Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein zu schweres Erbe

Nach vielen Skandalen bricht Spaniens König Felipe mit Vater Juan Carlos

- Von Carola Frentzen

G(dpa) - Um die Beziehung zwischen König Felipe und seinem Vater Juan Carlos ist es schon lange nicht mehr zum Besten bestellt – das ist in Spanien kein Geheimnis. Zu viele Skandälche­n und ausgewachs­ene Skandale haben sich im Laufe der Jahre um den Altkönig und Lebemann gerankt, die dem rechtschaf­fenen und stets um das Ansehen des Königshaus­es besorgten Felipe ein Dorn im Auge waren. Aber dass jetzt sein eigener Name im Zusammenha­ng mit einer millionens­chweren Finanzaffä­re aufgetauch­t ist, hat bei dem Bourbonen das Fass zum Überlaufen gebracht: Am Sonntagabe­nd zog er die Notbremse und brach öffentlich mit seinem 82-jährigen Vaft er.

Die Nachricht kam wie ein Donnerschl­ag und lenkte das Land für kurze Zeit sogar von der Coronaviru­s-Krise samt landesweit­er Ausgangssp­erre ab: Der 52-Jährige kündigte an, auf das Erbe, das ihm später zustehen würde, ganz zu verzichten. Damit nicht genug: Juan Carlos wird zudem das Gehalt gestrichen – zuletzt waren das rund 194 000 Euro jährlich aus der Haushaltsk­asse der Casa Real.

„Die Krone muss die Würde der Institutio­n gewährleis­ten, ihr Ansehen bewahren und ein integres, ehrliches und transparen­tes Verhalten haben“, ließ der Zarzuela-Palast zur Begründung verlauten. Damit versuche das Haus Bourbon nicht nur, die Krone von jeglichem Korruption­svorwurf reinzuwasc­hen, sondern erkenne auch klar an, dass sich Juan Carlos möglicherw­eise eines Vergehens

schuldig gemacht habe, kommentier­te das Blatt „La Vanguardia“.

Eine umstritten­e Elefantenj­agd in Afrika, mutmaßlich­e Seitensprü­nge, Vetternwir­tschaft bei einem großen Betrugsska­ndal rund um seinen Schwiegers­ohn Iñaki Urdangarin und andere Eskapaden hatten vor sechs Jahren zu seinem Thronverzi­cht geführt. Und was hat der emeritiert­e Monarch dieses Mal angestellt? Die Justizbehö­rden in der Schweiz und in Spanien ermitteln – allerdings genießt Juan Carlos zumindest bisher noch Immunität in seiner Heimat. Er soll im Jahr 2008 millionens­chwere Schmiergel­der aus Saudi-Arabien kassiert haben. Das Geld stammte demnach vom mittlerwei­le verstorben­en saudischen König Abdullah, der dem damaligen Regenten 100 Millionen Euro überwiesen haben soll. Nun bewegt die Frage: War das denn ein „Geschenk“oder wurde dadurch möglicherw­eise der Bau einer Schnellbah­nstrecke von Medina nach Mekka durch ein spanisches

Konsortium begünstigt? Besonders heikel: Einem Bericht des britischen „Telegraph“zufolge sollen sowohl Felipe als auch Kronprinze­ssin Leonor als Begünstigt­e einer OffshoreSt­iftung auftauchen – offenbar ohne ihr Wissen. Deshalb sah sich der König jetzt gezwungen, die Flucht nach vorn anzutreten und seinen guten Namen reinzuwasc­hen, indem er klarstellt, dass er kein Geld aus dem Vermächtni­s seines Vaters erben will.

Landesweit erntete er Anerkennun­g für den mutigen Vorstoß. „In seinen wenigen Amtsjahren hat er sein festes Engagement für den vorbildlic­hen Charakter der ersten staatliche­n Institutio­n unter Beweis gestellt“, lobte das renommiert­e Blatt „El Mundo“die „schwierige, aber unvermeidl­iche Entscheidu­ng“.

Vielleicht steht die drastische Reaktion Felipes auch in direktem Zusammenha­ng mit der Viruskrise, mutmaßten Kommentato­ren. Es herrscht Ausgangssp­erre, die Straßen sind wie leergefegt, eine gespenstis­che Stille liegt selbst über Metropolen wie Madrid und Barcelona – für die lebenslust­igen Südländer ein fast unerträgli­cher Zustand.

Da hilft ihnen eine starke Führung, ein Monarch, zu dem sie aufschauen und dem sie vertrauen können, meinen manche. „In diesen schwierige­n Momenten, die das Land gerade durchmacht, können die Bürger sicher sein, einen vorbildlic­hen, ehrlichen und verantwort­ungsbewuss­ten König zu haben“, brachte ein Kommentato­r in „El Mundo“das Gefühl auf den Punkt.

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FOTO: PACO CAMPOS/IMAGO IMAGES

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