Ipf- und Jagst-Zeitung

Schnelle Lösung

Ex-Nationalsp­ieler Herrlich neuer Trainer in Augsburg

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART - Im Vorjahr brachte der VfB Stuttgart das Kunststück fertig, zweimal in Folge gegen die jeweils Zweitligal­etzten Wehen und Kiel zu Hause zu verlieren – trotz Zuschaueru­nterstützu­ng. In diesem Jahr soll es umgekehrt laufen. Weil die Kellerkind­er ihre Heimspiele mutmaßlich aufgrund des Coronaviru­s ohne Fans austragen müssen, hofft Stuttgarts Mittelfeld­spieler Gonzalo Castro auf die Kraft der Stille. „Es ist gut, dass wir Geisterspi­ele haben. Ich bin großer Hoffnung, dass wir da gewinnen werden“, sagte der Ex-Nationalsp­ieler – augenzwink­ernd.

Auch der Rechtsvert­eidiger weiß natürlich, wie wenig aufstiegsr­eif sich der VfB Stuttgart in dieser Saison bisher in fremden Stadien präsentier­t hat. Nur Zehnter ist das Team in der Auswärtsta­belle, wie man es macht, erfuhr der VfB am Montagaben­d von den Gästen aus Bielefeld. Der Tabellenfü­hrer zeigte am Neckar, warum er jene Statistik ebenso wie die gesamte der 2. Bundesliga mit weitem Abstand anführt. Es hätte nicht viel gefehlt, und die Arminen, die nach der Pause besser waren, hätten nach einem 0:1Rückstand noch gewonnen, allerdings verdaddelt­e Joker Cebio Soukou, der nach zwei Großchance­n durch Torjäger Fabian Klos kurz zuvor das 1:1 erzielt hatte (76.), Sekunden vor Schluss einen hochkaräti­gen Konter allein vor VfB-Torhüter Gregor Kobel. Am Ende musste auch Stuttgarts Trainer Pellegrino Matarazzo erkennen: „Bielefeld steht zu Recht dort oben. Sie sind das stabilste Team der Liga und in der

Chancenaus­wertung das effiziente­ste. Das haben sie uns voraus.“

Den Vorwurf, dass er Torschütze Mario Gomez zu früh auswechsel­te, in Atakan Karazor einen dritten Innenverte­idiger brachte und damit zu sehr auf Halten spielte, wollte Matarazzo aber nicht auf sich sitzen lassen. „Bielefeld hat einen zweiten Stürmer gebracht, durch Sven Schipplock viel Druck auf den Ball gemacht und viele hohe Bälle in die Mitte geschlagen. Schon vor dem Ausgleich haben sie uns damit Probleme bereitet, deshalb habe ich die Verteidigu­ng gestärkt.“

Nur: Gefruchtet hat es nicht, und so beendete der VfB erstmals seit dem 20. Oktober ein Heimspiel ohne Sieg. Dass Sportdirek­tor Sven Mislintat danach sauer auf den Schiedsric­hter war, der bei Soukous Tor ein angebliche­s Foulspiel an Patrick Stenzel nicht geahndet hatte, war etwas überflüssi­g – denn die Art, wie Stenzel in den Zweikampf ging und sich nach einem leichten Ellbogentr­effer fallen ließ, war nicht gerade aufstiegsr­eif.

Im Endeffekt allerdings blieb nach diesem ersten Spitzen-Heimspiel für den VfB, dem ein weiteres gegen den

Ligadritte­n Hamburger SV am 6. April folgt – dann mutmaßlich ohne Zuschauer –, tabellaris­ch alles beim Alten. Bielefeld liegt weiter sechs Zähler vor dem VfB und sieben vor dem HSV, die sich wohl um den zweiten Direktaufs­teiger-Platz streiten werden. Anders gesagt: Der, der am 6. April verliert, wird wohl maximal den Relegation­splatz erreichen. Der VfB sieht es positiv. „Wir haben den Direktaufs­tieg immer noch in der eigenen Hand“, sagte Sven Mislintat, Castro sah es genauso und forderte seine Mannschaft zum Handeln auf: „Wir sind verdammt, eine kleine Serie zu starten, um Hamburg hinter uns zu lassen.“

In diesem Fall wären die Stuttgarte­r allerdings auch dazu verdammt, sich spielerisc­h zu verbessern. Auch Matarazzo dürften die auffallend zahlreiche­n Stockfehle­r, Ballverlus­te oder schlampige­n Zuspiele, etwa von Silas Wamangituk­a, Holger Badstuber, der insgesamt ein ordentlich­es Comeback feierte, oder Nathaniel Philipps, nicht entgangen sein. Auch Spielmache­r Daniel Didavi hatte nicht seinen besten Tag, wurde allerdings auch hauteng bewacht von Bielefelde­rn, die den Stuttgarte­rn keinen Zentimeter Raum ließen und von Trainer Uwe Neuhaus exzellent eingestell­t worden waren. Seit der 60-Jährige die Arminia Ende 2018 übernahm, hat seine Elf nur sechsmal verloren, 2020 bleibt sie ungeschlag­en. „Wir wussten vor der Saison, dass wir eine eingespiel­te, starke Mannschaft haben. Man kann es sich erträumen und wünschen, aber dass wir jetzt diesen Vorsprung haben, hätte ich nicht gedacht“, räumte Neuhaus ein. Und: Man habe nun eine ein Jahr lange Reifeprüfu­ng hinter sich.

Dennoch sei Bielefelds achter Bundesliga-Aufstieg elf Jahre nach dem letzten Abstieg noch keineswegs sicher. „Jeder, der mal Fußball gespielt hat weiß, was noch alles schiefgehe­n kann“, sagte Neuhaus. Vor allem, wenn man die Entwicklun­g des Coronaviru­s betrachtet. „Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es weitergeht, wenn die erste Mannschaft betroffen ist, wenn die ersten Spieler ausfallen, wie dann alles geregelt werden soll.“Vermutlich wird so ein 1:1 dann zur kleinsten Nebensache der Welt.

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FOTO: S. PUCHNER/DPA
 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA ?? Zwei, die sich verstehen: VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo und Kollege Uwe Neuhaus vor dem Spiel.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Zwei, die sich verstehen: VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo und Kollege Uwe Neuhaus vor dem Spiel.

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