Eigenheimerwerb mit Licht und Schatten
Mit dem Erbbaurechtsmodell können Häuslebauer beim Grundstück sparen
SCHONDORF - Eigenheimkäufer stöhnen über hohe Immobilienpreise. Ein Preistreiber sind die enormen Grundstückskosten. Häufig erreichen sie 30 Prozent des Gesamtpreises, in München vereinzelt sogar bis zu 80 Prozent. Was lässt sich dagegen tun?
Erbbaurecht:
Einen Schlüssel zur Entlastung von Eigenheimkäufern bietet das Erbbaurecht, umgangssprachlich auch Erbpacht genannt. Dabei erwerben Immobilienkäufer nur das Objekt, nicht aber das Grundstück. Dieses wird für bis zu 99 Jahre dazu gepachtet, meist mit Option auf Verlängerung. „Verpächter sind Kommunen, Kirchen oder Stiftungen“, erklärt Franz Lücke, Direktor Baufinanzierung bei der ING. Der Vorteil liegt auf der Hand: Käufer sparen sich die Finanzierungskosten für den teuren Grund, dafür zahlen sie jeden Monat eine moderate Pachtgebühr. Die Ersparnis erleichtert den Schritt ins Eigenheim. Die Verbraucherzentralen sehen Erbpacht positiv. In einem aktuellen Positionspapier fordern sie, eine „sozial ausgestaltete Erbpacht wieder stärker in den Fokus zu rücken“.
Einsparmöglichkeit:
Wie viel Ersparnis das Erbbaurecht bringen kann, zeigt eine Beispielrechnung: Angenommen ein Haus kostet 600 000 Euro, der Käufer besitzt 100 000 Euro Eigenkapital. Das Haus kann im Erbbaurecht erworben werden. Der Abzug der Grundstückskosten in Höhe von 30 Prozent mindert den Kaufpreis um 180 000 Euro auf 420 000 Euro. Abzüglich Eigenkapital muss der Käufer noch 320 000 Euro finanzieren. Bei einem Baudarlehen mit zwanzigjähriger Zinsbindung zu 1,4 Prozent Sollzins kostet ihn das bei vier Prozent Anfangstilgung monatlich 1440 Euro. Inklusive monatlicher Pachtgebühr von 375 Euro für das Grundstück beläuft sich die Gesamtbelastung auf 1815 Euro. Zum Vergleich: Müsste der Käufer das Grundstück mitfinanzieren, läge die monatliche Belastung aufgrund des deutlich höheren Kredits bei 2250 Euro. Die Erbpacht sorgt also für eine Entlastung von 435 Euro pro Monat, binnen 20 Jahren summiert sich der Vorteil auf fast 105 000 Euro.
Risiken bedenken:
Das Erbbaurecht hat aber auch Nachteile. So können sich die Pachtgebühren mit der Zeit verteuern. Rechtlich ist eine Zinserhöhung alle drei Jahre möglich. Enthält der Vertrag langjährige Anpassungsvereinbarungen aufgrund erwarteter Grundstückswertsteigerungen, schwindet peu à peu der finanzielle Vorteil durch das Erbbaurecht. Zudem sollten Pächter bedenken, dass sie den Erbbauzins dauerhaft zahlen müssen. Dagegen sind Grundstückskäufer nach Abschluss der Finanzierung schuldenfrei. Außerdem ist wichtig, was nach Ablauf der Pachtfrist passiert. Schließlich gehört dem Hausbesitzer nur das Objekt, nicht aber der Grund. Für Eltern, die das Eigenheim an ihre Kinder vererben wollen, entsteht so eine erhebliche Unsicherheit. Wird der Pachtvertrag nicht verlängert, muss das Haus oft aufgegeben werden. Wichtig für Käufer ist es daher, bevor sie sich für ein Erbbaurechtsmodell entscheiden, möglichst langfristige Rechtssicherheiten zu erhalten.
Ausblick:
Der finanzielle Vorteil des Erbbaurechts gerät durch das anhaltende Zinstief mehr und mehr in Bedrängnis. Zahlreiche Initiativen fordern eine Absenkung des aktuellen Erbbauzinses, der in der Regel bei drei bis fünf Prozent vom Grundstückswert liegt. Hans-Christian Biallas, Präsident des Deutschen Erbbaurechtsverbandes, lenkt den Fokus auf die Vertragskonditionen: „Wenn die stimmen, kann das Erbbaurecht ein attraktives Produkt sein.“Wichtig sei, dass der Erbbauzins, die Laufzeit und die Regelungen für das Vertragsende zu den Vorstellungen des Erbbaurechtnehmers passen. Von ihnen hänge auch ab, wie Banken die Erbbaurechtsimmobilie und die Kreditwürdigkeit des Käufers bewerten.