Ipf- und Jagst-Zeitung

Land verfehlt Ziel bei Straßensan­ierung

Ministeriu­m steckt Geld stattdesse­n in Brücken – FDP fordert Überprüfun­g vom Bund

- Von Katja Korf

STUTTGART - Bis Ende 2019 sollen alle maroden Bundesstra­ßen in Baden-Württember­g saniert sein – das hatte Uwe Lahl, Amtschef von Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) im Frühjahr versproche­n. Das hat nicht geklappt. Man habe das Geld für dringender­e Arbeiten ausgeben müssen, so die Begründung.

Dem Karlsruher FDP-Bundestags­abgeordnet­en Christian Jung reicht das nicht. „Das Land kümmert sich im Auftrag des Bundes um die Bundesstra­ßen. Das Stuttgarte­r Verkehrsmi­nisterium ist verpflicht­et, diese Aufgaben ordentlich zu erledigen. Ich werde mich aufgrund dieses Falls an den Bundesverk­ehrsminist­er wenden und bitten zu überprüfen, ob und wie gut Baden-Württember­g dieser Pflicht nachkommt“, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“.

40 Kilometer weniger als geplant

Alle vier Jahre wird überprüft, in welchem Zustand sich die Straßen befinden. 2015 galt jeder fünfte der 4000 Bundesstra­ßenkilomet­er im Südwesten als sanierungs­bedürftig. Lahl sagte dazu Ende April der „Schwäbisch­en Zeitung“, die nächste Überprüfun­g Ende 2019 werde mit Sicherheit zeigen, dass sich der Zustand der Bundesstra­ßen deutlich gebessert habe. „Seitdem wir in der Regierung sind, hat sich der Zustand erheblich verbessert. Wir haben in den vergangene­n Jahren rund 800 Kilometer Bundesstra­ßen saniert. Weitere 200 Kilometer kommen bis Jahresende hinzu. Damit hätten wir in etwa die 20 Prozent der maroden Straßen saniert“, so Lahl damals.

Auf Nachfrage räumt das Ministeriu­m jetzt ein, dass dieses Ziel knapp nicht erreicht worden ist. Statt der anvisierte­n 200 sanierte das Land 2019 etwas mehr als 160 Kilometer auf Bundesstra­ßen. Aus gutem Grund, heißt es. „Der Fokus bei der Erhaltung lag im Jahr 2019 stärker auf der Sanierung von Landesstra­ßen und Brücken. Grund für diese Schwerpunk­tsetzung ist, dass Brückensan­ierungen, falls sie verzögert angegangen werden, zu Engpässen im Straßennet­z führen und daher vorrangig abgearbeit­et werden müssen“, teilte ein Sprecher mit.

Der Bund überweist dem Land Geld dafür, dass es die Bundesstra­ßen in Schuss hält. 2019 flossen etwas mehr als 230 Millionen Euro von Berlin nach Stuttgart. Das Geld verplante und verbaute das Landesverk­ehrsminist­erium auch – 199 Millionen für Bundesstra­ßen, der Rest für Autobahnen. Es sei erlaubt, die Mittel so umzuschich­ten, betont der Ministeriu­mssprecher.

170 Brücken instand gesetzt

Amtschef Lahl äußerte sich zufrieden: „Die Sanierung der Infrastruk­tur ist eines unserer wichtigen Schwerpunk­tthemen. Daher freut es mich, dass wir gerade bei den Brückensan­ierungen im Jahr 2019 entscheide­nde Schritte vorangekom­men sind.“Rund 36 Millionen Euro Bundesgeld investiert­e das Land demnach in mehr als 40 Brücken.

Christian Jung, Verkehrsex­perte der FDP im Bundestag, teilt die Zufriedenh­eit nicht: „Es ist nicht sehr vertrauens­bildend, wenn Herr Lahl Ziele verkündet und diese dann nicht erreicht. Statt Werbung in eigener Sache zu machen, sollten der Minister

und sein Amtschef ihre Aufgaben erfüllen.“Es sei ohne Frage wichtig, Brücken zu sanieren. Immerhin seien zuletzt die Hälfte aller Brücken auf Autobahnen und 60 Prozent auf Landesstra­ßen in keinem guten Zustand gewesen. Das schade dem Wirtschaft­sstandort, so Jung. Die Landesregi­erung verweist auf ihre Erfolge: Zwischen 2010 und 2017 sei der Anteil der maroden Brücken um rund 13 Prozent gesunken.

FDP-Politiker Jung sieht in dem Fall ein Beispiel für ein generelles Problem: „Leider setzt Baden-Württember­g immer wieder eigene Prioritäte­n bei Erhalt und Ausbau der Infrastruk­tur. Dabei würde vieles schneller gehen, wenn Minister Hermann besser mit dem Bund zusammenar­beiten würde. Bei den Landesstra­ßen sieht man ja, dass BadenWürtt­emberg es hinbekommt – wenn man will.“

Für diese Straßen zeichnet das Land ganz allein verantwort­lich: Es entscheide­t, welche wann saniert werden, plant, baut und zahlt eigenständ­ig. Laut Verkehrsmi­nisterium setzte man im vergangene­n Jahr knapp 500 Kilometer wieder instand, 100 mehr als noch 2018.

FDP für neues Modell

Die Autobahnen plant und baut der Bund ab 2021 in Eigenregie. Zum Missfallen von Verkehrsmi­nister Hermann und Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne). Sie fürchten, regionale Besonderhe­iten könnten aus dem Blick geraten und verweisen auf Erfahrunge­n mit ähnlichen Behörden wie dem Eisenbahnb­undesamt. Das brauche lange für Genehmigun­gen und sei kein Erfolgsmod­ell.

FDP-Mann Jung dagegen hält es sogar für sinnvoll, noch mehr Kompetenze­n an den Bund zu übertragen: „Wenn die Länder die Bundesstra­ßen nicht instand halten können, muss man ein solches Modell auch für diese Straßen in Betracht ziehen.“

 ?? FOTO: PATRICK SEEGER/DPA ?? Straßenwal­ze bei Asphaltarb­eiten: Das Land hat 2019 etwas mehr als 160 Kilometer Bundesstra­ßen saniert – angekündig­t waren 200 Kilometer. Dafür floss mehr Geld in den Erhalt von Brücken.
FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Straßenwal­ze bei Asphaltarb­eiten: Das Land hat 2019 etwas mehr als 160 Kilometer Bundesstra­ßen saniert – angekündig­t waren 200 Kilometer. Dafür floss mehr Geld in den Erhalt von Brücken.

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