Helden von Bulgarien retten 50 000 Juden
Südosteuropäisch-bulgarisches Kulturinstitut zeigt Ausstellung im Rathausfoyer
(sj) - „Unbekannte Helden. Die Kraft der Zivilgesellschaft bei der Rettung der Juden in Bulgarien.“Unter diesem Titel präsentiert das südosteuropäisch-bulgarische Kulturinstitut eine dokumentarische Wanderausstellung im Foyer des Rathauses. Bulgarien war in der Zeit des Nationalsozialismus ein wichtiger Verbündeter Nazi-Deutschlands. So gab es auch in Bulgarien Rassengesetze und Deportationen von Juden im Zweiten Weltkrieg.
Bereits 1940 unternahm die bulgarische Regierung Schritte zur Verabschiedung der antisemitischen Gesetzgebung. Juden verloren so ihre bürgerlichen und politischen Rechte. Am 1. März 1941 trat Bulgarien den Achsenmächten bei, deutsche Truppen rückten in das Land ein. Bald darauf eroberten die Deutschen das ägäische Thrakien und Vardar-Mazedonien und verwandelten diese Gebiete Griechenlands und Jugoslawiens in Besatzungszonen, die Bulgarien als „Verwaltungsgebiete“übergeben wurden. Aus diesen Gebieten wurden im März 1943 insgesamt 11 343 Juden in die Lager deportiert.
Im bulgarischen Kernland jedoch war die Unterstützung für die Juden groß: Als sie einen gelben Knopf mit Davidstern tragen mussten, zeigten sich viele nicht-jüdische Bulgaren solidarisch. Und als 1943 ihre drohende Deportation publik wurde, protestierte das Parlament binnen Stunden öffentlich. Auch die Kirche schaltete sich ein, Zar Boris III. lavierte in Gesprächen mit den Nazis hin und her und verzögerte die Vernichtung der Juden so immer weiter.
In Plovdiv waren rund 600 Menschen
in einer Schule zusammengepfercht worden. Doch die Sache sickerte durch, die Bürger protestierten, und Bischof Kyrill zog mit Gefolge zur Schule. In einer flammenden Rede versicherte er den Juden, dass er selbst entweder mit ihnen gehen oder sich auf die Gleise legen würde. Die Deportation wurde verhindert, die Festgesetzten kamen wieder frei.
Am 10. März 1943 habe sich quasi das bulgarische Volk erhoben und die Politiker gezwungen, im Parlament die Entscheidung der Deportation zu ändern, sagte dazu Professor Emil Ivanov, der Leiter des südosteuropäisch-bulgarischen Kulturinstituts im Palais Adelmann. Die ersten Proteste gegen die Deportation hätten in Sofia und Plovdiv begonnen. Ein entnervter NS-Diplomat habe in einem Schreiben ans Auswärtige Amt 1943 die „Mentalität des bulgarischen Volkes“beklagt, dem einfach „die ideologische Aufklärung fehlt“.
Am 23. Mai 1943 erhielten Sofias Juden die schriftliche Anweisung zur Umsiedlung aufs Land. Am Ende wurden so rund 50 000 Menschen vor der Ermordung bewahrt.
Die vom bulgarischen Außenministerium initiierte und 2009 erstellte Wanderausstellung wurde bereits in New York, London, Paris, Berlin, Hannover und München gezeigt. Die Bilder stammen aus der staatlichen Archivagentur in Sofia und wurden von der bulgarischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Sankt Kliment Ohridski in Sofia bewertet.