Maman nimmt es nicht so genau mit der Wahrheit
„La Vérité“ist leichtfüßiges französisches Kino mit Catherine Deneuve, Juliette Binoche und Ethan Hawke
GWenn sich ein japanischer Kultregisseur mit den Schauspielerinnen Catherine Deneuve und Juliette Binoche zusammentut, um ihnen einen grimassierenden Ethan Hawke beizugesellen, dann erwarten einen 100 kurzweilige Kinominuten.
Seit ein paar Jahren schon zählt man den Japaner Hirokazu Kore-eda zu den großen und wichtigen Regisseuren des Weltkinos. Mit seinem 2018 in Cannes mit der Goldenen Palme prämierten und viel besprochenen „Shoplifters“, realistischen Blick auf eine Tokioter Patchwork-Familie, vermochte Kore-eda auch in Europa seine Bekanntheit zu mehren. Auch in „La Vérité“geht es um eine bunt zusammengewürfelte, diesmal in Paris angesiedelte Familie, zu der der US-Schauspieler Ethan Hawke und die beiden französischen Kinostars Catherine Deneuve und Juliette Binoche
gehören. Binoche spielt Lumir. Die Drehbuchautorin ist mit ihrem Mann Hank (Ethan Hawke) und ihrer Tochter extra aus New York nach Paris gekommen, weil ihre Mutter,
die berühmte Schauspielerin, natürlich von der Deneuve gespielt, ihre Memoiren veröffentlicht. Dass die es in den Erinnerungen nicht so genau nimmt mit der Wahrheit, das ist schnell Thema zwischen ihr und der Tochter. So behauptet Fabienne in den Erinnerungen, Lumir früher von der Schule abgeholt zu haben, woran sich diese partout nicht erinnern kann.
Ehemann Hank hält sich dezent im Hintergrund, darf aber den Wein auswählen fürs Abendessen in der Villa Fabiennes. Und auch die Schildkröte im Garten ist Thema: Es handle sich dabei, so erklärt man der verdutzten Enkelin, um ihren verzauberten Opa. Dass dieser irgendwann dann doch in Menschenform auftaucht, macht die Sache nicht eben einfacher.
Gäbe es einen Preis für die zurückhaltendste und zugleich charismatischste Interpretation einer Nebenrolle,
sie gebührte ohne Zweifel Ethan Hawke. Sein Spiel fasziniert. Egal, in welcher Einstellung: Fast immer hält sich Hawke am Rande des Geschehens auf, begleitet dieses aber mit wunderbar vielsagenden, teils grimassierenden Gesichtsausdrücken. Etwa, wenn Deneuve sich mal wieder in Egozentrismen und Eitelkeiten ergeht.
Wirklich Substanzielles sucht man in dieser, alles in allem leichtfüßigen und vergnüglichen Melange aus Drama und Komödie vergebens. Dafür beweist Kore-eda erneut einen feinen Sinn für Schauspielerführung; auch für Humor und Ironie in diesem selbstreflexiven Film. (dpa)