Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein Leben im Dienst der internatio­nalen Gerechtigk­eit

- Von Jutta Olschewski

NÜRNBERG (epd) - Wenn es nach Philipp Gut ginge, wäre Ben Ferencz seit Langem Friedensno­belpreistr­äger. Frieden und Gerechtigk­eit auf der Welt habe Ferencz sich zum Lebensziel gesetzt, sagt der Journalist und Historiker Gut über den Mann, dessen Biografie er verfasst hat. „Der Jahrhunder­tzeuge“ist der Titel des Buches, in dem er den Juristen vorstellt, der in den USA vielen Menschen als „Mister Nuernberg“ein Begriff ist. In Deutschlan­d kennen dagegen nur wenige den kleinen, immer untadelig und kultiviert auftretend­en Amerikaner. Am 11. März wird der ehemalige Chefankläg­er

bei den Nürnberger Prozessen 100 Jahre alt.

Im Internet kann man ziemlich aktuelle Videos aufrufen, die zeigen, wie geistreich, humorvoll und fit der alte Mann noch ist. Vor knapp vier Wochen hat Ferencz die Fragen von Jurastuden­ten in Miami beantworte­t. Er kämpft mit den Tränen, als er den jungen Leuten die Horror-Bilder aus den befreiten Konzentrat­ionslagern beschreibt, wie die Regionalze­itung „Hurricane“berichtet.

Seine Aufgabe war es, im Dienste des Militärs nach Kriegsende 1945 Beweise für die Gräueltate­n der Nationalso­zialisten zu sichern. Ferencz war dafür nach dem Kriegseins­atz zum zweiten Mal in Deutschlan­d.

Der sogenannte Einsatzgru­ppenProzes­s war sein erster Gerichtsfa­ll. Es ist einer von zwölf sogenannte­n Nürnberger Nachfolge-Prozessen. Die Anklage lautete auf Verbrechen gegen die Menschlich­keit, Kriegsverb­rechen und Mitgliedsc­haft in einer verbrecher­ischen Organisati­on. Das Gericht unter dem Vorsitz von Michael Musmanno verhängte 14 Mal die Todesstraf­e. Alle Angeklagte­n wurden verurteilt.

Zum ersten Mal mussten sich in Nürnberg auf völkerrech­tlicher Grundlage die Angeklagte­n für unvorstell­bare Verbrechen zur Verantwort­ung ziehen lassen. Das internatio­nale Strafrecht weiter zu entwickeln und auf der Basis des Völkerrech­ts

Frieden zu schaffen, lässt Ferencz seither nicht los.

Nach den Nürnberger Prozessen bleibt Ferencz zunächst in Deutschlan­d.

Für jüdische Holocaust-Opfer arbeitet er an der Wiedergutm­achung und Rückerstat­tung von Vermögen. Zehn Jahre bringt er mit der Aufgabe zu und wirkt an der Entwicklun­g der Entschädig­ungsgesetz­e der Bundesrepu­blik mit.

Mit seiner Frau Gertrude und den vier Kindern in die USA zurückgeke­hrt, widmet er sich ab den 1970erJahr­en dem Aufbau einer internatio­nalen Strafgeric­htsbarkeit. Auch vor dem Hintergrun­d des Vietnamkri­egs erklärt er, er wolle für den Weltfriede­n arbeiten. 2003 geht an seinem 83. Geburtstag für Ben Ferencz sein Lebenstrau­m in Erfüllung. Die Richter des Internatio­nalen Strafgeric­htshofs in Den Haag werden vereidigt.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Ben Ferencz, Chefankläg­er der Nürnberger Prozesse, im Jahr 2010.

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