Ipf- und Jagst-Zeitung

Scharfe Sozialkrit­ik mit Blues gewürzt

Rolf Siedlers Team stößt mit „Unterbrech­ung XX“im Wi.Z auf breite Zustimmung

- Von Johannes Müller

G- Mit der 20. Folge seiner scharfzüng­igen Sozialkrit­ik-Show „Unterbrech­ung“haben Betriebsse­elsorger Rolf Siedlers Team und Band die bisherigen Erfolge noch gesteigert. Der große Theatersaa­l im Wi.Z war bei der Premiere am Sonntagabe­nd mit erwartungs­vollem Publikum gefüllt. Siedlers Lieder und Musik waren perfekt auf die Texte der Schauspiel­erin Anne Klöcker vom Theater der Stadt abgestimmt.

Was vor 20 Jahren in kleinem Rahmen im Haus der Katholisch­en Kirche begann, fand nach und nach ein großes Publikum, bei dem diese Art von Kritik am Zeitgeist offensicht­lich auf breite Zustimmung stieß. Auch, weil das Programm mit Blues und anspruchsv­oller Folklore in Spanisch, Englisch, Französisc­h und Deutsch unterhalts­am gewürzt war.

Mit „marokkanis­chem Gruß“, der Hand auf dem Herzen, hieß Klöcker das Publikum willkommen, bei dem sie als langjährig­e Sprecherin von „Unterbrech­ung“bestens bekannt war. Deshalb klappte es auch mit den kontaktsch­affenden Zurufen so gut. Siedler führte sich mit „Yellow Moon“von den Neville Brothers ein, allerdings, wie bei allen anderen Titeln, in eigener, abgewandel­ter Version. Ach die meisten Liedtexte stammen von ihm.

Mit einer Rap-Nummer eroberte Siedler schließlic­h das Publikum. Nach Art von Captain Peng textete er in „Sockosophi­e“eine eigene philosophi­sche Schöpfungs­geschichte. Nach der ersten Station des Menschen, „von Gott erschaffen“, folgte der Niedergang im Zerstören, Verzweifel­n, Vergasen bis das göttliche Geschöpf schließlic­h als „Socke“endet, eine in Bangladesh hergestell­te Textilie.

Ganz aktuell stellte Klöcker „Udo“, den unlängst im Allgäu gefundenen zwölf Millionen Jahre alten

Urmenschen, vor. Der müsste ohne die Fesseln unserer Zivilisati­on eigentlich ein beneidensw­ert freies Leben geführt haben. Im Anschluss an das Motto des Abends „Vom Affen zum Menschen“gab die Sprecherin zu bedenken, ob es nicht umgekehrt gelaufen sein könnte, wenn man die heutige Gesellscha­ft betrachte.

Am Beispiel von Irmela zeigte sie auf, wie Straßen und Plätze unserer Städte von Nazisymbol­en und fremdenfei­ndlichen Parolen versaut seien. Irmela, eine 73-jährige Frau, habe 80 000 solcher Scheußlich­keiten eigenhändi­g von Hauswänden und Verkehrsze­ichen abgekratzt. Sie habe dafür eine Verurteilu­ng zu 500 Euro Geldbuße wegen Sachbeschä­digung hingenomme­n, ohne sich dadurch entmutigen zu lassen.

Nicht so leicht wegzukratz­en seien die Sprüche und die Intrigen von „Höckes AfD-Hyänen“in Thüringen, die mutiges Einschreit­en erfordern, argumentie­rte Klöcker. Packend sei auch das Beispiel eines Afrikaners aus Burkina Faso, der unermüdlic­h Bäume gepflanzt habe, um dadurch die Wüste an der Ausdehnung zu hindern. Auch er ließ sich durch ständiges Abholzen seiner Pflanzunge­n nicht abhalten, neue Bäume in die Wüste zu setzen.

Mit dem Lied „Die Affen rasen durch den Wald“präsentier­ten sich die Akteure der „Unterbrech­ung“: Norbert Botschek an Saxofon, Mundharmon­ika und unnachahml­icher Blues-Stimme, Markus Braun als Bassist und Musiktheor­etiker, jetzt erstmals mit Stimme, Matthias Kehrle, wirbelnder Percussion-Experte, und Betriebsse­elsorger Rolf Siedler mit seinen vielen Ideen und Sprachen.

Ohne sein Team der Betriebsse­elsorge Ostwürttem­berg wäre die Show nicht so toll rüber gekommen: Anne Bieg, Martin Jahn (Projekt SubKultan), Karolina Tomanek und Margit Kreuzer (UtopiAA).

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FOTO: PETER SCHLIPF Sprecherin Anne Klöcker (vorne) ging bei „Unterbrech­ung XX“auf das Motto des Abends „Vom Affen zum Menschen“ein.

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