Hoffnung für Fernost
Experten erwarten Erholung auf Chinas Automarkt
BERLIN - Chinas Wirtschaft wächst etwas langsamer als in den vergangenen zwei Jahrzehnten – aber mit 6,1 Prozent war der Zuwachs 2019 immer noch rasant. „Die Entwicklung verlief im Wesentlichen stabil“, teilte das Nationale Statistikamt in Peking am Freitag mit. Für das neue Jahre erwarten Ökonomen der Weltbank nun ein Wachstum unter sechs Prozent. Schließlich belasten Handelskonflikte Chinas Exporte. Die Binnenwirtschaft wird zudem von einem hohen Schuldenstand gebremst. Und nicht zuletzt wachsen Volkswirtschaften naturnotwendig langsamer, wenn sie größer werden.
Aus Sicht der deutschen Wirtschaft kommt der chinesischen Autokonjunktur besondere Bedeutung zu. Schließlich handelt es sich um den größten Absatzmarkt für eine wichtige Branche. In den vergangenen drei Jahren lief es hier vergleichsweise schlecht, im vergangenen Jahr ist der Absatz sogar deutlich geschrumpft. Volkswagen ist es zwar durch geschickte Markenpflege gelungen, sich gegen den Trend zu stellen und sogar ein wenig mehr zu verkaufen als im Vorjahr. Eine Erholung des Marktes wäre aber auf jeden Fall hochwillkommen.
Analysten des Wertpapierhauses Nomura erwarten nun für das laufende Jahr tatsächlich eine Verbesserung. „Das Schlimmste ist vorbei, und es gibt deutlich positive Anzeichen“, schreiben Benjamin Lo und Martin Heung in einer Mitteilung. Die Nomura-Experten erwarten für 2020 eine Normalisierung des Marktes. Im Vergleich zum schwachen Jahr 2019 käme dann wieder ein ordentliches Wachstum heraus.
Langfristig gesehen müssen sich Unternehmen im Chinageschäft jedoch darauf einstellen, dass die Zuwächse immer weniger spektakulär ausfallen. Der chinesische Energieversorger State Grid, ein staatlicher Konzern, rechnet in einem internen Papier mit einem Absinken des Wachstums auf vier Prozent in den kommenden fünf Jahren. Die Vorhersage ist nicht offiziell, war aber aus der ökonomischen Abteilung des Unternehmens an die Presse gelangt. Für State Grid sind realistische Prognosen wichtig, weil vom Wachstum auch der Energiebedarf abhängt.
Eine weitere Verringerung des Anstiegs des chinesischen Bruttoinlandprodukts entspricht den Erwartungen von Volkswirten. Kapitalinvestitionen schaffen in Schwellenländern im Laufe der Zeit immer weniger Wachstum. Die erste Brücke über einen Fluss oder die erste Fabrik geben der jeweiligen Region noch einen enormen Schub. Die zehnte Brücke und die zehnte Fabrik im Ort bringen deutlich weniger – oder stellen sich sogar als völlig ineffizient heraus. So ging es der chinesischen Autoindustrie, die an Überkapazitäten leidet. Jede Provinz glaubt, ihren eigenen Fahrzeughersteller päppeln zu müssen. Es ist klar, dass die Wachstumsraten dann insgesamt zurückgehen.
Die Wirtschaftspolitik von Chinas Präsident Xi Jinping richtet ihr Augenmerk nun darauf, die Qualität des Wachstums zu verbessern. Er hat dafür drei wesentliche Ziele festgelegt. Seine Planer sollen Risiken vermeiden, also beispielsweise keine Marktblasen und keine Überschuldung zulassen. Die Armut in der Bevölkerung soll weiter sinken. Außerdem sollen Umweltschutz und Energiewende vorankommen. Die chinesische Regierung nennt das etwas blumig die „drei entscheidenden Fronten des Wirtschaftskampfes“. Dem aktuellen Bericht des Statistikamtes zufolge sind alle drei Vorhaben ein gutes Stück vorangekommen. Auch wenn die Zahlen nicht mehr so üppig ausfallen, haben die Bewohner des Landes etwas von der Entwicklung.