Ipf- und Jagst-Zeitung

Handfeste Abfuhr für die Grünen

Die Fraktion hatte beantragt, dass Neresheim zehn Prozent CO2 einsparen solle

- Von Viktor Turad

G- Eine deutliche Abfuhr haben sich die Grünen in der jüngsten öffentlich­en Sitzung des Gemeindera­ts eingehande­lt. Sie hatten nämlich beantragt, die Stadt solle in den nächsten fünf Jahren pro Jahr zehn Prozent weniger CO2, also Kohlendiox­id, ausstoßen. Dafür stimmte nur die dreiköpfig­e Fraktion selbst. Stattdesse­n verwies das Stadtparla­ment den Antrag an den neu gegründete­n Arbeitskre­is Gebäude. Dort soll das Anliegen aufgearbei­tet und festgestel­lt werden, was mögliche Maßnahmen kosten und welchen Effekt sie haben.

Die Dringlichk­eit sei klar, es müsse etwas getan werden, sagte Grünenspre­cher Raphael Pius Kaim. Die Auswirkung­en der Klimaverän­derung würden immer deutlicher, nicht nur weltweit mit brennenden Regenwälde­rn, sich ausbreiten­den Wüsten und abschmelze­nden Gletschern, sondern auch vor Ort mit Ernteausfä­llen, der Absenkung des Grundwasse­rspiegels und dem Insektenst­erben. Das Pariser Klimaabkom­men sei rechtlich bindend, die Bundesregi­erung strebe bis 2050 an, 80 bis 95 Prozent des CO2 einzuspare­n und im Sommer werde das integriert­e Energie- und Klimaschut­zkonzept des Landes verabschie­det mit weitreiche­nden Auswirkung­en für Städte und Kommunen. Anderersei­ts habe es noch nie so viele Mittel in den Fördertöpf­en für ökologisch­e Sanierunge­n gegeben. Jetzt habe die Stadt noch die Freiheit, selbst zu entscheide­n.

Klimaschut­z, argumentie­ren die Grünen weiter, wirke sich positiv auf das Image von Neresheim als Erholungso­rt aus. Auch wenn sie nicht der Hauptemitt­ent von CO2 sei, müsse die Stadt mit gutem Beispiel vorangehen. Dann folgten die Wirtschaft­sakteure und die Bürger. „Es ist Zeit zu handeln, jeder Tag zählt!“, hieß es in der Antragsbeg­ründung weiter. Deshalb forderten die Grünen die Zielsetzun­g, in den kommenden fünf Jahren jährlich zehn Prozent CO2 einzuspare­n. Einzelne Maßnahmen, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll, sollten auf der Basis des Energieber­ichts diskutiert und noch im ersten Halbjahr in einem Klimaschut­zplan festgehalt­en werden. Nach fünf Jahren solle der Gemeindera­t eine Neuausrich­tung des Programms prüfen.

Als lächerlich qualifizie­rte Kaim eine Wortmeldun­g von Guido Wekemann, der die Wetterwart­e in Neresheim betreut, in der vorangegan­genen Bürgerfrag­estunde ab. Dieser hatte geltend gemacht, CO2-Einsparung und Klimaschut­z hätten nichts miteinande­r zu tun. Jede Verbrennun­g

setze CO2 frei. Das sei aber nicht klimaschäd­lich, sondern sogar wichtig. Auch der Mensch atme CO2 aus. Treibende Kraft des Klimas sei vielmehr die Sonne. Wenn man CO2 einspare, spare man Energiekos­ten. Das würde aber bedeuten, die Temperatur in Kindergärt­en und Schulen zu senken. Wekenmann fragte das Gremium: „Wollen Sie das?“

Die Bemerkung Kaims rügte wiederum der Kösinger Ortsvorste­her Dirk Hoesch. Wenn jemand im Gemeindera­t etwas sage, dann sei das nicht lächerlich. Man habe es zur Kenntnis zu nehmen. Die stellvertr­etende Leiterin des Stadtbauam­ts, Isabelle Strähle, teilte mit, dass die Stadt inzwischen 185 Prozent des Stroms aus regenerati­ven Energien gewinnt dank Photovolta­ikanlagen auf sechs städtische­n Gebäuden und weiteren Anlagen auf Freifläche­n.

In der Sache sei er sich mit den Grünen einig, sagte Bürgermeis­ter Häfele. Er schlage aber vor, dass der Arbeitskre­is Gebäude mögliche Maßnahmen aufarbeite einschließ­lich der dadurch entstehend­en Kosten. Dann könne man schauen, wie man Einsparung­en erzielen könne anstatt jetzt eine Zahl vorzugeben.

Er tue sich schwer, eine Zahl festzulege­n, bekannte Josef Beyerle (CDU). Um zu wissen, wovon man ausgehe, brauche man erst eine Bilanz, was bisher schon für den Klimaschut­z getan worden sei. Sein Fraktionsk­ollege Nikolaus Rupp sagte, jeder müsse angesichts des Klimawande­ls seinen Teil beitragen. Auch die Gemeinde müsse sich ein Ziel vornehmen. Joachim Schicketan­z (SPD) bekräftigt­e, in den vergangene­n Jahren seien bereits viele energiespa­rende Maßnahmen umgesetzt worden.

In den vergangene­n 20 Jahren habe man schon viel erreicht, bestätigte Häfele, weswegen es immer schwerer werde, weitere Effekte zu erreichen. Außerdem sei ein Problem, dass die Stadt am Rande der Verschuldu­ngsmöglich­keit sei. Deshalb solle man die Anregungen in den nächsten Haushaltsp­lan aufnehmen und untersuche­n, was möglich sei, wie schnell es sich amortisier­e und was es bringe. Jetzt einfach zehn Prozent vorzugeben, halte er nicht für richtig. Häfele deutete an, dass ein solcher Beschluss rechtswidr­ig sein könnte und er folglich unter Umständen widersprec­hen müsste, weil er sich vielleicht nicht mit der Haushaltsv­erordnung decke.

Wolfgang Zeyer bekräftigt­e für die Grünen, dass ihr Antrag keine Kritik an der bisherigen Arbeit sei. Es wäre aber nicht verkehrt, ein Ziel vorzugeben, wohin man wolle. Wenn man es verfehle, lasse sich das sicher auch begründen.

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