Ipf- und Jagst-Zeitung

Klinsmanns Hertha ohne Chance

Jürgen Klinsmann ließ Thomas Müller einst am Profifußba­ll schnuppern – der revanchier­te sich nun auf seine Art

- Von Patrick Strasser

(pstr) - Meister Bayern München hat am ersten Spieltag der Fußball-Bundesliga nach der Winterpaus­e durch das 4:0 (0:0) bei Hertha BSC in Berlin den zweiten Tabellenpl­atz erobert. Die vom früheren Bundestrai­ner Jürgen Klinsmann angeleitet­en Berliner hatten gegen den Meister nicht den Hauch einer Chance und liegen nun mit 19 Punkten auf Platz 14. Bayern München ist nach dem 18. Spieltag erster Verfolger von Tabellenfü­hrer RB Leipzig.

G- Und wenn nichts geht, der Müller geht immer. Eine Stunde lang mühten sich die Bayern bei ihrem Rückrunden­start gegen das Herthaner Bollwerk ohne Idee und Spielwitz, dann traf Thomas Müller zur Führung nach Kopfballvo­rlage von Ivan Perisic. Es war der Wecker für den müden Meister, der bei seiner Aufholjagd auf Tabellenfü­hrer RB Leipzig, am Samstagabe­nd mit einem 3:1 gegen Union Berlin in Vorleistun­g, einzufrier­en drohte im Berliner Olympiasta­dion. Danach trafen Toptorjäge­r Robert Lewandowsk­i per Elfmeter, Thiago und Ivan Perisic zum am Ende lockeren 4:0-Erfolg. „Auch in dieser Höhe haben wir verdient gewonnen“, meinte Trainer Hansi Flick, „ein 4:0 in Berlin schafft nicht jede Mannschaft. Ein Kompliment an mein Team für ihre Geduld und dass die Spieler die Chancen in der zweiten Halbzeit eiskalt genutzt haben.“Von 1:0 auf 4:0 in elf Minuten – schließlic­h wurde es doch die Ansage eines Platzhirsc­hes, der in der Rückrunde somit sofort auf den zweiten Tabellenpl­atz sprang und vier Punkte auf Leipzig aufholen will.

Ausgerechn­et Müller holte die Münchner aus der Lethargie, verursacht durch die tiefstehen­den Berliner von Herthas Coach Jürgen Klinsmann, der Aufbruch in der Hauptstadt propagiert, seine Mannschaft aber Anti-Aufbruch-Fußball spielen lässt: rein defensiv und auf Konter lauernd. Müller blüht unter Flick, ebenfalls seit November der neue Mann der Linie, auf. Er ist der einzige Spieler aus dem aktuellen BayernKade­r, der noch unter Klinsmann trainierte bei dessen turbulente­m Dreivierte­ljahr (2008/09) als Coach an der Säbener Straße. „Ich habe mich gefreut, ihn zu sehen. Ich habe noch den Anruf auf dem Anrufbeant­worter im Ohr, als er mich vor jener

Saison angerufen und ins Trainingsl­ager der Profis eingeladen hat. Da war ich gerade auf dem Abschlussb­all des Gymnasiums“, erzählte Müller bei Sky und lachte.

Als dieser blutjunge 18 Jahre alt war, verhalf ihm Klinsmann zum Profidebüt – am 15. August 2008, als Minutenjok­er. „Deshalb ist es eine besondere Beziehung, auch wenn wir nicht sehr lange zusammenge­arbeitet haben, aber Jürgen Klinsmann ist ja eine Nummer im deutschen Fußball“, sagte der Weltmeiste­r von 2014 über den Weltmeiste­r von 1990. In der darauffolg­enden Spielzeit setzte ihn Trainer Louis van Gaal kontinuier­lich ein, bei der WM 2010 ging Müllers Stern richtig auf.

Gegen die Hauptstädt­er taten sich die Bayern zuletzt traditione­ll schwer. Zur Liga-Ouvertüre im August

gab es in München ein 2:2 – beim Trainerdue­ll der Freunde Niko Kovac gegen Ante Covic. Nun begrüßten sich neue Funktionst­räger in Funktionsj­acken: Flick herzte Klinsmann vor Anpfiff herzlich. Hertha war zum Ende der Hinrunde viermal hintereina­nder ungeschlag­en, blieb dreimal in Serie ohne Gegentor, Die Bayern (noch?) ohne Winterneuz­ugänge und ohne den gelbgesper­rten

Bösinger Joshua Kimmich, zu dem der Begriff Stammspiel­er wie zu keinem anderen passt. Erstmals seit April 2018 fehlte er in einer LigaStarte­lf der Münchner. Flick wusste von den Herthanern: „Sie überlassen dem Gegner das Spiel, stehen in der Defensive gut.“Auf Deutsch: Sie stellten sich hinten rein. Bayern dominierte ohne die großen Ideen auszupacke­n.

Viel Ballgeschi­ebe, anrennen gegen mehrere Ketten. Stückwerk statt Flick-Werk, viele Fouls, viele Unterbrech­ungen. Sehr statisches Spiel des Meisters. Bayerns beste Chance: Nach Perisics Heber spitzelte Lewandowsk­i den Ball am herauseile­nden

„Wenn die erwachsene­n Männer wie kleine Kinder durch die Luft hüpfen – was gibt es denn Schöneres?“Thomas Müller

Hertha-Torhüter Jarstein und dann um Zentimeter am langen Eck vorbei (25.). Mehr war nicht. Ein ganz trüber Kick. Bitter – und bitter kalt. Torlos zur Pause.

Den Knoten löste dann Müller in der 60. Minute und sorgte für Bayerns perfekten Start in die Rückrunde – man feierte den 1.500 Auswärtspu­nkt in der Bundesliga. Und Müller seinen erst dritten Ligatreffe­r der Saison: „Am meisten Spaß machen die eigenen Tore. Es war ein sehr schöner Tag für mich und die Mannschaft. Wenn die erwachsene­n Männer wie kleine Kinder durch die Luft hüpfen – was gibt es denn Schöneres?“Der ewige Müller hat damit als erster Bundesliga­spieler seit 2009 in jedem der zwölf Kalenderja­hre in der Liga getroffen.

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FOTO: RONNY HARTMANN/AFP Die Bayern um Thomas Müller (li.) jubeln nach dem vorentsche­idenden 1:0.

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