CDU stürzt in Baden-Württemberg auf ein Allzeit-Tief
Kliniken sorgen sich um Nachschub bei Schutzkleidung – Infektionsverdacht bringt Landtagssitzung durcheinander
(tja) - Die Grünen bleiben in Baden-Württemberg mit Abstand stärkste Partei. Die CDU fällt dagegen auf den niedrigsten Wert, den das Institut Infratest dimap je gemessen hat. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage für SWR und „Stuttgarter Zeitung“. Demnach kommen die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf 36 Prozent. Sie verlieren leicht im Vergleich zur Umfrage im Herbst 2019, liegen aber immer noch über ihrem Wahlergebnis von 2016. Damals wurden sie mit 30,3 Prozent stärkste Kraft im Land. Ihre Koalitionspartner von der CDU kamen damals auf 27 Prozent, nun liegen sie vier Prozentpunkte darunter. Die AfD kommt auf 14 Prozent, die SPD auf elf. Die FDP erzielt sieben Prozent, die Linke wäre mit fünf Prozent im Landtag vertreten. Welche Regierungsbündnisse möglich wären und was die Werte für den Wahlkampf bedeuten, lesen Sie auf
(lsw/tja) - In BadenWürttemberg ist erstmals ein mit dem Coronavirus infizierter Mensch gestorben. Es handle sich um einen 67 Jahre alten Mann aus dem RemsMurr-Kreis, teilte das Gesundheitsministerium am Donnerstag in Stuttgart mit. Sein Leichnam sei positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden, nachdem auch seine drei Jahre ältere Ehefrau am Coronavirus erkrankt war. Sie war zuvor aus Frankreich zurückgekehrt. Es ist der bislang vierte Todesfall in Deutschland.
Der Mann kommt nach dpa-Informationen aus Remshalden. Im RemsMurr-Kreis sind nach Angaben des Gesundheitsamtes mindestens 20 Menschen mit dem Virus infiziert worden. Der 67-Jährige war im Februar aus dem Kongo zurückgekehrt und am 4. März zu Hause gestorben. Nach der Erkrankung seiner Frau habe man Zweifel bekommen und den Test durchgeführt, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Obduziert wurde die Leiche nicht.
Die Zahl der mit Sars-CoV-2 infizierten Menschen in Baden-Württemberg stieg nach Angaben des Gesundheitsministeriums bis Mittwochabend auf 335. Neue Zahlen lagen zunächst nicht vor. Inwieweit die offizielle Statistik die wahre Lage widerspiegelt und wie hoch die weltweite Dunkelziffer nicht erfasster Fälle ist, ist unklar. Denn die meisten Infizierten haben nur leichte Erkältungssymptome mit Frösteln und
Halsschmerzen, die binnen weniger Tage verschwinden, oder gar keine Symptome. Etwa 15 von 100 Infizierten erkranken schwer, betroffen sind vor allem ältere Menschen oder solche mit Vorerkrankungen. Das grassierende Coronavirus hatte zuvor den Betrieb im baden-württembergischen Landtag durcheinander gebracht. Die Plenarsitzung verzögerte sich am Donnerstag, die Tagesordnung wurde verkürzt, Debatten gestrichen, wie eine Sprecherin der Landtagsverwaltung mitteilte.
Ein Grünen-Abgeordneter hatte Kontakt zu jemandem, der positiv auf das Coronavirus getestet worden sei. Am Abend gab die Fraktion bekannt, dass der Test negativ ausgefallen war. Dennoch hatten die Grünen zunächst empfohlen, die Plenarsitzung vorsichtshalber zu verschieben. Das Landtagspräsidium entschied dann aber, die Sitzung verkürzt stattfinden zu lassen – ohne die Grünen-Abgeordneten. Man kürzte daher die Tagesordnung und einigte sich, auf Abstimmungen zu verzichten. Denn für diese hätte der grünschwarzen Regierung dann die Mehrheit gefehlt. „Die Arbeitsfähigkeit des Landtags ist wichtig“, sagte Landtags-Vizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU). Eine komplette Absage der Sitzung wäre auch ein falsches Signal ins Land hinaus, wo es Unternehmen und Institutionen gebe, die auch arbeitsfähig bleiben müssten.
Die Grünen hielten sich mit ihrem Vorgehen an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Denn der betroffene Abgeordnete hatte noch am Dienstag an einer Fraktionssitzung teilgenommen – mit den übrigen Abgeordnten
und allen grünen Regierungsmitgliedern. Dazu zählt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Deshalb nahm er nicht an der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag in Berlin teil. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme, teilte das Staatsministerium mit.
Am Mittwoch hatte die Ausbreitung des Coronavirus zu drastischen Maßnahmen auch in Baden-Württemberg geführt: Der Start des Sommersemesters an den Hochschulen im Land wurde auf nach Ostern verschoben, das Stuttgarter Frühlingsfest abgesagt.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) stufte die an Deutschland grenzenden ostfranzösischen Gebiete Elsass und Lothringen als Risikogebiete ein – das betrifft Zehntausende Pendler im Land.
Auch die Kliniken im Südwesten bekommen die weiter voranschreitende Ausbreitung des Coronavirus deutlich zu spüren. Schutzbekleidung ist nach Angaben der BadenWürttembergischen Krankenhausgesellschaft noch vorhanden. „Aber die Preise dafür explodieren gerade“, sagte Hauptgeschäftsführer Matthias Einwag.
Aktuell zahle man für Masken, Schutzbrillen und andere Ausrüstung das Zehnfache des Preises vor der Krisenzeit. Wegen der Knappheit müssten die Krankenhäuser neue Beschaffungswege vor allem in Osteuropa suchen.