Plattenkiste
Sons of Apollo: MMXX
Sons of Apollo sind wohl die Definition des überstrapazierten Begriffs Supergroup. Mit SchlagzeugGigant Mike Portnoy und Keyboard-Virtuose Derek Sherinian sind zwei Ex-Mitglieder der Progressive-Metal-Größe Dream Theater an Bord. Am Mikrofon steht Jeff Scott Soto (sang die ersten zwei Alben von Gitarrenheld Yngwie J. Malmsteen ein), den Bass zupft Billy Sheehan (musizierte bereits mit Gitarrengröße Steve Vai) und die Gitarre bedient Tausendsassa Ron „Bumblefoot“Thal (zeitweise bei Guns N’Roses, derzeit bei Asia an Bord). Wenn man das weiß, wundert einen nicht, dass der Studio-Zweitling „MMXX“(Inside Out Music) zwischen metallischer Härte und progressiver Verspieltheit pendelt. Bereits im Opener „Goodbye Divinity“schütteln die Musiker mit Lässigkeit hymnenhafte Gesangsmelodien, harte Gitarrenriffs und wuchtiges Schlagzeug aus dem Ärmel, jubilierende Keyboard-Kaskaden und pulsierende Bass-Einwürfe. Am Ende steht mit „New World Today“ein fast 16 Minuten dauerndes Epos, das den Hörer verzückt zurücklässt. So klingt die Weltklasse. Live: 28. und 29.2. Karlsruhe, Crystal Ballroom; 10.3. Pratteln, Z7 (CH). (dre)
Algiers: There Is No Year
Alle guten Vorsätze erstmal über Bord: Mächtig düster, dabei aber klanglich fulminant starten die IndieRocker von Algiers ins neue Jahr. Auf ihrem dritten Album „There Is No Year“macht die experimentelle Protest-Band aus Atlanta (US-Bundesstaat Georgia) wenig Hoffnung auf Zuversicht: „Now it's two minutes to midnight, and they're building houses of cards“(„Noch zwei Minuten bis Mitternacht und sie bauen Kartenhäuser“), heißt es direkt am Anfang der Platte, die am Freitag erschienen ist. Nach ihrem Debüt „Algiers“(2015) und dem Nachfolger „The Underside of Power“(2017) mantelt das Quartett auf „There Is No Year“seinen Widerstand gegen politische Verwerfungen und Rassismus erneut in exorbitante Soundgebilde. Über dem drängenden Mix aus 80er-Wave, Industrial, Soul, Indie-Rock und Postpunk trägt Frontmann Franklin James Fisher manchmal fiebrig, oft warm und akzentuiert die Songtexte fast wie Gospel-Gesänge vor. So kriechen die Dub-Anleihen im sphärischen „We Can't Be Found“als weichwarme Wellen ins Ohr, der AnklageTrack „Dispossession“setzt weltweite Vertreibungen und die individuelle Suche nach dem Sinn auf seine Agenda. Und das peitschende Synthie-New-WaveStück „Chaka“verleibt sich nach und nach R&B, Jazz und Postrock-Elemente ein. Spätestens hier wird klar, warum Depeche Mode die Jungs einst als Vorband buchten ... Live: 15.2. Schorndorf, Manufaktur; 24.2. München, Strom. (dpa)