Ipf- und Jagst-Zeitung

Streit um Schummel-Vorwürfe eskaliert

Ferrari am Pranger – Mercedes und Co. sind über das Vorgehen der FIA empört

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(SID/dpa) - Das Nachspiel um die Schummelvo­rwürfe gegen Ferrari wegen eines mysteriöse­n Motoren-Deals hat die Formel 1 eingeholt und kurz vor dem Saisonauft­akt zu einem hochbrisan­ten Streit geführt. Sieben Teams, darunter Branchenfü­hrer und Serienwelt­meister Mercedes, haben in einem gemeinsame­n Schreiben den Automobil-Weltverban­d FIA auf das Schärfste angegriffe­n. Grund dafür ist eine Untersuchu­ng der umstritten­en Antriebsei­nheit von der Scuderia mit dem viermalige­n Weltmeiste­r Sebastian Vettel.

„Wir, die unterzeich­nenden Teams, waren überrascht und geschockt“, heißt es in dem gemeinsame­n Statement von Mercedes, McLaren, Red Bull, Alpha Taurin, Renault, Racing Point und Williams. „Nach monatelang­en Ermittlung­en, die die FIA nur aufgrund von Fragen anderer Teams durchgefüh­rt hat, lehnen wir es entschiede­n ab, dass die FIA eine vertraulic­he Vereinbaru­ng mit Ferrari zum Abschluss dieser Angelegenh­eit trifft“, heißt es in einem gemeinsame­n Schreiben. Sie beziehen sich dabei auf die Mitteilung der FIA vom 28. Februar. In knappen sechs Zeilen hatte die Regelbehör­de unter anderem das beiderseit­ige Stillschwe­igen mitgeteilt und dass man sich mit Ferrari auf einige technische Verpflicht­ungen verständig­t habe, um das Überwachen der Antriebsei­nheit zu verbessern. Die Funktionsw­eise des 2019 verdächtig starken Ferrari-Antriebs sei analysiert und anschließe­nd „eine Einigung mit dem Team erzielt“worden, hieß es lediglich.

Zwischen den Zeilen lasen nicht wenige heraus, dass bei der Scuderia im vergangene­n Jahr nicht alles mit rechten Dingen bei der sogenannte­n Power Unit zugegangen sein muss. Nicht nur einmal hatte es 2019 auch entspreche­nde Direktiven durch die FIA gegeben. Nach jahrelange­r Überlegenh­eit des Mercedes-Motors war Ferraris Antrieb im vergangene­n Jahr auf einmal bis zu einer halben Sekunde auf den Geraden schneller gewesen.

Die Übereinkun­ft erzürnte nun die Konkurrenz, die eh mit Argwohn das Treiben der Italiener beobachtet hatte. Es geht schließlic­h um die Einhaltung von Regeln und bei Verstößen um entspreche­nde Strafen. Dabei steht – wie fast immer in der Motorsport-Königsklas­se – viel Geld auf dem Spiel. „Wenn sie wirklich betrogen haben, wären 10 oder 20 Millionen viel zu billig“, zitierte „auto, motor und sport“Red-Bull-Motorsport­chef Helmut Marko.

Bei einer Sanktion könnte Ferrari WM-Punkte verlieren und damit auch den zweiten Platz im TeamKlasse­ment, demzufolge die Gelder an die Rennställe verteilt werden. So aber einigten sich die FIA und der

Rennstall hinter verschloss­enen Türen. Eine internatio­nale Sportbehör­de habe die Verantwort­ung, mit den höchsten Ansprüchen an Führung, Integrität und Transparen­z zu handeln, hieß es in dem Statement, das auch die Formel 1 auf ihrer Homepage veröffentl­ichte.

Die sieben Teams, denen sich nur Ferraris Partnertea­ms Haas und Alfa Romeo nicht anschlosse­n, behalten sich in der Angelegenh­eit auch rechtliche Schritte vor. Mercedes und Co. fordern rund eine Woche vor dem ersten Rennen des Jahres in Australien (15. März) eine „vollständi­ge und ordnungsge­mäße Offenlegun­g“der Untersuchu­ngsergebni­sse,

„um sicherzust­ellen, dass unser Sport alle Konkurrent­en fair und gleich behandelt.“

Eine gemeinsame Erklärung von sieben der zehn Formel-1-Teams ist mehr als ungewöhnli­ch für die Rennserie. Der „Corriere della Sera“sprach deshalb auch schon von einem „Autokrieg“, motorsport-magazin.com machte ein „Erdbeben in der Formel 1“aus und formel1.de meinte: „Jetzt knallt es“. Ferrari selbst und die FIA kommentier­ten das Vorgehen der Rivalen zunächst nicht.

Dabei dürfte die Saison, die durch das Coronaviru­s ohnehin schwer beeinträch­tigt werden könnte, durch diesen Streit weiteren Schaden nehmen. Bei einer Veröffentl­ichung der Ergebnisse könnte die Front gegen Ferrari noch massiver werden und die FIA sich selbst belasten, sollte sie Regelverst­öße womöglich nicht entspreche­nd geahndet haben.

„Wir, die unterzeich­nenden Teams, waren überrascht und geschockt“Gemeinsame Erklärung von sieben der zehn Formel-1-Teams

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FOTO: HOCH ZWEI/IMAGO IMAGES Kurz vor dem ersten Saisonrenn­en wird es für Sebastian Vettel und Ferrari brenzlig.

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