Ipf- und Jagst-Zeitung

Surreale Saarbrücke­r

Nach dem Coup gegen Düsseldorf träumt der Viertligis­t vom Pokalfinal­e in Berlin

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(SID) - Aus Tobias Jänicke sprach (noch) nicht der Alkohol, als er seine Pläne für das Endspiel vorlegte. „Im Finale hätte ich gerne die Bayern“, sagte der mit Adrenalin vollgepump­te Torschütze des 1. FC Saarbrücke­n inmitten der ausufernde­n Feierlichk­eiten nach der PokalSensa­tion. Dass der FCS zuvor noch die „kleine Hürde“Halbfinale überspring­en muss, erkannte der Angreifer nur als verschwind­end geringes Problem: „Jetzt wollen wir nach Berlin und den Pott holen – egal, wer kommt. Wir haben Bock auf mehr.“

Zunächst einmal hatten die saarländis­chen Sensations-Kicker aber Bock auf Party. Die Nacht wurde zum Tag gemacht, das Training am Mittwoch gestrichen. Die Sause hatten sich die Spieler auch redlich verdient. Schließlic­h hat der Spitzenrei­ter der Regionalli­ga Südwest durch den Viertelfin­al-Sieg im Elfmetersc­hießen (7:6) gegen Bundesligi­st Fortuna Düsseldorf deutsche Fußballges­chichte geschriebe­n. „Der Wahnsinn! Glückwunsc­h nach Saarbrücke­n! Ich erwarte euch in Berlin!“, twitterte Bundesauße­nminister Heiko Maas, ein überzeugte­r Saarländer. Nie zuvor hatte ein Viertligis­t das Halbfinale des DFB-Pokals erreicht.

„Das ist surreal. Das werden wir wohl erst begreifen, wenn am Sonntag die Auslosung stattfinde­t. Irgendjema­nd da oben hat es extrem gut mit uns gemeint“, sagte FCS-Trainer Lukas Kwasniok – und kündigte eine Feier an, „nach der wir wahrschein­lich nicht mehr wissen, wie der Tag heißt, an dem wir aufwachen“.

Ans Aufwachen dachte auch Daniel Batz. „Meine Finger tun weh. Das bedeutet, dass ich nicht träume“, sagte der überragend­e Torwart der Saarbrücke­r

nach dem bisher besten Spiel seiner Karriere. „Ich kann mich jedenfalls an kein besseres erinnern“, gab der 29-Jährige zu Protokoll. Das verwundert­e nicht. Denn der Keeper zeigte mehrere starke Paraden, hielt einen Strafstoß von Rouwen Hennings (83.) und wehrte im Elfmetersc­hießen gleich vier Bälle ab.

„Das ist ein ganz großer Moment für das Saarland. Wir haben Historisch­es geleistet. Jeder hat sein Herz auf dem Platz gelassen. Dass sich die ganzen Leute hier so freuen, macht mich unglaublic­h stolz“, sagte Batz, der wie Jänicke an die Finalchanc­e glaubt: „Berlin ist nur noch einen Schritt entfernt. Wir haben doch gesehen, was in einem Spiel möglich ist.“

Damit lag Batz („Bier vertrage ich nicht so gut, ich halte mich eher an die Longdrinks“) allerdings falsch. Es war nicht nur ein Spiel. Bei ihrem Siegeszug haben die Saarländer mittlerwei­le zwei Erstligist­en (Düsseldorf, Köln) und zwei Zweitligis­ten (Regensburg, Karlsruhe) aus dem Wettbewerb geworfen. Dabei mussten die Saarbrücke­r stets „auswärts“im kleinen Herrmann-Neuberger-Stadion im benachbart­en Völklingen ran, weil der heimische Ludwigspar­k umgebaut wird.

Durch die Qualifikat­ion für das Halbfinale haben die Saarländer, die zum vierten Mal nach 1957, 1958 und 1985 den Sprung in die Vorschluss­runde geschafft haben, ihre sicheren Pokaleinna­hmen auf 5,4 Millionen Euro gesteigert. Sollte der anvisierte Aufstieg gelingen, kann der Club das Geld in der 3. Liga sicher gut gebrauchen. „Unser großes Ziel bleibt der Aufstieg“, sagte Batz, der mit seinem Team am Samstag in Walldorf halbwegs nüchtern auflaufen will – und fügte augenzwink­ernd an: „Deshalb war es ärgerlich, dass wir es nicht in 90 Minuten geschafft haben ...“

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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Held des Abends: Saarbrücke­ns Torwart Daniel Batz hält insgesamt fünf Elfmeter.

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