Ein Hauch von Zauberei
Crailsheim wandelt sich vom Bundesliga-Abstiegskandidaten zum Play-off-Anwärter
CRAILSHEIM - Man stelle sich vor, einem Aufsteiger (nehmen wir ein Beispiel aus der Fußball-Bundesliga) bleiben in seinem zweiten Jahr in der ersten Liga nur noch zwei Spieler aus dem Vorjahreskader übrig. Gerade in diesem schweren zweiten Jahr (xfach gehört).
Nehmen wir also an, Fortuna Düsseldorf um seinen Trainerfuchs Friedhelm Funkel (66) wären nach seiner erfolgreichen Rettung bis auf zwei Kicker alle andere abhanden gekommen. Es wäre wohl relativ schwer, auch wenn man ein Trainerfuchs ist, die sogenannte zweite schwere Saison mit einem völlig neuen Kickern zu leisten. Und auch ohne einen Radikalumbruch tun sich die Düsseldorfer schwer, denn jetzt stehen sie im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga, die an diesem Wochenende in ihre zweite Hälfte startet.
Auch die Basketball-Bundesliga startet in die zweite Halbzeit der insgesamt 32 Spiele der Hauptrunde. Und Tuomas Iisalo kann da relativ locker reingehen. Obwohl im Sommer ein Radikalumbruch nach dem Last-Minute-Klassenerhalt der HAKRO Merlins Crailsheim um seine Macher Martin Romig (Geschäftsführer) und Ingo Enskat (Sportlicher Leiter) stattgefunden hat. Iisalo moderierte ihn. Ziemlich erfolgreich. Vor dem Spiel an diesem Sonntag um 15 Uhr im Hexenkessel Arena Ilshofen haben sich die „Zauberer“auf Platz vier der Tabelle geworfen. Nichts mit Abstiegskampf, den viele wieder prognostiziert hatten.
Neun Siege, fünf Niederlagen – und das mit nur zwei verbliebenen Spieler der alten Mannschaft. Es gingen Leistungsträger wie der Ex-Nationalspieler Konrad Wysocki (Karriereende) und Frank „the tank“Turner. Nur der quirlige Spielmacher DeWayne Russell (25), ein wichtiger Faktor im Abstiegskampf der Vorsaison, und der temperamentvolle Kapitän und Flügelspieler Sebastian Herrera (22) blieben dem besonnenen 37-jährigen finnischen Headcoach bei seinem Neuaufbau erhalten.
Der sagte mal: „Ein Trainer ist wie ein Schneider“. Also schneiderte Iisalo im Gespann mit seinem Co- und Bruder Joonas eine neue Mannschaft zusammen, die der Liga das Fürchten lehrt.
Siegesserien gehören dazu
Vielleicht ist doch ein Hauch von Zauberei dabei. Ein junges, athletisches Team, das erfolgreich am Stück sein kann (fünf Siege zu Beginn), Comebacker-Qualitäten zeigt (nach drei Niederlagen hintereinander im Dezember) grüßte zwischendurch mal von der Tabellenspitze und ist Stand jetzt ein Play-off- und EuroLeague-Kandidat ist. Der so erfolgsverwöhnte baden-württembergische
Kontrahent ratiopharm Ulm müht sich derweil unter die Top Acht zu kommen und holte sich auch eine Klatsche in der Hohenlohe ab, zum Jahresabschluss (79:91). Zwar haben die Crailsheimer nun bereits genauso viele Siege wie in der gesamten vergangenen Saison auf dem Konto, trotzdem spricht intern noch keiner über die Play-Offs. Es wird weiterhin von Spiel zu Spiel gedacht, was bisher sehr gut funktionierte.
In der nächsten Partie gibt es eine Premiere: Die Merlins empfangen den Aufsteiger Hamburg Towers. Die Hanseaten stehen derzeit auf dem 15. Platz und konnten bisher nicht in dem Maße auftrumpfen, wie sie es sich vor der Spielzeit vorgenommen hatten. Iisalos Mannen laufen mit viel Selbstbewusstsein und drei Siegen im Rücken auf. Am vergangenen Spieltag vor zwei Wochen schlugen die Crailsheimer keinen geringeren als den neunmaligen deutschen Meister Brose Bamberg (73:69).
Die vergangenen drei Partien entschied das junge Iisalo-Team für sich. „Nach einer erneut langen Pause nach dem vergangenen Spiel, haben unsere Jungs hart und fokussiert gearbeitet. Nun sind sie hungrig auf die nächste Partie. Wenn wir diese Energie auf das Parkett ummünzen können und intensiv spielen, können wir ein weiteres gutes Spiel abliefern“, sagt Iisalo. Das ist wahrlich nicht unwahrscheinlich.