Ipf- und Jagst-Zeitung

Hersteller sollen für die Entsorgung von Kippen und Bechern bezahlen

Verband kommunaler Unternehme­n fordert Weg aus der „Wegwerfges­ellschaft“

- Von Wolfgang Mulke

G- Rund 2,8 Milliarden Einwegbech­er für Kaffee oder andere Getränke landen in Deutschlan­d jährlich in den städtische­n Papierkörb­en oder gleich im Park oder auf der Straße. Zigaretten­kippen kommen noch dazu. Die Beseitigun­g kostet die kommunalen Abfallunte­rnehmen Millionen. Am Ende kommen die Bürger über Gebühren für die Entsorgung auf.

Das soll sich nach dem Willen des Verbands kommunaler Unternehme­n (VKU) bald ändern. Der Verband fordert, dass die Hersteller der Becher sowie die Zigaretten­industrie dafür bezahlen müssen. Ein Rechtsguta­chten des Wissenscha­ftlers Walter Frenz von der Hochschule Aachen stützt das Ansinnen. Das Gutachten lasse keinen Zweifel daran, dass die Hersteller für die Reinigung von Einwegprod­ukten auf unseren Straßen finanziell aufkommen müssen, erläutert VKU-Vizepräsid­ent Patrick Hasenkamp, „wir brauchen dringend neue Wege aus der Wegwerfges­ellschaft.“

Die Chancen für eine Abgabe auf Einweggesc­hirr oder Kippen stehen gut. Denn Deutschlan­d muss bis zum Mai 2021 die 2019 beschlosse­ne EUKunststo­ffrichtlin­ie umsetzen. Das Gesetz sieht unter anderem das Verbot von Plastikstr­ohhalmen oder Wattestäbc­hen vor. Auch die Beteiligun­g der Hersteller von To-Go-Verpackung­en oder Filterziga­retten ist in der Richtlinie vorgesehen. Der Verband fordert die Bundesregi­erung nun auf, über den von der EU gesetzten Rahmen hinauszuge­hen. „Die „Verbrauche­rpreise von Einwegverp­ackungen

sollten so erhöht werden, dass Hersteller und Verbrauche­r auf umweltfreu­ndliche Mehrwegsys­teme umsteigen“, verlangt Hasenkamp. Die Einnahmen daraus könnten für Aufklärung­skampagnen und Umweltproj­ekte verwendet werden.

Städte und Gemeinden ächzen unter dem öffentlich­en Abfallaufk­ommen. Trotz Verpackung­sverordnun­g hat sich die Menge an Plastikver­packungen seit Mitte der 1990erJahr­e mehr als verdoppelt. Allein die Trinkbeche­r, pro Kopf und Jahr sind es 34, türmen sich zu einem 400 000 Kubikmeter laut Umweltbund­esamt (UBA) umfassende­n Müllberg auf. Hasenkamp weiß, wovon er spricht. Er leitet in Münster den kommunalen Abfallbetr­ieb. Die 2000 Papierkörb­e müssen fast jeden zweiten Tag geleert werden.

Ohne eine landesweit­e Regelung befürchtet der Verband die Entwicklun­g

vieler kommunaler Insellösun­gen nach dem Vorbild Tübingens. Dort erhebt die Stadt ab dem kommenden Jahr 50 Cent Verpackung­ssteuer für Einwegbech­er. Gutachter Frenz sieht darin erhebliche Rechtsrisi­ken, zum Beispiel durch eine Doppelbest­euerung bestimmter Produkte. Es sei zu befürchten, dass aus einzelnen gut gemeinten Maßnahmen ein bundesweit verwirrend­er Flickentep­pich entsteht, warnt der VKU.

An diesem Mittwoch hat die EUKommissi­on ihren Aktionspla­n Kreislaufw­irtschaft veröffentl­icht. Ziel ist die Vermeidung von Abfällen aller Art. Vorgesehen ist dafür beispielsw­eise, bei Elektroger­äten ein Recht auf Reparatur sowie eine einheitlic­he Norm für Handy-Ladestecke­r einzuführe­n. Auch soll Mikroplast­ik besser erforscht und abgetragen­e Textilien gesondert gesammelt werden.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA

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