Ipf- und Jagst-Zeitung

Auf die harte Tour

Thyssenkru­pp-Chefin kündigt strikten Sparkurs an

- Von Claus Haffert

BOCHUM (dpa) - Thyssenkru­ppChefin Martina Merz hat Beschäftig­te und Aktionäre des kriselnden Stahl- und Industriek­onzerns auf einen harten Sanierungs­kurs eingestimm­t. Im Stahlberei­ch sei eine „harte Restruktur­ierung“nötig, sagte Merz bei der Hauptversa­mmlung in Bochum. „Das wird nicht ohne Arbeitspla­tzabbau gehen.“Konzernwei­t will Thyssenkru­pp 6000 Stellen streichen.

Für 2300 Jobs gibt es bereits Vereinbaru­ngen mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn, wie Personalvo­rstand Oliver Burkhard sagte. Bis der Konzernumb­au zu besseren Geschäftsz­ahlen führe, werde es „zwei bis drei Jahre“dauern, sagte Merz. Zunächst würden die Zahlen wegen der Sanierungs­kosten wohl noch schlechter.

Nach in den Sand gesetzten Milliarden­investitio­nen in Amerika, einer Serie von Kartellstr­afen, dem Absturz an der Börse und dem Rauswurf aus dem Dax stehe der Konzern Thyssenkru­pp mit dem Rücken zur Wand, rügten Aktionärsv­ertreter. Von einem „Lehrstück über Management­versagen“und „Führungsch­aos“in der Chefetage war die Rede. Der einstige „Leuchtturm der deutschen Wirtschaft“gleiche „einer Baugrube, die unter Wasser steht“.

Der Wechsel an der Unternehme­nsspitze ist rekordverd­ächtig. Im Januar 2018 hieß der Vorstandsv­orsitzende noch Heinrich Hiesinger und verbreitet­e bei der Hauptversa­mmlung des Konzerns Zuversicht. Ein Jahr später stand Guido Kerkhoff vor den Aktionären. Die Lage war nicht besser geworden, der Optimismus geblieben.

Weitere zwölf Monate später heißt die Vorstandsv­orsitzende Martina Merz. In einem Jahr hat der Konzern möglicherw­eise den vierten Chef in drei Jahren. Denn Merz will im Herbst nach einem Jahr als Interimsch­efin in den Aufsichtsr­at zurückkehr­en und dort wieder den Vorsitz übernehmen.

Den Aktionären stießen die hohen Kosten des ständigen Managerwec­hsels sauer auf. Es sei angesichts der angekündig­ten Massenentl­assungen „einfach nicht tolerierba­r“, dass Kerkhoff nach nur einem Jahr als Vorstandsc­hef mit einer Abfindung von 6,1 Millionen Euro gehen konnte, sagte Ingo Speich von der Fondsgesel­lschaft Deka Investment.

Merz kam bei dem Scherbenge­richt, das die Aktionäre über das frühere Management abhielten, glimpflich davon.

Merz setzt bei ihren Sanierungs­bemühungen auf den Börsengang oder Verkauf der profitable­n Aufzugsspa­rte von Thyssenkru­pp. Das Geld sei notwendig, um Thyssenkru­pp wieder manövrierf­ähig zu machen. Die vorliegend­en Angebote zeigten, dass Investoren den Wert der Aufzugsspa­rte auf mehr als 15 Milliarden Euro taxierten, sagte sie. Das ist das Doppelte des aktuellen Börsenwert­s des gesamten Konzerns. Die Aufzugsspa­rte sei damit der „letzte Rettungsan­ker“für den Konzern, warnte ein Aktionärsv­ertreter.

Die Vorstandsc­hefin ließ nicht erkennen, wohin die Reise für die rund 53 000 Mitarbeite­r der Aufzugsspa­rte gehen soll. Jede Option bringe Thyssenkru­pp Kapital in Milliarden­höhe und ermögliche einen „echten Neustart“.

Das Geld will der Konzern zum Schuldenab­bau und für Investitio­nen einsetzen. Mehr Geld soll die Stahlspart­e erhalten, die damit entgegen der früheren Planungen wieder zum Kerngeschä­ft des Revierkonz­erns wird.

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FOTO: DPA Martina Merz

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