Geld für Wirtshäuser, Arztpraxen und Dorfläden
Baden-Württemberg fördert Gemeinden und Initiativen auf dem Land mit Rekordsumme
G- Wie bleibt das Leben auf dem Land attraktiv? Eine Antwort darauf sollen mehr als 26 000 Projekte liefern, die das Land seit 1995 mit Millionenbeträgen fördert. Zum 25. Jubiläum fließen 90 Millionen Euro an Gemeinden auf dem Land – so viel wie nie zuvor.
Vom Sturm „Sabine“ausgebremst konnte Agrarminister Peter Hauk (CDU) den Rekord nicht selbst in Stuttgart verkünden, eine Mitteilung lieferte stattdessen die Fakten. Die 90 Millionen Euro des „Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum“(ELR) gehen an rund 1500 Projekte in mehr als 480 Gemeinden.
12,6 Milliarden Euro in 25 Jahren
5,2 Millionen Euro fließen in den Landkreis Sigmaringen, fast fünf Millionen in den Alb-Donau-Kreis, 4,9 Millionen nach Biberach, 4,66 Millionen Euro nach Ravensburg, 4,1 Millionen Euro in den Ostalbkreis, 2,7 Euro nach Tuttlingen 1,5 Millionen Euro an den Bodensee.
Das Geld können Gemeinden, Personen und Firmen beantragen. In den vergangenen Jahren profitierten etwa ein Hotel in Eglofs, eine Dorfgaststätte in Amstetten, sowie ein Dorfgemeinschaftshaus in Kolbingen. Auch Unternehmen, die Jobs im ländlichen Raum erhalten, bekommen Geld aus diesem Fördertopf.
Das Geld fließt stets zusätzlich, die Antragsteller legen aus eigener Tasche weitere Beträge obendrauf. So löst das ELR in diesem Jahr Investitionen von rund 730 Millionen Euro in ländlichen Gebieten aus, ein Plus von mehr als 100 Millionen im Vergleich zum Vorjahr. Es sorgte seit 1995 für Investitionen von 12,6 Milliarden Euro.
Das Programm hat vier Schwerpunkte. Neu dazu gekommen sind Dorfgaststätten, in deren Förderung rund fünf Millionen Euro fließen. Die Wirtshäuser haben es immer schwerer, zu überleben. Im Landkreis
Sigmaringen hat zum Beispiel jedes fünfte Gasthaus zwischen 2008 und 2017 geschlossen. Nicht viel besser sieht es im Kreis Ravensburg aus, sogar noch etwas schlechter im AlbDonau-Kreis. In Biberach, am Bodensee und auf der Ostalb traf dieses Schicksal immer noch jeden zehnten Gasthof. Vor allem die Personalnot macht den Betrieben zu schaffen.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Grundversorgung – also etwa Dorfläden, Arztpraxen oder Metzgereien. Dazu kommen 41 Schwerpunktgemeinden, die besonderen Förderbedarf haben.
Das meiste Geld, nämlich rund die Hälfte, bekommen nach wie vor Projekte im Wohnungsbau. Hier belohnt das Land besonders Bauherren, die Holz nutzen. Die oppositionelle FDP kritisiert, das Land setze falsche Schwerpunkte. Der Salemer Abgeordnete Klaus Hoher sagte am Montag: „So bleibt gerade in kleineren Landkreisen kaum noch etwas für die wichtigen Förderbereiche Arbeiten und Grundversorgung in der Fläche übrig.“
Kritik von FDP und SPD
Mancherorts sei es wichtiger, alteingesessenen Mittelständlern das Bleiben im Ort schmackhaft zu machen, als einige Wohnungen zu schaffen. „Wer will, dass junge Leute auf dem Land bleiben und Dörfer nicht zu reinen Schlafstätten verkommen, der muss vor allem die Entwicklung des Gewerbes samt Ausbildungs- und Arbeitsplätzen im Blick behalten“, sagte der FDP-Abgeordnete.
„Wenn die CDU so viel Energie in modernen Mobilfunk und die Bekämpfung des Landärztemangels gesteckt hätte wie in die Rettung der Dorfgaststätten, wäre für die Zukunft des Ländlichen Raums viel erreicht“, moniert der SPD-Politiker Jonas Weber. Hier hinke das Land hinterher. „Mit dramatischen Folgen, etwa für die Alarmierung von Rettungskräften“, sagt Weber mit Blick auf Funklöcher.