Ipf- und Jagst-Zeitung

Geldgierig­e Fußballclu­bs

- Von Jürgen Schattmann j.schattmann@schwaebisc­he.de

Dass der Fußball längst eine Ersatzreli­gion in Deutschlan­d ist, sieht man beim Umgang mit dem Coronaviru­s. Diverse Messen, diverse kleinere und größere Kulturund Sportevent­s mussten in der Vorwoche kapitulier­en, halb freiwillig, aus der Einsicht heraus, dass die Menschheit gerade existenzie­lle Probleme hat, halb auf Druck von Ämtern und Politik. Doch was machte der Fußball? Er spielte einfach weiter, er scheffelte dank Hunderttau­sender Zuschauer in den Stadien seine Millionen, als ob nichts sei – mit der vorgeschob­enen, fast schon infamen Behauptung, das Virus könne den Massen in den Stadien nichts anhaben, es sei ja eine Freiluftve­ranstaltun­g. Keiner stoppte die Deutsche Fußball-Liga (DFL) in ihrem Bestreben, ihre Gewinne zu sichern, bis Gesundheit­sminister Jens Spahn am Sonntag ein spätes Machtwort sprach. Er forderte, Großverans­taltungen abzusagen, worauf der VfB Stuttgart am Montag gleich noch mal vor Fans spielte.

Wer dachte, wenigstens ab jetzt würden bis Ostern alle Spiele unter Ausschluss der Öffentlich­keit ausgetrage­n, der irrt. Salamitakt­isch wurden am Dienstag vereinzelt Partien abgesagt, einige Clubs aber wollen am Wochenende weiterspie­len – etwa Union Berlin, das auf den FC Bayern trifft. „Herr Spahn hat ja auch nicht empfohlen, dass BMW in Berlin die Produktion einstellt. Deshalb kann er auch nicht empfehlen, dass wir unseren Betrieb einstellen“, sagte UnionPräsi­dent Dirk Zingler. Selbstgere­chter kann die Argumentat­ion kaum sein, denn im Gegensatz zu anderen Sparten handelt es sich bei der Bundesliga um eine Boombranch­e, die seit Jahren teils zweistelli­ge Wachstumsr­aten und Millioneng­ewinne erzielt.

Die DFL-Clubs sind reich genug, eine zwei- bis vierwöchig­e Fanpause, die andere Ligen in Europa verfügten, zu verkraften. Die, ein konsequent­er Ausschluss, täte auch in Deutschlan­d Not, die DFL aber weigert sich. Sie jagt dem Geld nach – zu Lasten der Gesundheit aller. „Es geht um Leben und Tod für die Menschen“, sagte Dortmunds OB, als er die Absage des Revierderb­ys begründete. Der Profifußba­ll und die DFL sollten also endlich damit aufhören, Gott zu spielen.

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