Die Abwehrkräfte gegen das Virus mobilisieren
Bewegung, Sonnenlicht und Schutz der Atemwege – Wie jetzt das Immunsystem gestärkt werden kann
GGG- In den Supermärkten ist das Klopapier ausverkauft und die Kühltruhen mit Fertiggerichten sind mancherorts leer geräumt. Aber reicht das? Beziehungsweise verhalten wir uns richtig angesichts der Gefahren des Coronavirus? Was können wir – außer sich täglich mehrmals die Hände zu waschen und Abstand zu seinem Gegenüber zu halten – noch tun, um unsere Abwehrkräfte zu stärken?
Mit einer geschwächten Immunabwehr ist der Mensch anfälliger für Krankheitserreger. Ein Faktor kann dabei ein Mangel an Vitamin D sein, dessen Bildung durch Sonnenlicht angeregt wird. So konnten Forscher zeigen, dass Vitamin D die Killerzellen des Immunsystems mobilisiert und dadurch der Bekämpfung von Krankheitserregern dient. „Vitamin D ist wichtig und hat immunmodulatorische Wirkungen“, bestätigt Professor Jan Steffen Jürgensen, Medizinischer Vorstand Klinikum Stuttgart, der „Schwäbischen Zeitung“. „Hier reichen zumindest im sonnigen Schwaben aber relativ kurze Zeiten, also wenige Minuten für Gesicht und Hände, um ausreichend Licht zu tanken“, sagt Jürgensen.
Gleichzeitig, so Jürgensen, sei Bewegung gesund für Körper und Geist, in diesen Zeiten allerdings nicht in Gruppen oder im Fitnessstudio. „Insofern ist es jetzt ratsam, eher einen Waldspaziergang oder eine Radtour zu machen, als beim Ringkampf im Schwitzkasten zu stecken.“Auch der Arzt Kurt Mosetter, der das Zentrum für interdisziplinäre Therapie (ZiT) in Konstanz leitet, hebt die Bedeutung von Bewegung hervor. „Muskelhormone helfen unserem Immunsystem“, sagt der 55-Jährige der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Hormone, so Mosetter, stellen die Immunzellen scharf, sie transportieren die Antikörper an den Ort, an dem sie gebraucht werden. „Deshalb hilft Sport.“Bereits einfache Kraftoder Dehnübungen könnten die Produktion anregen und damit das Immunsystem
gegen zum Beispiel Infektionen mit Viren oder anderen Erregern.
GDie Verführung ist groß: Die Tiefkühlkost in den Ofen oder die Mikrowelle, das erspart lästiges und in diesen Zeiten womöglich infektiöses Einkaufen im Supermarkt. Aber ist dieses Verhalten auch sinnvoll? „Etwas Tiefkühlpizza sollte nicht schaden“, sagt Jürgensen, „auch wenn in einigen Fertiggerichten natürlich mehr Fett, Salz, gehärtete Fette und Co. zu finden sind. Die Dosis mache das Gift.“Je höher allerdings die Dosis, sprich der Zuckerspiegel, desto anfälliger reagiert der Mensch auf das Virus, meint Kurt Mosetter. Er warnt dabei vor einem Mangel an Zink, Magnesium und Vitamin C. „Dagegen können wir ganz viel mit
Grünzeug tun“, betont der Arzt. Gemüse gehört also auf den Speiseplan, gerne auch Gemüsesmoothies, Obst, Nüsse, Avocados, Beeren. Und wir können noch mehr tun: „Die Fernsteuerung für unser Immunsystem sitzt im Darm“, erklärt Mosetter. Die Bakterien im Darm würden wiederum durch Ballaststoffe gefüttert. „Da kann der Mensch nachhelfen“, mit Hülsenfrüchten, mit rotem und schwarzem Reis, mit Buchweizen, Kichererbsen oder Linsen.
G„Aus meiner Sicht sind Nahrungsergänzungsmittel nicht sinnvoll, manchmal sogar schädlich“, sagt Medizinvorstand Jürgensen. „Wenige Ausnahmen gibt es für Menschen, die aufgrund von Stoffwechselerkrankungen, Unverträglichkeiten oder Vorerkrankungen, zum Beispiel einem Kurzdarmsyndrom oder einer Magenverkleinerung, einen Mangel haben.“Kurt Mosetter plädiert für eine Einnahme von Vitamin D-Mitteln etwa bei Heimbewohnern, die nicht nach draußen kommen und denen es an Sonne fehlt.
GDie Pandemie kann Ängste auslösen, allein die veränderten Lebensumstände mit der Beschränkung auf die eigenen vier Wände zerren an den Nerven. „Bei Stress geht das Immunsystem in die Knie“, sagt Mosetter. „Und der allergrößte Stress entsteht, wenn man sozial abgeschirmt ist.“Professor Jürgensen rät daher: „Telefonieren, Skypen, füreinander Einkaufen und freundliche Gesten helfen.“Kontraproduktiv sei dagegen: „Schlafmangel, Überlastung, Stress, Alkoholexzesse.“
GNach aktuellem Stand überträgt sich das Coronavirus über Tröpfcheninfektion. „Diese Tröpfchen bleiben entweder an den Schleimhäuten der Nase, des Rachenraums oder an den Wänden der Luftröhre und Bronchien haften“, so Viola Vogel, Professorin von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich. Bereits das Atmen durch die Nase reduziere die Zahl der Viren, die in den Mund und Rachenraum gelangen, so Vogel in einem Hochschulbeitrag. Sie rät zu Mundspülungen. „Auch bewährte Hausmittel wie Gurgeln und heißen Ingwertee trinken, mit denen wir frühe Symptome einer Grippe bekämpfen, haben dabei durchaus ihre Berechtigung.“Inhalieren von Wasserdampf sei ebenfalls hilfreich. Auf das Rauchen sollte man verzichten, so Vogel. Ihr Fazit: „Wir sind dem Coronavirus nicht hilflos ausgeliefert.“