Geldgierige Fußballclubs
Dass der Fußball längst eine Ersatzreligion in Deutschland ist, sieht man beim Umgang mit dem Coronavirus. Diverse Messen, diverse kleinere und größere Kulturund Sportevents mussten in der Vorwoche kapitulieren, halb freiwillig, aus der Einsicht heraus, dass die Menschheit gerade existenzielle Probleme hat, halb auf Druck von Ämtern und Politik. Doch was machte der Fußball? Er spielte einfach weiter, er scheffelte dank Hunderttausender Zuschauer in den Stadien seine Millionen, als ob nichts sei – mit der vorgeschobenen, fast schon infamen Behauptung, das Virus könne den Massen in den Stadien nichts anhaben, es sei ja eine Freiluftveranstaltung. Keiner stoppte die Deutsche Fußball-Liga (DFL) in ihrem Bestreben, ihre Gewinne zu sichern, bis Gesundheitsminister Jens Spahn am Sonntag ein spätes Machtwort sprach. Er forderte, Großveranstaltungen abzusagen, worauf der VfB Stuttgart am Montag gleich noch mal vor Fans spielte.
Wer dachte, wenigstens ab jetzt würden bis Ostern alle Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen, der irrt. Salamitaktisch wurden am Dienstag vereinzelt Partien abgesagt, einige Clubs aber wollen am Wochenende weiterspielen – etwa Union Berlin, das auf den FC Bayern trifft. „Herr Spahn hat ja auch nicht empfohlen, dass BMW in Berlin die Produktion einstellt. Deshalb kann er auch nicht empfehlen, dass wir unseren Betrieb einstellen“, sagte UnionPräsident Dirk Zingler. Selbstgerechter kann die Argumentation kaum sein, denn im Gegensatz zu anderen Sparten handelt es sich bei der Bundesliga um eine Boombranche, die seit Jahren teils zweistellige Wachstumsraten und Millionengewinne erzielt.
Die DFL-Clubs sind reich genug, eine zwei- bis vierwöchige Fanpause, die andere Ligen in Europa verfügten, zu verkraften. Die, ein konsequenter Ausschluss, täte auch in Deutschland Not, die DFL aber weigert sich. Sie jagt dem Geld nach – zu Lasten der Gesundheit aller. „Es geht um Leben und Tod für die Menschen“, sagte Dortmunds OB, als er die Absage des Revierderbys begründete. Der Profifußball und die DFL sollten also endlich damit aufhören, Gott zu spielen.