Coronavirus lässt selbst Olympia wackeln
Tischtennis-WM wird verschoben, Serie A plant Geisterspiele, auch die Spiele in Tokio sind nicht mehr sicher
(dpa/SID) - Absage der Tischtennis-WM, Fußball vor leeren Rängen in Mailand, und hinter Olympia steht zumindest ein kleines Fragezeichen: Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus bereitet der Sportwelt zunehmend Sorgen.
IOC-Mitglied Richard Pound schätzt, dass es noch ein dreimonatiges Zeitfenster für eine Entscheidung über eine Absage der Olympischen Spiele gibt. „Es ist eine große, große, große Entscheidung, und man kann sie erst treffen, wenn man verlässliche Fakten hat, auf die man sich stützen kann“, sagte das dienstälteste Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, während das IOC offiziell noch mit Phrasen beschwichtigt.
Die Tokio-Spiele stehen in 150 Tagen an. In Japan spitzt sich derweil die Lage zu. Die nächsten ein bis zwei Wochen seien eine „kritische Phase“, ob sich das Virus verbreite oder nicht. Es sei „extrem wichtig“, die Zahl der Infizierten einzudämmen, um eine Epidemie
in Japan zu verhindern, erklärten medizinische Experten des Landes.
Am Dienstag gab der TischtennisWeltverband bekannt, dass die für Ende März geplante Team-WM im südkoreanischen Busan um mindestens drei Monate auf zunächst einmal Ende Juni verschoben wird. Der Sportdirektor des Deutschen Tischtennis-Bundes, Richard Prause, sprach von einer „guten Maßnahme“. „Die Gesundheit steht über allem, man will sich keinen Risiken aussetzen. Darum gibt es zur Verschiebung keine Alternative.“Südkorea ist das nach China am stärksten von dem Sars-CoV-2-Virus betroffene Land. Prause hätte die WM wegen der Kollision mit Olympia aber auf einen späteren Termin gesetzt. „Durch eine WM Ende Juni müssten unsere Spieler zwei Höhepunkte innerhalb von sechs Wochen absolvieren. Das ist eine extreme Belastung.“Die auch die Nationalspieler der TTF Ochsenhausen und des TTC Neu-Ulm betrifft oder die der Düsseldorfer um Timo
Boll. Sie alle haben nach dem nächsten Bundesligaspiel nun einen Monat Pause, ohne dass eine WM stattfindet, erst dann findet der letzte Spieltag statt, ehe die Playoffs im Schnelldurchgang durchgezogen werden. „Wir müssen jetzt neue Pläne schmieden, eine schwierige Situation“, sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf.
Die italienische Regierung hat wegen der Coronavirus-Epidemie die komplette Aussetzung von Sportveranstaltungen in fünf norditalienischen Regionen beschlossen. Die zunächst bis zum 1. März gültige Verordnung
betrifft die Lombardei, Venetien, Emilia-Romagna, Friaul-Julisch Venetien und das Piemont. Einige Events dürfen stattfinden, allerdings ohne Zuschauer – etwa das heutige EuropaLeague-Spiel von Inter Mailand gegen Ludogorets Rasgrad, das im leeren San-Siro-Stadion ausgetragen wird, wie der Club nach Abstimmung mit der UEFA mitteilte. Mailand liegt in der besonders betroffenen Region Lombardei. Auch das Serie-A-Match am Sonntag zwischen dem AC Mailand und Genua findet als Geisterspiel statt, am Wochenende waren noch vier Partien abgesagt worden. Der Präsident der Serie A, Paolo Dal Pino, bat die Regierung derweil, nicht alle Liga-Partien in den vom Coronavirus betroffenen Gebieten verlegen zu müssen. Ob das Spitzenspiel zwischen Juventus Turin und Inter Mailand am Wochenende stattfindet, ist noch fraglich.
In Deutschland hält Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer Absagen zurzeit nicht für notwendig. „Niemand kann seriös prognostizieren, wie die Lage in einer oder zwei Wochen sein wird“, sagte er in einem DFB-Interview. „Aktuell wäre dieses Mittel bei uns wohl übertrieben, da die Fälle in Deutschland bekannt und unter Kontrolle sind.“Die DFL beobachtet die Lage.
Die japanische J-League entschied sich dagegen wie jene in Südkorea, alle bis Mitte März geplanten Spiele zu verschieben. Die Liga war erst am Wochenende mit dem ersten Spieltag in die Saison gestartet.
Die Liste der wegen des Virus abgesagten Sportevents wächst also. Darunter befanden sich bereits die Hallen-WM der Leichtathleten in Nanjing, die Weltcup-Skirennen in Yanqing, das internationale Reitturnier in Hongkong und der Große Preis von China der Formel 1. Unklar ist, ob die alpinen Ski-Weltcup-Rennen der Frauen am Wochenende wie geplant im italienischen La Thuile stattfinden.
„Niemand kann seriös prognostizieren, wie die Lage in einer oder zwei Wochen sein wird.“Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer über mögliche Absagen von Bundesligaspielen