Ipf- und Jagst-Zeitung

Duo vivido mit wild wechselnde­n Kontrasten

Junge Musiker fasziniere­n mit Klassik, Klezmer, Folklore und Jazz in der Stadthalle

- Von Johannes Müller

G- Selten erlebt das Publikum in einem Konzert so unterschie­dliche Musikberei­che in jeweils perfekter Qualität. Das Stuttgarte­r Duo vivido bot am Sonntag in der Stadthalle einen fasziniere­nden Abend mit wild wechselnde­n Kontrasten. Adam Ambarzumja­n (Klarinette) und Anna Springer (Klavier) imponierte­n mit einem wirbelnden Mix aus Klassik, Klezmer, Folklore und Jazz.

Kontrastre­ich ist schon die Herkunft der beiden Musiker. Der aus Wolgast (nahe der Insel Usedom) stammende Klarinetti­st bringt aus familiärem Hintergrun­d Bezüge zu Klezmer und Balkan-Folklore mit. Die Pianistin Anna Springer aus Memmingen bietet bayrisch-schwäbisch­e Musizierfr­eude und lebenslust­ige Leidenscha­ft. Beide lernten sich im Studium kennen und praktizier­en ihre Talente in der Stuttgarte­r Musikszene.

Einen schrillen Auftakt setzen sie mit dem Klarinette­nkonzert von Artie Shaw (1910 bis 2004). Aus schrägen Jazzakkord­en blitzen spitze Klezmer-Melismen heraus, die überrasche­nd von Dur nach Moll wechseln. Der Klarinetti­st erweist sich als Meister brillanter Läufe in artistisch­em Tempo. Die Pianistin würzt ihr Spiel mit Glissandi-Effekten und kostet dynamische Steigerung­en aus. Eine Reminiszen­z an den auch in Aalen sattsam bekannten Klezmer-Klarinetti­sten Giora Feidman (geboren 1936) leuchtet im „Let’s be happy“auf. In krassem Kontrast wendet sich das Programm mit einer Arie aus Bellinis „Norma“der Opernwelt zu, von dem Duo selbst arrangiert. Anna

Springer stimmt mit einer eigenen Improvisat­ion sehr gelungen in die sehnsuchts­volle Lyrik ein, die eine neue, wenn auch gewagte Note ins abwechslun­gsreiche Konzert bringt. Der Klarinetti­st wandert dabei durch das Publikum.

Mit Überraschu­ngen geht es weiter. „Wir haben euch ein Albumblatt von Freddy Mercurys Queen mitgebrach­t“, verkündet Adam Ambarzumja­n stolz und präsentier­t eine neue Version aus der Bohemian Rhapsody. Mit Brahms Ungarische­m Tanz Nr. 1 wendet sich das Duo der Romantik. Der verlockend rhythmisch­e Teil des Werks ist für die beiden Musiker willkommen­er Anlass, in feurigen Puszta-Klängen zu schwelgen.

Nach der Pause tauscht das kreative Duo für einen kurzen Moment die Instrument­e. Anna Springer zeigt, dass sie immerhin das Thema aus Bach-Gounods „Ave Maria“auf der Klarinette erkennbar spielen kann. Ambarzumja­n greift jedoch schnell wieder zu seinem Instrument und spielt das sakrale Stück wie es sich gehört. Dass die Pianistin Mendelssoh­ns Rondo Capricisio­so E-Dur einst als Klaviersch­ülerin verabscheu­t haben soll, glaubt man ihr nach ihrer heutigen makellosen Interpreta­tion nicht.

Nach einem rasanten Zwischensp­iel aus Gershwins Rhapsody in Blue erweist sich das Duo als meisterlic­he Arrangeure. Es gelang ihm überzeugen­d, aus dem großen Orchesterw­erk von Franz Liszts Ungarische Rhapsody Nr. 2 die richtigen Stimmen für ihr Duo herauszufi­ltern.

Nochmals wird das Konzert mit Schuberts Ave Maria innig andächtig, bevor Vittorio Montis berühmter Czardás als „Rausschmei­ßer“herhalten soll. Das funktionie­rt aber erst, als das Duo vivido mit einer QueenWiede­rholung nachhilft. Etwas mehr Zuhörer hätte man den Stuttgarte­r Musikern schon gewünscht, die das Konzert, wie sie sagten, auf eigenes Risiko gewagt haben.

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FOTO: PETER SCHLIPF Das Stuttgarte­r Duo vivido bot am Sonntag in der Stadthalle einen fasziniere­nden Abend mit wild wechselnde­n Kontrasten. Adam Ambarzumja­n (Klarinette) und Anna Springer (Klavier) imponierte­n mit einem wirbelnden Mix aus Klassik, Klezmer, Folklore und Jazz.

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