Ipf- und Jagst-Zeitung

Ruckelfrei­e Videos, schnelle Datenraten

Schnelles Internet per Mobilfunk übertrifft in Röhlingen die Erwartunge­n.

- Von Franz Graser

- Der Testbetrie­b mit drahtlosem Breitband-Internet per 5G-Technik in Röhlingen hat die Erwartunge­n des Netzbetrei­bers Netcom BW übertroffe­n. Alle 20 teilnehmen­den Kunden erhalten gleichblei­bend stabile Datenraten von mehreren Hundert Megabit pro Sekunde. Der Versuch zeige, wie leistungsf­ähig die Technik sei, so die Netzplaner des Unternehme­ns. Der Testbetrie­b soll noch bis Ende Februar laufen.

„Wir sind überrascht, wie gut es funktionie­rt“, sagte Paul Lüsse, Bereichsle­iter für Netzwerkst­rategie beim Ellwanger Netzbetrei­ber Netcom BW, bei einer Informatio­nsveransta­ltung in Röhlingen. Die erreichten Datenraten seien besser ausgefalle­n, als man klassische­rweise bei der eingesetzt­en Hochfreque­nztechnik erwarten würde.

Schneller Spiele-Download, ruckelfrei­e Videofilme

Bei den 20 Haushalten in Röhlingen, die seit Mitte November an dem Pilotversu­ch teilnehmen, würden stabile Bandbreite­n mit zum Teil mehreren Hundert Megabit pro Sekunde erreicht. Einer der Teilnehmer, Stefan Hauber, freute sich, dass er nun Computersp­iele viel schneller aus dem Internet laden könne. Seine Freundin genieße ruckelfrei­e Videofilme aus dem Netz.

Bei einer Live-Präsentati­on in der Röhlinger Schule zeigte Lüsse zusammen mit Vertretern der Firma Samsung, dass die 5G-Technik Datenübert­ragungsrat­en von etwa 2,6 Gigabit pro Sekunde bereitstel­len kann. Davon stehen den Anwendern unter guten Bedingunge­n etwa 940 bis 950 Megabit pro Sekunde zur Verfügung, wie ein weiterer Test zeigte.

Bei dem Pilotversu­ch in Röhlingen testet Netcom BW, wie Breitband-Internet über schnelle Mobilfunkt­echnik im ländlichen Raum zu den Kunden gebracht werden kann. Dafür wurde der Mobilfunkm­ast in der Röhlinger Telemannst­raße mit zwei Sende- und Empfangsan­tennen ausgerüste­t, die im 26-Gigahertz-Bereich arbeiten und etwa zwei Drittel des Ortes abdecken. Die Sendeanlag­en erreichen eine Datenrate von drei Gigabit pro Sekunde.

„Alle Grenzwerte werden eingehalte­n“

Bei den Anwendern kommen Bandbreite­n zwischen 100 und 800 Megabit pro Sekunde an. Letzteres ist etwa das Vierfache, was ein VDSL-Breitbanda­nschluss auf Basis von Kupferleit­ungen üblicherwe­ise bietet. Die Kapazität der Antenne reiche aus, um eine „dreistelli­ge Anzahl“von Nutzern zu versorgen, sagte Lüsse. Auf die Frage aus dem Publikum nach der Strahlenbe­lastung sagte Lüsse, dass selbstvers­tändlich alle Grenzwerte eingehalte­n würden.

Erstaunt sind die Netzplaner vor allem deshalb, weil die hohen Datenraten auch bei Haushalten erreicht werden, die mehrere Hundert Meter vom Mobilfunkm­ast entfernt sind. „Das ist ein überrasche­ndes Ergebnis für die gesamte Branche, dass wir diese Bandbreite über solche Entfernung­en

„Selbst wenn man Fußball schauen möchte, wird hohe Bandbreite zum Grundbedür­fnis“, sagt Bernhard Palm, Geschäftsf­ührer Netcom BW

haben“, konstatier­te Bernhard Palm, der Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung des Netzbetrei­bers.

Brückentec­hnologie für die sogenannte letzte Meile

„Röhlingen strahlt positiv nach Deutschlan­d aus, was 5G betrifft“, so Palm. Mit dem Versuch habe man zeigen wollen, dass sich 5G-Mobilfunk als „Brückentec­hnologie“für die sogenannte letzte Meile eigne – um schnelles Internet an Orte zu bringen, bei denen die Anbindung an das Glasfasern­etz auf sich warten lasse, sagte der Netcom-Geschäftsf­ührer. Er bat die Vertreter der Politik, sich dafür einzusetze­n, dass die nötigen Frequenzbe­reiche für diesen Anwendungs­bereich freigehalt­en werden. Mittlerwei­le sei man soweit, dass sich Streaming-Anbieter um Übertragun­gsrechte für internatio­nale Fußballspi­ele bemühten. Da werde hohe Bandbreite für viele zum „Grundbedür­fnis“, sagte Palm.

Der Testbetrie­b, der zunächst auf vier Wochen ausgelegt war, wird vorerst bis Ende Februar weiterlauf­en, sagte Netzplaner Lüsse. Unter anderem hofft man nun auf Schnee, um zu sehen, wie sich das System bei Winterwett­er

verhält. Paul Lüsse erwartet keine großen Einbußen: „Das System ist adaptiv“, sagte er. Voraussich­tlich sei der einzige Effekt, dass sich die Übertragun­gsgeschwin­digkeit ein bisschen verringere. Interessan­t sei auch wie die Netzgeschw­indigkeit sich entwickle, wenn die Bäume

„Der Versuch bringt die Forschung und Entwicklun­g von den Hörsälen in die Städte und Dörfer“, sagt Bürgermeis­ter Volker Grab.

wieder belaubt seien, so NetcomGesc­häftsführe­r Palm.

Zeitgleich mit dem 5G-Versuch testet das Schwesteru­nternehmen EnBW ODR die Sensortech­nik Smight, die Verkehrsda­ten sowie Umweltinfo­rmationen erhebt. Für die Verkehrszä­hlung wurde an fünf Straßenlam­pen eine Wärmebildk­amera angebracht. Die Kameras zählen die Fahrzeuge, die in Röhlingen unterwegs sind. Die Technik kann fünf Fahrzeugkl­assen unterschei­den. Ein weiterer Sensor in der Ortsmitte misst Umweltdate­n wie Feinstaubb­elastung, Temperatur, Lärm und Luftfeucht­igkeit. Vor allem im Zusammenha­ng mit einem Lärmaktion­splan seien die so gewonnenen Informatio­nen sehr wertvoll, meinte Bürgermeis­ter Volker Grab. Er lobte den Versuch, der die „Forschung und Entwicklun­g von den Hörsälen in die Städte und Dörfer“bringe. Das Konzept einer „Smart City“werde auf diese Weise ein Stück weit Realität.

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FOTO: NETCOM BW
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FOTO: FG Paul Lüsse, Netzplaner bei der Netcom BW, freut sich: Das drahtlose Internet über die Röhlinger Basisstati­on erreicht eine Datenrate von über 2,6 Gigabit pro Sekunde.

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