Ipf- und Jagst-Zeitung

Den Demokraten steht ein turbulente­r Zweikampf bevor

Joe Biden ist der Sieger des Super Tuesdays bei den US-Vorwahlen – Dafür gibt es mehrere Gründe

- Von Frank Herrmann

G- Im Glücksgefü­hl schoss Joe Biden dann doch ein wenig übers Ziel hinaus. „Man hat mir gesagt, nach dem Super Tuesday ist es für dich vorbei. Nun, vielleicht ist es jetzt für den anderen Burschen vorbei“, rief er seinen Anhängern am Abend der Wahl in einer Basketball­halle in Los Angeles zu.

Mit dem anderen Burschen war Bernie Sanders gemeint: der Linkspolit­iker, der gehofft hatte, im Kampf um die demokratis­che Präsidents­chaftskand­idatur eine Vorentsche­idung zu erzwingen – also so viele Delegierte­nmandate einzusamme­ln, dass er kaum noch einzuholen wäre. Biden hat ihn nicht davonziehe­n lassen. Er hat sich zurückgekä­mpft, viel überzeugen­der, als es die Meinungsfo­rscher noch vor einer Woche für möglich gehalten hatten. Seit dem Super-Dienstag, an dem in 14 Bundesstaa­ten Vorwahlen stattfande­n, ist er unangefoch­ten der Kandidat, auf den sich der moderate Parteiflüg­el geeinigt hat, um dem demokratis­chen Sozialiste­n Sanders Paroli zu bieten. Von nun an wird sich der 77Jährige ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem 78 Jahre alten Rivalen liefern. Sanders wiederum hat keinerlei Grund, das Handtuch zu werfen – auch wenn Biden in der Euphorie des Moments genau dieses Szenario an die Wand malte.

Wie schon am Samstag in South Carolina hat der ehemalige Vizepräsid­ent in Staaten gewonnen, in denen Afroamerik­aner an der Basis der Demokraten die Mehrheit bilden oder zumindest eine gewichtige Größe sind. In Alabama, Arkansas, North Carolina, Tennessee und Virginia entschied er das Duell gegen den linken Senator aus dem Nordosten der

USA eindeutig für sich. Zudem profitiert­e er davon, dass seine vormaligen Kontrahent­en Pete Buttigieg und Amy Klobuchar, die für eine ähnlich pragmatisc­he Politik stehen wie er, nicht nur die Segel gestrichen haben – sondern Biden auch explizit zur Wahl empfohlen haben.

Dem Schultersc­hluss hat Biden weitere Überraschu­ngscoups zu verdanken, den ersten Platz in Minnesota, der Heimat Klobuchars, wie auch den Sieg im Texas, wo ihm der charismati­sche Ex-Abgeordnet­e Beto O‘Rourke in letzter Minute den Rücken stärkte.

Sein schärfster Widersache­r gewann – außer in seinem Heimatstaa­t Vermont – in Colorado und Utah. Auch in Kalifornie­n, wo erst in einigen Tagen mit einem Endergebni­s zu rechnen ist, lag Sanders vorn. Allein im Golden State am Pazifik waren 415 Delegierte­nmandate für den Nominierun­gsparteita­g

zu vergeben, mehr als irgendwo sonst.

Sanders könnte Bidens Vorteil also noch ausgleiche­n. Seine Hausmacht bilden Latinos, in Kalifornie­n überpropor­tional vertreten, Unter-40-Jährige und naturgemäß linke Demokraten. Allerdings, auch das offenbarte der Super Tuesday, ist es ihm bislang kaum gelungen, diese Basis zu erweitern.

Nächste Woche, bei der Primary in Michigan, der ersten im Rostgürtel der alten Industrie, hofft Sanders, Biden in einem Milieu zu besiegen, in dem eine frustriert­e Arbeitersc­haft noch immer mit Freihandel­sabkommen hadert, gegen die er selber jahrelang angeredet hatte. Kein Wunder, dass Sanders noch in der Wahlnacht seine Polemik verschärft­e. Als Senator, rief er in Erinnerung, habe Biden nicht nur „für den Krieg im Irak“, sondern auch für „desaströse“

Handelsver­träge gestimmt, in deren Folge Millionen von Amerikaner­n gut bezahlte Jobs verloren hätten. Denkbar ist nun, dass sich das Kräftemess­en zwischen den beiden Veteranen bis zum Sommer hinzieht, keiner von beiden die absolute Mehrheit der Delegierte­n erreicht – und dass im Juli in Milwaukee zum ersten Mal seit 1952 ein Nominierun­gskongress im Zeichen turbulente­r Kampfabsti­mmungen steht.

Einer, der bis zum Schluss durchhalte­n wollte, ist nicht mehr dabei. Michael Bloomberg hat mehr als 500 Millionen Dollar für Wahlwerbun­g ausgegeben, in der Hoffnung, am Dienstag groß aufzutrump­fen. Tatsächlic­h fand er bestätigt, was ihm seine Gegner seit Wochen unter die Nase reiben: Eine Wahl kann man nicht einfach kaufen. Am Mittwoch zog sich der Ex-Bürgermeis­ter New Yorks aus dem Rennen zurück.

 ??  ?? Demosaurie­r-Rennen
Demosaurie­r-Rennen

Newspapers in German

Newspapers from Germany