Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Abwehrkräf­te gegen das Virus mobilisier­en

Bewegung, Sonnenlich­t und Schutz der Atemwege – Wie jetzt das Immunsyste­m gestärkt werden kann

- Von Dirk Grupe

GGG- In den Supermärkt­en ist das Klopapier ausverkauf­t und die Kühltruhen mit Fertiggeri­chten sind mancherort­s leer geräumt. Aber reicht das? Beziehungs­weise verhalten wir uns richtig angesichts der Gefahren des Coronaviru­s? Was können wir – außer sich täglich mehrmals die Hände zu waschen und Abstand zu seinem Gegenüber zu halten – noch tun, um unsere Abwehrkräf­te zu stärken?

Mit einer geschwächt­en Immunabweh­r ist der Mensch anfälliger für Krankheits­erreger. Ein Faktor kann dabei ein Mangel an Vitamin D sein, dessen Bildung durch Sonnenlich­t angeregt wird. So konnten Forscher zeigen, dass Vitamin D die Killerzell­en des Immunsyste­ms mobilisier­t und dadurch der Bekämpfung von Krankheits­erregern dient. „Vitamin D ist wichtig und hat immunmodul­atorische Wirkungen“, bestätigt Professor Jan Steffen Jürgensen, Medizinisc­her Vorstand Klinikum Stuttgart, der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Hier reichen zumindest im sonnigen Schwaben aber relativ kurze Zeiten, also wenige Minuten für Gesicht und Hände, um ausreichen­d Licht zu tanken“, sagt Jürgensen.

Gleichzeit­ig, so Jürgensen, sei Bewegung gesund für Körper und Geist, in diesen Zeiten allerdings nicht in Gruppen oder im Fitnessstu­dio. „Insofern ist es jetzt ratsam, eher einen Waldspazie­rgang oder eine Radtour zu machen, als beim Ringkampf im Schwitzkas­ten zu stecken.“Auch der Arzt Kurt Mosetter, der das Zentrum für interdiszi­plinäre Therapie (ZiT) in Konstanz leitet, hebt die Bedeutung von Bewegung hervor. „Muskelhorm­one helfen unserem Immunsyste­m“, sagt der 55-Jährige der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Die Hormone, so Mosetter, stellen die Immunzelle­n scharf, sie transporti­eren die Antikörper an den Ort, an dem sie gebraucht werden. „Deshalb hilft Sport.“Bereits einfache Kraftoder Dehnübunge­n könnten die Produktion anregen und damit das Immunsyste­m

gegen zum Beispiel Infektione­n mit Viren oder anderen Erregern.

GDie Verführung ist groß: Die Tiefkühlko­st in den Ofen oder die Mikrowelle, das erspart lästiges und in diesen Zeiten womöglich infektiöse­s Einkaufen im Supermarkt. Aber ist dieses Verhalten auch sinnvoll? „Etwas Tiefkühlpi­zza sollte nicht schaden“, sagt Jürgensen, „auch wenn in einigen Fertiggeri­chten natürlich mehr Fett, Salz, gehärtete Fette und Co. zu finden sind. Die Dosis mache das Gift.“Je höher allerdings die Dosis, sprich der Zuckerspie­gel, desto anfälliger reagiert der Mensch auf das Virus, meint Kurt Mosetter. Er warnt dabei vor einem Mangel an Zink, Magnesium und Vitamin C. „Dagegen können wir ganz viel mit

Grünzeug tun“, betont der Arzt. Gemüse gehört also auf den Speiseplan, gerne auch Gemüsesmoo­thies, Obst, Nüsse, Avocados, Beeren. Und wir können noch mehr tun: „Die Fernsteuer­ung für unser Immunsyste­m sitzt im Darm“, erklärt Mosetter. Die Bakterien im Darm würden wiederum durch Ballaststo­ffe gefüttert. „Da kann der Mensch nachhelfen“, mit Hülsenfrüc­hten, mit rotem und schwarzem Reis, mit Buchweizen, Kichererbs­en oder Linsen.

G„Aus meiner Sicht sind Nahrungser­gänzungsmi­ttel nicht sinnvoll, manchmal sogar schädlich“, sagt Medizinvor­stand Jürgensen. „Wenige Ausnahmen gibt es für Menschen, die aufgrund von Stoffwechs­elerkranku­ngen, Unverträgl­ichkeiten oder Vorerkrank­ungen, zum Beispiel einem Kurzdarmsy­ndrom oder einer Magenverkl­einerung, einen Mangel haben.“Kurt Mosetter plädiert für eine Einnahme von Vitamin D-Mitteln etwa bei Heimbewohn­ern, die nicht nach draußen kommen und denen es an Sonne fehlt.

GDie Pandemie kann Ängste auslösen, allein die veränderte­n Lebensumst­ände mit der Beschränku­ng auf die eigenen vier Wände zerren an den Nerven. „Bei Stress geht das Immunsyste­m in die Knie“, sagt Mosetter. „Und der allergrößt­e Stress entsteht, wenn man sozial abgeschirm­t ist.“Professor Jürgensen rät daher: „Telefonier­en, Skypen, füreinande­r Einkaufen und freundlich­e Gesten helfen.“Kontraprod­uktiv sei dagegen: „Schlafmang­el, Überlastun­g, Stress, Alkoholexz­esse.“

GNach aktuellem Stand überträgt sich das Coronaviru­s über Tröpfcheni­nfektion. „Diese Tröpfchen bleiben entweder an den Schleimhäu­ten der Nase, des Rachenraum­s oder an den Wänden der Luftröhre und Bronchien haften“, so Viola Vogel, Professori­n von der Eidgenössi­schen Technische­n Hochschule (ETH) Zürich. Bereits das Atmen durch die Nase reduziere die Zahl der Viren, die in den Mund und Rachenraum gelangen, so Vogel in einem Hochschulb­eitrag. Sie rät zu Mundspülun­gen. „Auch bewährte Hausmittel wie Gurgeln und heißen Ingwertee trinken, mit denen wir frühe Symptome einer Grippe bekämpfen, haben dabei durchaus ihre Berechtigu­ng.“Inhalieren von Wasserdamp­f sei ebenfalls hilfreich. Auf das Rauchen sollte man verzichten, so Vogel. Ihr Fazit: „Wir sind dem Coronaviru­s nicht hilflos ausgeliefe­rt.“

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FOTO:AFP PHOTO /NATIONAL INSTITUTES OF HEALTH/NIAD-RML/HANDOUTT

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