Klinsmanns Hertha ohne Chance
Jürgen Klinsmann ließ Thomas Müller einst am Profifußball schnuppern – der revanchierte sich nun auf seine Art
(pstr) - Meister Bayern München hat am ersten Spieltag der Fußball-Bundesliga nach der Winterpause durch das 4:0 (0:0) bei Hertha BSC in Berlin den zweiten Tabellenplatz erobert. Die vom früheren Bundestrainer Jürgen Klinsmann angeleiteten Berliner hatten gegen den Meister nicht den Hauch einer Chance und liegen nun mit 19 Punkten auf Platz 14. Bayern München ist nach dem 18. Spieltag erster Verfolger von Tabellenführer RB Leipzig.
G- Und wenn nichts geht, der Müller geht immer. Eine Stunde lang mühten sich die Bayern bei ihrem Rückrundenstart gegen das Herthaner Bollwerk ohne Idee und Spielwitz, dann traf Thomas Müller zur Führung nach Kopfballvorlage von Ivan Perisic. Es war der Wecker für den müden Meister, der bei seiner Aufholjagd auf Tabellenführer RB Leipzig, am Samstagabend mit einem 3:1 gegen Union Berlin in Vorleistung, einzufrieren drohte im Berliner Olympiastadion. Danach trafen Toptorjäger Robert Lewandowski per Elfmeter, Thiago und Ivan Perisic zum am Ende lockeren 4:0-Erfolg. „Auch in dieser Höhe haben wir verdient gewonnen“, meinte Trainer Hansi Flick, „ein 4:0 in Berlin schafft nicht jede Mannschaft. Ein Kompliment an mein Team für ihre Geduld und dass die Spieler die Chancen in der zweiten Halbzeit eiskalt genutzt haben.“Von 1:0 auf 4:0 in elf Minuten – schließlich wurde es doch die Ansage eines Platzhirsches, der in der Rückrunde somit sofort auf den zweiten Tabellenplatz sprang und vier Punkte auf Leipzig aufholen will.
Ausgerechnet Müller holte die Münchner aus der Lethargie, verursacht durch die tiefstehenden Berliner von Herthas Coach Jürgen Klinsmann, der Aufbruch in der Hauptstadt propagiert, seine Mannschaft aber Anti-Aufbruch-Fußball spielen lässt: rein defensiv und auf Konter lauernd. Müller blüht unter Flick, ebenfalls seit November der neue Mann der Linie, auf. Er ist der einzige Spieler aus dem aktuellen BayernKader, der noch unter Klinsmann trainierte bei dessen turbulentem Dreivierteljahr (2008/09) als Coach an der Säbener Straße. „Ich habe mich gefreut, ihn zu sehen. Ich habe noch den Anruf auf dem Anrufbeantworter im Ohr, als er mich vor jener
Saison angerufen und ins Trainingslager der Profis eingeladen hat. Da war ich gerade auf dem Abschlussball des Gymnasiums“, erzählte Müller bei Sky und lachte.
Als dieser blutjunge 18 Jahre alt war, verhalf ihm Klinsmann zum Profidebüt – am 15. August 2008, als Minutenjoker. „Deshalb ist es eine besondere Beziehung, auch wenn wir nicht sehr lange zusammengearbeitet haben, aber Jürgen Klinsmann ist ja eine Nummer im deutschen Fußball“, sagte der Weltmeister von 2014 über den Weltmeister von 1990. In der darauffolgenden Spielzeit setzte ihn Trainer Louis van Gaal kontinuierlich ein, bei der WM 2010 ging Müllers Stern richtig auf.
Gegen die Hauptstädter taten sich die Bayern zuletzt traditionell schwer. Zur Liga-Ouvertüre im August
gab es in München ein 2:2 – beim Trainerduell der Freunde Niko Kovac gegen Ante Covic. Nun begrüßten sich neue Funktionsträger in Funktionsjacken: Flick herzte Klinsmann vor Anpfiff herzlich. Hertha war zum Ende der Hinrunde viermal hintereinander ungeschlagen, blieb dreimal in Serie ohne Gegentor, Die Bayern (noch?) ohne Winterneuzugänge und ohne den gelbgesperrten
Bösinger Joshua Kimmich, zu dem der Begriff Stammspieler wie zu keinem anderen passt. Erstmals seit April 2018 fehlte er in einer LigaStartelf der Münchner. Flick wusste von den Herthanern: „Sie überlassen dem Gegner das Spiel, stehen in der Defensive gut.“Auf Deutsch: Sie stellten sich hinten rein. Bayern dominierte ohne die großen Ideen auszupacken.
Viel Ballgeschiebe, anrennen gegen mehrere Ketten. Stückwerk statt Flick-Werk, viele Fouls, viele Unterbrechungen. Sehr statisches Spiel des Meisters. Bayerns beste Chance: Nach Perisics Heber spitzelte Lewandowski den Ball am herauseilenden
„Wenn die erwachsenen Männer wie kleine Kinder durch die Luft hüpfen – was gibt es denn Schöneres?“Thomas Müller
Hertha-Torhüter Jarstein und dann um Zentimeter am langen Eck vorbei (25.). Mehr war nicht. Ein ganz trüber Kick. Bitter – und bitter kalt. Torlos zur Pause.
Den Knoten löste dann Müller in der 60. Minute und sorgte für Bayerns perfekten Start in die Rückrunde – man feierte den 1.500 Auswärtspunkt in der Bundesliga. Und Müller seinen erst dritten Ligatreffer der Saison: „Am meisten Spaß machen die eigenen Tore. Es war ein sehr schöner Tag für mich und die Mannschaft. Wenn die erwachsenen Männer wie kleine Kinder durch die Luft hüpfen – was gibt es denn Schöneres?“Der ewige Müller hat damit als erster Bundesligaspieler seit 2009 in jedem der zwölf Kalenderjahre in der Liga getroffen.