Ruckelfreie Videos, schnelle Datenraten
Schnelles Internet per Mobilfunk übertrifft in Röhlingen die Erwartungen.
- Der Testbetrieb mit drahtlosem Breitband-Internet per 5G-Technik in Röhlingen hat die Erwartungen des Netzbetreibers Netcom BW übertroffen. Alle 20 teilnehmenden Kunden erhalten gleichbleibend stabile Datenraten von mehreren Hundert Megabit pro Sekunde. Der Versuch zeige, wie leistungsfähig die Technik sei, so die Netzplaner des Unternehmens. Der Testbetrieb soll noch bis Ende Februar laufen.
„Wir sind überrascht, wie gut es funktioniert“, sagte Paul Lüsse, Bereichsleiter für Netzwerkstrategie beim Ellwanger Netzbetreiber Netcom BW, bei einer Informationsveranstaltung in Röhlingen. Die erreichten Datenraten seien besser ausgefallen, als man klassischerweise bei der eingesetzten Hochfrequenztechnik erwarten würde.
Schneller Spiele-Download, ruckelfreie Videofilme
Bei den 20 Haushalten in Röhlingen, die seit Mitte November an dem Pilotversuch teilnehmen, würden stabile Bandbreiten mit zum Teil mehreren Hundert Megabit pro Sekunde erreicht. Einer der Teilnehmer, Stefan Hauber, freute sich, dass er nun Computerspiele viel schneller aus dem Internet laden könne. Seine Freundin genieße ruckelfreie Videofilme aus dem Netz.
Bei einer Live-Präsentation in der Röhlinger Schule zeigte Lüsse zusammen mit Vertretern der Firma Samsung, dass die 5G-Technik Datenübertragungsraten von etwa 2,6 Gigabit pro Sekunde bereitstellen kann. Davon stehen den Anwendern unter guten Bedingungen etwa 940 bis 950 Megabit pro Sekunde zur Verfügung, wie ein weiterer Test zeigte.
Bei dem Pilotversuch in Röhlingen testet Netcom BW, wie Breitband-Internet über schnelle Mobilfunktechnik im ländlichen Raum zu den Kunden gebracht werden kann. Dafür wurde der Mobilfunkmast in der Röhlinger Telemannstraße mit zwei Sende- und Empfangsantennen ausgerüstet, die im 26-Gigahertz-Bereich arbeiten und etwa zwei Drittel des Ortes abdecken. Die Sendeanlagen erreichen eine Datenrate von drei Gigabit pro Sekunde.
„Alle Grenzwerte werden eingehalten“
Bei den Anwendern kommen Bandbreiten zwischen 100 und 800 Megabit pro Sekunde an. Letzteres ist etwa das Vierfache, was ein VDSL-Breitbandanschluss auf Basis von Kupferleitungen üblicherweise bietet. Die Kapazität der Antenne reiche aus, um eine „dreistellige Anzahl“von Nutzern zu versorgen, sagte Lüsse. Auf die Frage aus dem Publikum nach der Strahlenbelastung sagte Lüsse, dass selbstverständlich alle Grenzwerte eingehalten würden.
Erstaunt sind die Netzplaner vor allem deshalb, weil die hohen Datenraten auch bei Haushalten erreicht werden, die mehrere Hundert Meter vom Mobilfunkmast entfernt sind. „Das ist ein überraschendes Ergebnis für die gesamte Branche, dass wir diese Bandbreite über solche Entfernungen
„Selbst wenn man Fußball schauen möchte, wird hohe Bandbreite zum Grundbedürfnis“, sagt Bernhard Palm, Geschäftsführer Netcom BW
haben“, konstatierte Bernhard Palm, der Vorsitzende der Geschäftsführung des Netzbetreibers.
Brückentechnologie für die sogenannte letzte Meile
„Röhlingen strahlt positiv nach Deutschland aus, was 5G betrifft“, so Palm. Mit dem Versuch habe man zeigen wollen, dass sich 5G-Mobilfunk als „Brückentechnologie“für die sogenannte letzte Meile eigne – um schnelles Internet an Orte zu bringen, bei denen die Anbindung an das Glasfasernetz auf sich warten lasse, sagte der Netcom-Geschäftsführer. Er bat die Vertreter der Politik, sich dafür einzusetzen, dass die nötigen Frequenzbereiche für diesen Anwendungsbereich freigehalten werden. Mittlerweile sei man soweit, dass sich Streaming-Anbieter um Übertragungsrechte für internationale Fußballspiele bemühten. Da werde hohe Bandbreite für viele zum „Grundbedürfnis“, sagte Palm.
Der Testbetrieb, der zunächst auf vier Wochen ausgelegt war, wird vorerst bis Ende Februar weiterlaufen, sagte Netzplaner Lüsse. Unter anderem hofft man nun auf Schnee, um zu sehen, wie sich das System bei Winterwetter
verhält. Paul Lüsse erwartet keine großen Einbußen: „Das System ist adaptiv“, sagte er. Voraussichtlich sei der einzige Effekt, dass sich die Übertragungsgeschwindigkeit ein bisschen verringere. Interessant sei auch wie die Netzgeschwindigkeit sich entwickle, wenn die Bäume
„Der Versuch bringt die Forschung und Entwicklung von den Hörsälen in die Städte und Dörfer“, sagt Bürgermeister Volker Grab.
wieder belaubt seien, so NetcomGeschäftsführer Palm.
Zeitgleich mit dem 5G-Versuch testet das Schwesterunternehmen EnBW ODR die Sensortechnik Smight, die Verkehrsdaten sowie Umweltinformationen erhebt. Für die Verkehrszählung wurde an fünf Straßenlampen eine Wärmebildkamera angebracht. Die Kameras zählen die Fahrzeuge, die in Röhlingen unterwegs sind. Die Technik kann fünf Fahrzeugklassen unterscheiden. Ein weiterer Sensor in der Ortsmitte misst Umweltdaten wie Feinstaubbelastung, Temperatur, Lärm und Luftfeuchtigkeit. Vor allem im Zusammenhang mit einem Lärmaktionsplan seien die so gewonnenen Informationen sehr wertvoll, meinte Bürgermeister Volker Grab. Er lobte den Versuch, der die „Forschung und Entwicklung von den Hörsälen in die Städte und Dörfer“bringe. Das Konzept einer „Smart City“werde auf diese Weise ein Stück weit Realität.