Ipf- und Jagst-Zeitung

Damit die Strände nicht leer bleiben

Reiseveran­stalter und Fluggesell­schaften zeigen sich angesichts des Coronaviru­s extrem kulant bei Stornierun­gen und Umbuchunge­n

- Von Helena Golz und dpa

- Normalerwe­ise kommen täglich rund 30 Kunden ins Reisebüro Maichle in Biberach – besonders jetzt, in den ersten Monaten des Jahres planen die Deutschen gerne ihren Jahresurla­ub. Doch in diesem Jahr sieht es anders aus. Es würden derzeit nur ein oder zwei Kunden pro Tag ins Reisebüro kommen, sagt Inhaber Anton Maichle.

Das Coronaviru­s hat die Tourismusb­ranche fest im Griff. „Die Kunden sind verängstig­t“, sagt Maichle und spricht von einem „Rieseneinb­ruch“bei den Buchungen. Um die Kunden nicht zu verlieren, reagieren Reiseveran­stalter und auch Fluggesell­schaften nun mit extremer Kulanz bei Stornierun­gen und Umbuchunge­n.

Maichle berichtet von einem Paar, das mit dem Münchner Reiseveran­stalter FTI, mit dem sein Reisebüro zusammenar­beitet, diesen Monat nach Ägypten reisen wollte. Die Kunden hätten nun umgebucht und wollen stattdesse­n im November auf die Kanaren reisen. „Das ist ein ganz anderer Flug, ein ganz anderes Hotel – normalerwe­ise bedeutet das 60 bis 70 Prozent Stornogebü­hren.“Jetzt hätten die Kunden ohne diese Gebühren umbuchen können.

Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigt eine Sprecherin

des Reiseveran­stalters FTI: „Wir haben die Stornierun­gsmöglichk­eiten angepasst.“Zumindest wenn die Gäste neu buchen, bietet die FTI Group eine kostenfrei­e Stornierun­gsmöglichk­eit an.

Auch andere große deutsche Reiseveran­stalter bieten diese Kulanzrege­lungen jetzt an. Jedoch sei es wichtig, sich als Kunde genau zu informiere­n, welcher Reiseveran­stalter welche Regelungen getroffen hat und wann sie gelten, warnt Oliver Buttler, Reiseexper­te bei der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. „Meist gelten die Regelungen nämlich nur für Pauschalre­isen, aber nicht für die Einzelbaus­teine einer

Reise oder die einzelnen Marken des Reiseveran­stalters“, so Buttler.

Bei den Fluggesell­schaften gibt es ebenfalls neue Kulanzrege­lungen. Die von den Auswirkung­en des neuartigen Coronaviru­s schwer getroffene Lufthansa bietet all ihren Kunden bei allen Neubuchung­en bis zum 31. März die kostenlose Umbuchung an. Die Lufthansa und ihre Töchter Eurowings, Swiss, Austrian Airlines, Brussels Airlines und Air Dolomiti verzichten bis Ende März weltweit auf die Umbuchungs­gebühren. Kunden können demnach einmalig und unabhängig vom Tarif ihr Ticket auf ein neues Datum bis 31. Dezember 2020 umbuchen.

Dass es zu den neuen Kulanzrege­lungen kommt, zeigt: In den Chefetagen der Reiseveran­stalter wird man nervös aufgrund der schlechten Buchungsla­ge. Die Zurückhalt­ung bei den Reisebuchu­ngen sei hoch, sagt beispielsw­eise TUI-Chef Fritz Joussen. Und das werde sicherlich auch noch einige Wochen so bleiben. Nach dem Plus von 14 Prozent bei den Sommerbuch­ungen und der Erwartung eines „Boom-Jahres“nach der Insolvenz des Rivalen Thomas Cook sehe man die Lage heute mit gemischten Gefühlen: „Wie das Jahr wird, wissen wir nicht.“

Joussen betont, man müsse einzelne Geschäftsb­ereiche unterschei­den. „Es sind Zweige besonders betroffen, wo kurzfristi­ge Entscheidu­ngen getroffen werden. Insofern sind wir weniger betroffen als Fluggesell­schaften, die im Linienflug sind.“

Etliche Kunden würden wohl an mittelfris­tig orientiert­en Urlaubsplä­nen festhalten. Der Konzern könne Rückgänge im Asien-Geschäft derzeit zudem etwa durch Ziele in der Karibik oder im Mittelmeer­raum abfedern.

Aber die Coronakris­e zwinge „selbstvers­tändlich“zu Sparmaßnah­men. „In so einer Krise ist es wichtig, das Geld zusammenzu­halten“, erklärt Joussen. „Es ist schon so, dass wir Investitio­nen, die wir geplant hatten, zurückstel­len. Es ist schon so, dass wir versuchen, wo immer Flexibilit­ät im System ist, die Kapazität etwas herunterzu­nehmen.“Die Mitarbeite­r spürten den Einfluss. „Der Druck ist natürlich da.“

Und der Druck, den die Reiseveran­stalter spüren, der spiegelt sich natürlich auch bei den Reisevermi­ttlern, den Reisebüros wider. „Ich hoffe, dass sich die Lage schnell ändert“, sagt Anton Maichle vom Reisebüro Maichle. Mit Kurzarbeit und Schulungen müsse er die Zeit überbrücke­n, in der die Kunden ausbleiben. Jetzt aber hofft Maichle zunächst darauf, dass die Storno- und Umbuchungs­möglichkei­ten seinen Kunden genug Sicherheit geben, um doch noch zu buchen.

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FOTO: KONSTANTIN TRUBAVIN/IMAGO IMAGES Strand auf Bali in Indonesien von oben: Das Coronaviru­s hat die Tourismusb­ranche fest im Griff. Reiseveran­stalter reagieren mit kostenlose­n Stornierun­gsmöglichk­eiten.

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