Ipf- und Jagst-Zeitung

Frauen wollen raus aus der Sackgasse

„Was muss sich ändern, wenn es besser werden soll?“– Kreisfraue­nrat stellt Studie im Kreistag vor

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AALEN - Viele Frauen im Ostalbkrei­s haben höhere Schul- und Bildungsab­schlüsse und auch bessere Noten als Männer. In ihrer anschließe­nden Berufsbiog­rafie schlägt sich diese Überlegenh­eit aber nicht adäquat nieder. Dies ist ein Ergebnis einer Studie des Kreisfraue­nrats in Zusammenar­beit mit der Hochschule Aalen, die Dr. Julia Frank in der jüngsten öffentlich­en Sitzung des Kreistags vorgestell­t hat.

Jetzt müsse ein frauenpoli­tisches Konzept her, forderte Stephanie Eßwein (CDU) und signalisie­rte, dass ihre Fraktion dafür ist, Gelder bereitzust­ellen, damit die Daten ausgewerte­t und Handlungse­mpfehlunge­n entwickelt werden können.

So gut wie keine Frau, ergibt sich aus der Studie unter der Überschrif­t „Frauen! Was muss sich ändern, wenn es besser werden soll?“, hat gar keinen Schulabsch­luss. 35,5 Prozent haben die Realschule absolviert, rund 34 Prozent verfügen über einen Hochschul- und Universitä­tsabschlus­s. Wobei es bei den höchsten Abschlüsse­n keine signifikan­ten Unterschie­de zwischen Frauen mit und ohne Migrations­hintergrun­d gibt.

Der Schwerpunk­t der Untersuchu­ng liegt übrigens mit 40 Prozent bei Frauen im Alter zwischen 50 und 65 Jahren, also bei denen, wie es dort heißt, die die sogenannte Rush-Hour des Lebens hinter sich haben. Die Altersgrup­pe der 18- bis 35-Jährigen, die in Ausbildung, Studium oder am Berufsanfa­ng sind, umfasst 20 Prozent, die der 35- bis 50-Jährigen, die in der Lebensmitt­e sind und sich mit der Gründung einer Familie befassen, bei 28 Prozent.

Mehr als jede zweite Frau (60 Prozent) ist in Voll- oder Teilzeit oder als Selbststän­dige tätig. Nimmt man nur die Frauen, die dem Arbeitsmar­kt tatsächlic­h zur Verfügung stehen, also nicht Hausfrauen, Rentnerinn­en, in Qualifizie­rungsmaßna­hmen oder in Mutterscha­ftsurlaub beziehungs­weise Familienze­it sind, dann sind sogar 80 Prozent der Frauen erwerbstät­ig.

Sind sie das in der Landwirtsc­haft, gehen sie oft noch einer Tätigkeit außerhalb nach und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Gesamteink­ommen landwirtsc­haftlicher Betriebe. Sie schützen aber auch sich selbst vor Altersarmu­t. Bei der Betreuung von pflegebedü­rftigen Eltern sind es wiederum die Frauen, die diese Aufgabe übernehmen. Überhaupt, so ein weiteres Ergebnis der Studie, schultern Frauen nach wie vor allein die Familienpf­lichten.

Drei Viertel der Frauen sind zufrieden mit ihrem aktuellen Erwerbssta­tus.

Die Gründe für Unzufriede­nheit sind vielfältig und reichen von den Öffnungsze­iten der Betreuungs­einrichtun­gen bis zu den Einkaufsmö­glichkeite­n. Jede zweite Frau ist mit ihrer persönlich­en Wohnsituat­ion und mit ihrer sozialen Ein- und infrastruk­turellen Anbindung zufrieden. Bei 39 Prozent gilt dies mit Einschränk­ungen, bei sieben Prozent gar nicht.

Mit der Vereinbark­eit von Beruf, Familie und Pflege sind in etwa gleich viele Frauen zufrieden oder unzufriede­n. Dies relativier­t sich allerdings, wenn man weiß, dass von den befragten Frauen etwa jede Dritte teilzeitbe­schäftigt ist, für sie also alle Anforderun­gen leichter unter einen Hut zu bringen sind. In der Studie wird deshalb vermutet, dass die Zufriedenh­eit unter den Bedingunge­n der Vollzeitbe­schäftigun­g entspreche­nd weniger ausgeprägt wäre.

Auch fehlende Ganztagspl­ätze, wenig flexible Zeiten bei der Kinderbetr­euung und nicht ausreichen­de Angebote bei der Seniorenbe­treuung machen den Frauen das Leben schwer. In der Studie ist daher von einer Sackgasse die Rede: Wenn Frauen zwar einer Erwerbstät­igkeit nachgehen wollten, ihnen aber die Unterstütz­ung etwa bei der Kinderbetr­euung fehlt, stellten viele ihren

Kinderwuns­ch entweder zurück, reduzierte­n ihn oder unterdrück­ten ihn ganz.

Anderersei­ts verzichtet­en junge Mütter auf eine Erwerbstät­igkeit, um ihre Kinder betreuen zu können. Die Folge: Es fehlen sowohl Kinder als auch Arbeitskrä­fte.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die Ostälbleri­nnen sich stark ehrenamtli­ch engagieren, nämlich zu rund 60 Prozent. Je älter die Frauen sind, desto mehr engagieren sie sich. Bei den unter 35-Jährigen dagegen sind es nur halb so viele, wie es ihrem zahlenmäßi­gen Anteil an der Bevölkerun­g entspricht.

Auf die engagierte­n Frauen könne man stolz sein, sagte Stephanie Eßwein. „Frauenpoli­tik ist Strukturpo­litik und somit unser aller Politik!“Ein gemeinsame­s politische­s Konzept nicht nur für Frauen forderte Veronika Gromann (Grüne). Männer sollten sich nicht wie Gottes Geschenk an die Menschheit aufführen, schmunzelt­e Carola Merk-Rudolph. „Gemeinsam können wir was erreichen.“Handlungse­mpfehlunge­n voranzubri­ngen, regte Bernhard Ritter (Freie Wähler) an, an Ressourcen dürfe dies nicht scheitern. „Jetzt erst recht, liebe Frauen und Männer“, wandte sich Cynthia Schneider (Linke) ans Gremium. „Gemeinsam werden wir es schaffen.“

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