Helfen die Reichen den Armen?
Ohne die Solidarität der großen Clubs dürfte der deutsche Fußball in Nöte geraten – Söder ruft Spieler zum Gehaltsverzicht auf
(SID/dpa/sz) - Christian Seifert fasste sich kurz. Solidarität in der Liga sei bei der Mitgliederversammlung „nicht thematisiert worden“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga. Das heißt: Vorerst kämpfen die 36 Clubs der Bundesliga und der 2. Liga für sich allein.
Die Granden des Geschäfts scheinen sich ohnehin uneins zu sein, wie und ob der Starke dem Schwachen helfen sollte. Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß sieht darin „eine einmalige Chance“. Hans-Joachim Watzke hat hingegen keine allzu große Lust, sein Stück vom Kuchen zu teilen. „Am Ende können nicht die Clubs, die ein bisschen Polster angesetzt haben in den letzten Jahren, die Clubs, die das nicht getan haben, dafür auch noch belohnen“, sagte der Vorstandschef von Borussia Dortmund.
Watzke sieht zwar eine „große Solidarität“, ist aber für eine „ehrliche“Haltung: „Wir haben ein Wirtschaftsunternehmen und sind auch Konkurrenten.“
Zudem: Wenn eine Tranche des TV-Gelds zurückgezahlt werden müsse, zahlten Vereine wie der BVB, 2005 selbst kurz vor dem Kollaps, und der damalige Helfer FC Bayern „anteilsmäßig auch mehr zurück“. Selbstverständlich,
nachdem sie zuvor auch weit mehr bekamen. Auch darüber, wie ungleich sie selbst ihr Geld verteilt, könnte die DFL einmal nachdenken. Das wollen die großen Clubs (noch) nicht, ihnen dürfte es auch künftig gut gehen. Anders sieht es in Düsseldorf oder Paderborn aus, in Sandhausen oder Wehen – und natürlich in den Ligen darunter bis hin zum Breitensport, in dem laut NRW-Ministerpräsident Armin Laschet „wenige Tausend Euro“entscheiden können.
Bei den Drittligisten, denen der DFB Hilfe bei der „Liquiditätssicherung“(Generalsekretär Friedrich Curtius) zusagt, und den Vereinen der 4. oder 5. Liga wird es sehr eng werden. Für den 1. FC Kaiserslautern (3. Liga) ging es schon vorher um alles oder nichts. Marcus Uhlig, Präsident von Rot-Weiss Essen in der Regionalliga West, sprach von „immens brutalen wirtschaftlichen Schlägen“. Es stünden „dramatisch hohe Einnahmeverluste“bevor. DFB-Sonderdarlehen dürfen laut „kicker“aus rechtlichen Gründen nicht in tiefere Ligen gehen, die einen anderen Träger haben.
Laschet will abwarten und Einzelfälle beurteilen, stellt aber klar: „Es wird sicher keine Hilfe für die Millionäre in den Vereinen geben.“Im Gegenteil: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder rief die Spieler dazu auf, auf Millionen zu verzichten, um ihren Vereinen zu helfen. Dies sei kein Fall für die Politik. „Ganz ehrlich: Es ist nicht die wichtigste und vordringlichste Aufgabe, jetzt dafür zu sorgen, dass die Profivereine wirtschaftlich überleben können“, sagte Söder der „Bild“. Wichtig sei die Sicherstellung der medizinischen Versorgung.
Söder sagte, er fände es gut, wenn viele derjenigen Spieler, „die ganz große Gehälter bekommen“, ihren Arbeitgebern etwas zurückhaltender wären. In der Bundesliga würden Millionen verdient. Um die Phase jetzt zu überbrücken, sei Solidarität nicht nur von den Vereinen, sondern auch von den Spielern gefragt – diese lebten schließlich von den Vereinen. „Deswegen wäre vielleicht die Idee, dass da jeder seinen Beitrag macht, damit sein Verein, die Liga und der Sport auch dann wieder stattfinden kann, wenn die Krise überwunden wurde.“
Watzke ist da skeptisch: Ein Gehaltsverzicht sei zwar denkbar, Solidarität in dieser Hinsicht aber kaum vorauszusetzen, sagt er. „Pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten). Aber je länger das dauert, müssen wir diese Frage natürlich stellen.“
Manch klammer Club ist skeptisch, ob der Sport tatsächlich zusammenhält. „Es wird sich zeigen, ob es im Fußball eine Solidarität gibt, ob Verlierer demokratische Beschlüsse mittragen, wenn Entscheidungen gefällt werden müssen, nach denen es Gewinner und Verlierer gibt“, sagt Manfred Schwabl, Präsident des Drittligisten SpVgg Unterhaching. Einen Vorschlag zum Sparen hat er schon: mehr Jugendspieler einsetzen.