengesteuert wird. Immerhin bietet jeder aufgedeckte Fall, jeder Warnungsfall, die Möglichkeit zu reagieren. Ein nicht entdeckter Fall ist die Katastrophe.
Wie funktionieren die Kontrollen der Unternehmen und ab wann werden Verbraucher gewarnt?
Die Unternehmen untersuchen ihre Waren aus jeder Charge. Wenn sie etwas feststellen und die Ware liegt beispielsweise noch beim Großhändler, machen sie einen stillen Rückruf. Dann erreicht der Fall keine Öffentlichkeit und auch keine Behörde. Das ist problematisch. Darum sollten Unternehmen das nicht heimlich machen dürfen, weil man so nicht weiß, ob sie das gewissenhaft machen. Deshalb wäre es gut, wenn wir eine Fehlerkultur pflegen, damit Unternehmen nicht aus Angst vor einem Skandal vor einem Rückruf zurückschrecken. Absolute Transparenz auch bei Fehlern sollte für die Stärke eines Unternehmens stehen, dann wäre offene Kommunikation einfacher. Wir verlangen deshalb schon lange die Einführung eines Hygienebarometers oder -Smileys.
Gerade bei Fleisch- und Milchprodukten kam es häufig zu Rückrufen. Liegt das an einer unhygienischen Verarbeitung oder an sensibleren Kontrollen?
Das liegt auch daran, dass der Anteil verzehrfertiger Lebensmittel zunimmt. Was früher zu Hause gekocht wurde, übernimmt zunehmend die Verarbeitungsindustrie. Und bei höherer Verarbeitungstiefe steigt das Fehlerrisiko. Daher ist es statistisch logisch, dass hier Fälle zunehmen. Und wenn mehr Monitoring in anfälligen Bereichen stattfindet, dann wird auch öfter etwas gefunden. Dass Keime in Fleisch und Milch vorkommen, ist grundsätzlich unvermeidbar. In Käsereien, die Weichkäse herstellen, kann es auch unter hygienischen Bedingungen mal zu Fällen kommen, in denen sich Bakterien auf ungesunde Weise vermehren. Das lässt sich nicht vollkommen ausschließen. Wir können aber das Risiko senken, indem wir Wissen über hygienische Umgänge in Betrieben schaffen und eine vernünftige Kontrolldichte sicherstellen, statt sie zu senken, wie Ministerin Klöckner es plant.