Nur Neuer wird zur Zielscheibe
Das Pokalduell zwischen Schalke und Bayern verläuft friedlich, die Gäste siegen verdient
(SID/dpa) - Als die Schalker Fans Manuel Neuer als „Hurensohn“besangen, pfiff Schiedsrichter Tobias Stieler das Spiel ab. Nicht, weil der Nationaltorwart beleidigt worden, sondern weil die Nachspielzeit abgelaufen war. Dass er anders als Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp behandelt wurde, störte den Weltmeister von 2014 aber nicht. „So gehört sich das – Unterstützung für die Mannschaften und keine Anfeindungen“, sagte der Ex-Schalker nach dem Münchner 1:0 (1:0) im DFB-PokalViertelfinale an alter Wirkungsstätte zur Atmosphäre auf den Rängen.
An Schmähungen – im selben Wortlaut übrigens wie am Samstag gegen Hopp – hat sich Neuer gewöhnt, eine Spielunterbrechung wert sind sie offenbar nicht. „Die gehören mittlerweile irgendwie dazu“, meinte sein Teamkollege Leon Goretzka und bescheinigte den Schalke-Fans sogar „sehr gutes Feingefühl“. Der königsblaue Anhang hatte zwar auf diversen Transparenten Kritik am „dementen“DFB und am eigenen Vorstand geübt, aber auf Hass-Banner gegen Hopp, die möglicherweise zu einem Spielabbruch geführt hätten, verzichtet.
Dem DFB warfen sie im Streit um Kollektivstrafen in der Causa Hopp vor, „uns mit Spielabbrüchen zu erpressen“. Die Schalker Führungsetage, die die Mannschaft schon bei erster Gelegenheit vom Platz holen wollte, habe „nicht nachgedacht“und die Werte des Vereins mit den rassistischen Aussagen des Aufsichtsratschefs Clemens Tönnies im Sommer selbst „verraten“.
Beleidigt wurde nur Neuer – wie in jedem Bayern-Spiel in Gelsenkirchen seit seinem Wechsel 2011. „Da musst du situationsabhängig reagieren“, meinte Schalke-Trainer David Wagner, der die Gesänge nach der Pause und kurz vor Abpfiff „überhaupt gar nicht gehört“hatte, „wir können ja nicht für jedes Wort, jedes Szenario ein Fallbeispiel aufstellen.“
Beim Treffen der beiden Clubs vor dem Spiel mit dem DFB und den Schiedsrichtern sei es nach den Vorfällen am Wochenende um „Deeskalierung und Augenmaß“gegangen, berichtete Schalkes Medienchef Thomas Spiegel: „Das Ziel war nicht, möglichst schnell einzugreifen, sondern ein Fußballspiel durchzuführen und zur Normalität zurückzukehren.“
Neuer ärgerte sich nach dem glanzlosen Arbeitssieg lediglich über die Mauertaktik der Schalker. „Stumpfer Rasen, lange Bälle, hinten reinstellen – Fußball zelebrieren konnte man nicht“, klagte Bayerns Kapitän. Wagner verteidigte die Ausrichtung mit Fünferkette und nur einem Stürmer mit der großen Personalnot und der jüngsten Negativserie von sechs Bundesligaspielen ohne Sieg mit 1:14 Toren. Er deutete an, auch künftig so spielen zu lassen. Nur noch Zuschauer ist für den Rest der Saison Alexander Nübel. Dem künftigen Bayern-Keeper traute Wagner aufgrund der „Umstände mit Vereinswechsel und den ganzen Nebengeräuschen“nicht mehr zu, „sein Potenzial auf den Platz zu bringen“. U21-Nationaltorwart Markus Schubert ersetzte den 23-Jährigen mit einer „absolut fehlerlosen“Leistung, war beim Gegentor durch Joshua Kimmich (40.) machtlos und soll bis zum Saisonende die Nummer 1 bleiben.
„Wir werden jetzt nicht nach jedem Spiel – egal ob es supergut oder superschlecht läuft – eine Torwartdiskussion führen“, kündigte Wagner an. Gleichwohl nahm er Nübel für die Zeit bis zu dessen Abgang in die Pflicht: „Die Erwartung an ihn ist, dass er den jungen Schubert genauso supportet, wie das damals Ralf Fährmann bei ihm super gemacht hat. Ich bin auch ganz fest überzeugt, dass er es macht.“Schalkes Verteidiger Ozan Kabak droht derweil das Saison-Aus wegen einer Verletzung. Der 19-jährige Türke zog sich am Samstag in Köln Querfortsatzfrakturen des zweiten, dritten und vierten Lendenwirbelkörpers zu. Kabak wird neun bis zwölf Wochen lang fehlen.
Bayerns Kimmich erwies sich derweil erneut als unverzichtbarer Allrounder. Diesmal überzeugte der 25Jährige aus Bösingen als Ersatz für den an einem Magen-Darm-Infekt erkrankten Innenverteidiger Jérôme Boateng. „Joshua kann einfach alles. Er hat sich in den letzten Jahren zu einer Persönlichkeit entwickelt“, lobte Salihamidzic, „für mich ist er einer der besten Spieler in Europa.“