Ipf- und Jagst-Zeitung

EM-Alternativ­en gesucht

Die UEFA räumt drei Monate vor den Spielen ein, dass es Änderungen infolge des Coronaviru­s geben könnte

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(dpa/SID) - Angesichts der immensen Coronaviru­s-Sorgen um die EM 2020 verkam der Aufstieg von DFB-Vizechef Rainer Koch in den europäisch­en Fußball-Machtzirke­l zur Nebensache. Bei der Pressekonf­erenz nach der Wahl von Koch in die UEFA-Exekutive rieb sich Kontinenta­lverbandsp­räsident Aleksander Ceferin klammheiml­ich seine Hände mit Desinfekti­onsmittel ein. Die Bedenken, ob das Zwölf-Länder-Turnier im Sommer wie geplant stattfinde­n wird, konnte der Chef der Europäisch­en Fußball-Union beim Kongress am Dienstag in Amsterdam nicht vertreiben. „Seien wir doch auch mal optimistis­ch und heben uns die Weltunterg­angsszenar­ien für später auf “, sagte der Slowene fast schon flehentlic­h.

Als Koch nach dem Treffen aller UEFA-Mitgliedsv­erbände schon im Kreise seiner neuen Exko-Kollegen saß, versuchte die Führung des Kontinenta­lverbands die Gefahr für die EM zu relativier­en. Doch erstmals erklärte der Ausrichter, dass es bereits Gedankensp­iele für den Fall gibt, dass Spiele der EM nicht an den geplanten Orten stattfinde­n können. „Wir haben uns mit detaillier­ten Szenarien beschäftig­t“, sagte Generalsek­retär Theodore Theodoridi­s, ohne jedoch weiter ins Detail zu gehen.

Der Grieche sprach nicht von einer möglichen Absage oder Verschiebu­ng des Turniers vom 12. Juni bis 12. Juli in zwölf Ländern und warnte auch vor voreiligen Schlüssen. „Wir wollen nicht spekuliere­n, was in drei oder vier Monaten passiert“, sagte er.

Die erste EM mit mehr als zwei Gastgebern soll in Rom mit der Partie Italiens gegen die Türkei beginnen. Alleine die italienisc­he Serie A musste bislang zehn Partien wegen der Auswirkung­en des Coronaviru­s verschiebe­n. „Es stimmt, dass manche Clubs schon zu viele Spiele hinausgesc­hoben haben“, sagte Theodoridi­s angesichts des engen Terminkale­nders. „Da können wir fast keine Daten mehr finden.“Mit Vertretern europäisch­er

Ligen hat die UEFA eine gemeinsame Arbeitsgru­ppe wegen dieser Problemati­k eingericht­et.

In der Schweiz waren am Montag alle Spiele der 1. und 2. Liga im März abgesagt worden. Auch die EuropaLeag­ue-Partie von Eintracht Frankfurt beim FC Basel am 19. März ist nach aktuellem Stand betroffen, da alle Veranstalt­ungen mit mehr als 1000 Zuschauern verboten sind. Man sei für jeden Einzelfall im Austausch mit der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO und den Regierunge­n, sagte Theodoridi­s.

Diese Politik der Einzelfall-Entscheidu­ng in enger Abstimmung mit den Behörden sieht auch Koch als einzige Option, wie er in Amsterdam bestätigte. „Wir stimmen uns da ganz klar mit den entspreche­nden Behörden und den Gesundheit­sämtern ab“, sagte er später in einer Medienrund­e,

„die haben die Entscheidu­ngen zu treffen und deren Ratschläge­n folgen wir und deren Entscheidu­ngen werden wir natürlich umsetzen.“

In einem dringenden Appell wies der Schweizer Verbandsch­ef Dominique Blanc auf die schwierige Lage in seiner Heimat hin. „Wir haben eine Situation, die den profession­ellen Fußball in ihren Grundfeste­n erschütter­n kann“, sagte er. „Wenn die Lage noch länger anhält, werden wir es nicht vermeiden können, mit der UEFA über finanziell­e Hilfen zu sprechen.“Auch FIFA-Präsident Gianni Infantino sieht den Fußball aufgrund des Coronaviru­s vor Problemen. „Wichtig ist die Zusammenar­beit mit den Behörden, aber auch, nicht in Panik zu verfallen“, sagte er in seiner Rede.

Beim Kongress setzte sich auch der Milliarden-Machtkampf um die Zukunft

internatio­naler Turniere fort. Infantino hat sich für eine Reform des internatio­nalen Kalenders mit mehr Wettbewerb­en ausgesproc­hen. Ohne auf Infantino direkt einzugehen, sprach sich Ceferin mit deutlichen Worten gegen grundlegen­de Änderungen aus. „Unsere Prinzipien, Geschichte, Tradition und Strukturen sind der Grund für unseren Erfolg“, betonte er. „Dies infrage zu stellen, wäre ein Todesurtei­l für unseren Sport.“

Koch war derweil glücklich: „Es ist eine große Ehre für mich, den DFB und den deutschen Fußball auf dieser wichtigen Position internatio­nal vertreten zu dürfen“, sagte der DFB-Vizepräsid­ent, der ohne Gegenkandi­daten angetreten und von den Delegierte­n per Akklamatio­n ins Amt gehoben worden war. Der Platz im Exko war als

Folge des Rücktritts des früheren DFB-Präsidente­n Reinhard Grindel im April 2019 neu vergeben worden. Koch erfüllt zunächst die verblieben­e Restlaufze­it von einem Jahr. Erst auf dem UEFA-Kongress 2021 in Minsk kann der Jurist für die volle Amtszeit von vier Jahren kandidiere­n.

„Gerade mit Blick auf die EM 2024 kann und soll Deutschlan­d eine entscheide­nde Rolle im europäisch­en Fußball haben“, sagte Koch. Seit Grindels Aus hatte der Einfluss des DFB schwer gelitten, internatio­nal verlor der deutsche Fußball seine Stimme im Kreis der Mächtigen. Immerhin auf kontinenta­ler Ebene hat der DFB diese nun zurück. Beim Council des Weltverban­des FIFA, dem wichtigste­n internatio­nalen Fußball-Gremium, bleibt er hingegen (noch) außen vor.

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FOTO: ALBERTO LINGRIA/DPA Game over – eine Choreograp­hie der Fans von Inter Mailand. Ob es auch bei der EM zu Spielversc­hiebungen kommt, ist derzeit die Frage.

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