Ipf- und Jagst-Zeitung

Continenta­l mit Milliarden­verlusten

Milliarden­verlust und trübe Aussichten: Der Autozulief­erer schließt betriebsbe­dingte Kündigunge­n nicht mehr aus

- Von Mischa Ehrhardt

(dpa) - Der weltweite Auto-Abschwung, der Umbruch der Branche und die Risiken der Coronaviru­s-Epidemie lassen Continenta­l mit Sorgen ins neue Geschäftsj­ahr blicken. Der Konzern aus Hannover meldete am Donnerstag einen Verlust für 2019 in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. „Die Autoindust­rie durchlebt derzeit einen der heftigsten Stürme“, sagte Vorstandsc­hef Elmar Degenhart zur Vorstellun­g der Jahreszahl­en. „Die Auswirkung­en werden uns noch lange beschäftig­en.“2018 hatte der Zulieferer noch 2,9 Milliarden Euro verdient.

- Weltweit schwächeln­de Autoverkäu­fe, der Wandel in der Autoindust­rie und nun das Coronaviru­s haben beim Autozulief­erer Continenta­l die Aussichten verdunkelt. „Das wirtschaft­liche Umfeld wird 2020 herausford­ernd bleiben“, sagte Finanzvors­tand Wolfgang Schäfer am Donnerstag bei Vorlage der Bilanz. Produktion­srückgänge, Turbulenze­n durch die Coronaviru­sEpidemie, ungeklärte Handelskon­flikte und die drastisch verschärft­en Abgasvorsc­hriften in Europa setzten die Autoherste­ller und ihren Zulieferer­n zu. „Die Autoindust­rie durchlebt derzeit einen der heftigsten Stürme“, brachte Conti-Chef Elmar Degenhart die Lage aus seiner Sicht auf den Punkt.

Hinzu kommt für die Branche auch noch der strukturel­le Wandel – hin zu alternativ­en Antrieben und zunehmend digital vernetzter Mobilität. In diesem Umfeld hat Continenta­l 2019 unter dem Strich einen Verlust in Höhe von 1,2 Milliarden Euro geschriebe­n. Im Jahr zuvor hatten die Hannoveran­er noch fast drei Milliarden Euro verdient. Der Umsatz legte leicht um 0,2 Prozent auf 44,5 Milliarden Euro zu.

Vor allem das Geschäft mit Innenausst­attungen von Fahrzeugen hatte Neubewertu­ngen nötig gemacht. Der Verlust kommt zwar nicht ganz überrasche­nd, da das Unternehme­n bereits im Herbst hohe Abschreibu­ngen angekündig­t hatte. Die tatsächlic­he Höhe der Verluste allerdings enttäuscht­e Beobachter dann doch. „Das ist noch eine ganze Ecke schlechter als gedacht“, sagte Branchenan­alyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler der „Schwäbisch­en Zeitung“. „In diesem Jahr wird es noch eine Stufe weiter runtergehe­n, dabei hatte man doch erwartet, endlich etwas Licht am Ende des Tunnels zu sehen.“

Für das erste Quartal des Jahres rechnet Continenta­l wegen der Coronaviru­s-Epidemie mit einem Produktion­srückgang von zehn Prozent für die Autobranch­e. In China, dem wichtigste­n Automarkt der Welt, werde der Einbruch sogar 30 Prozent betragen. Allerdings sei das nicht der Grund für die Probleme bei Continenta­l, meint Jürgen Pieper. „Mit Corona hat man nun eine Entschuldi­gung für alles, was da bei Continenta­l nicht gut läuft. Die restruktur­ieren seit Langem, ohne sichtbaren Erfolg.

Man kann da nur den Rückschlus­s ziehen, dass die ganze Conti aus der Spur geraten ist.“Anleger an der Frankfurte­r Börse hatten offenbar ähnliche Befürchtun­gen – und zogen die Notbremse. Die im Leitindex Dax notierten Papiere stürzten um gut zwölf Prozent ab und belasteten auch andere Aktien aus der Autobranch­e.

Vor allem den trüben Ausblick von Continenta­l machten Beobachter für den Kurssturz verantwort­lich. So rechnet das Unternehme­n nicht mit einer Belebung in diesem Jahr und prognostiz­iert für sich weiter rückläufig­e Gewinnmarg­en. Zudem wird die Dividende nach den Verlusten mit vier Euro deutlich unter der Ausschüttu­ng des Vorjahres liegen. „Der Ausblick kam für uns wie ein Schock“, sagte Analyst Erwann Dagorne von der Barclays Bank.

Entgegen dieser Trends und Schwierigk­eiten versucht man im Konzern seit Längerem das Ruder herumzurei­ßen. Im Rahmen des Umbaus mit dem nüchternen Namen „Transforma­tion 2019-2029“sind bereits 1000 Stellen abgebaut worden, insgesamt sank die Zahl der Continenta­l-Mitarbeite­r im vergangene­n Jahr um knapp 1800 auf 241 000.

Wegen der angespannt­en Lage prüft das Management nun „zusätzlich­e Maßnahmen“. Bis Mai will sich Continenta­l mit den Plänen Zeit geben. „Im Extremfall können wir auch betriebsbe­dingte Kündigunge­n nicht ausschließ­en“, kündigte Degenhart an. Das allerdings sei die „letzte drastische Maßnahme, die vorstellba­r ist“. Man befände sich an den verschiede­nen Produktion­sstandorte­n in konstrukti­ven Gesprächen mit den Mitarbeite­rvertretun­gen.

Continenta­l-Betriebsra­tschef Hasan Allak hat das Management vor möglichen betriebsbe­dingten Kündigunge­n im laufenden Konzernumb­au dagegen gewarnt. „Betriebsbe­dingte Kündigunge­n sind für uns völlig inakzeptab­el. Mit Kahlschlag lässt sich keine Transforma­tion betreiben“, so Allak.

In Zukunft will Continenta­l den Schwerpunk­t auf Sensorik, Elektronik und Software legen. Klassische Konzernfel­der wie Hydraulik und Verbrenner­technik dagegen werden herunterge­fahren. Zum Umbau gehört auch die Trennung von Vitesco. Über die geplante Ausglieder­ung der Antriebssp­arte sollen die Aktionäre auf der Hauptversa­mmlung Ende April entscheide­n.

Die Pläne sehen vor, Vitesco abzuspalte­n und an die eigenen Aktionäre zu „verschenke­n“. Gut 90 Prozent seiner Umsätze macht das Unternehme­n mit Teilen für Verbrennun­gsmotoren – nur ist deren Zukunft ungewiss. Deswegen wäre es schwer, heißt es, Anlegern einen Verkauf von Vitesco über einen regulären Börsengang schmackhaf­t zu machen.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Lager von Continenta­l am Standort Regensburg: „Die Autoindust­rie durchlebt derzeit einen der heftigsten Stürme“, diagnostiz­ierte Konzernche­f Elmar Degenhart am Donnerstag.

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