Hilferufe erhört
UEFA verschiebt die EM auf Sommer 2021 – Auch der Europapokal steht weiter still
BERLIN (dpa/SID) - Das Unausweichliche ist nun Realität, die Hilferufe der Clubs und Ligen wurden erhört, die UEFA ist eingeknickt: Nach langem Zögern hat die Europäische Fußball-Union die für dieses Jahr geplante EM-Endrunde wegen der Coronavirus-Pandemie auf den Sommer 2021 verschoben. Nach einem Krisengipfel beschloss die UEFA die historische Verlegung des paneuropäischen Megaturniers, das vom
12. Juni bis zum 12. Juli in zwölf Ländern ausgetragen werden sollte. Als neuen Termin für die Endrunde schlug die UEFA den Zeitraum vom
11. Juni bis 11. Juli 2021 vor.
„Es war wichtig, dass die UEFA als Dachverband des europäischen Fußballs den Prozess anführte und das größte Opfer brachte“, sagte UEFAPräsident Aleksander Ceferin: „Die Verschiebung der EURO 2020 ist für die UEFA mit enormen Kosten verbunden, aber wir werden unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass die lebenswichtige Finanzierung des Breiten- und Frauenfußballs und die Entwicklung des Spiels in unseren 55 Ländern nicht beeinträchtigt wird.“
Damit haben die nationalen Ligen nun den dringend benötigten Puffer, um die Saison noch im Sommer zu Ende spielen zu können. Die zuvor schon von vielen Seiten geforderte Entscheidung fällte das UEFA-Exekutivkomitee nach mehreren Videokonferenzen, an denen Vertreter aller 55 Mitgliedsverbände, der nationalen Ligen sowie der Europäischen Clubvereinigung ECA teilnahmen.
Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) stieß die Entscheidung auf breite Zustimmung. „Wir alle müssen die Gesundheit und das Leben von Menschen schützen, das gilt selbstverständlich auch für den Fußball. Deshalb ist es völlig richtig und alternativlos, die EURO zu verschieben“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. DFB-Präsident Fritz Keller lobte die UEFA, dass sie „ihrer Verantwortung gerecht geworden“ist.
Der Spielbetrieb in Champions und Europa League, die derzeit unterbrochen sind, wird indes weiter ausgesetzt. Möglicherweise werden die Europapokal-Wettbewerbe in Final-Four-Turnieren
entschieden. Der DFB teilte mit, dass die europäischen Club-Wettbewerbe „auch am Wochenende stattfinden könnten“. Im Gegenzug seien Bundesliga-Partien „von Dienstag bis Donnerstag“möglich. Die für Ende März angesetzten Länderspiele sollen ebenso wie die Play-offs zur EM Anfang Juni ausgetragen werden, sofern es die CoronaPandemie zulässt. Das Länderspiel der deutschen Mannschaft in Spanien am 26. März wurde abgesagt. Die UEFA hatte zuvor Medienberichten widersprochen, wonach sie von den Vereinen und Ligen rund 300 Millionen Euro für eine Verschiebung der EM verlange.
Neben den Olympischen Spielen in Tokio (24. Juli bis 9. August), von deren Austragung die japanischen Organisatoren weiter ausgehen, war die EURO das bedeutendste Sportereignis dieses Jahres, die deutsche Nationalmannschaft sollte ihre Vorrundenspiele
in München gegen Weltmeister Frankreich, Titelverteidiger Portugal sowie den Sieger eines Playoff-Turniers bestreiten. Der 17. März geht nun als historischer Tag in die Geschichte der UEFA ein, noch nie wurde seit der Gründung 1954 zuvor eine EM verschoben.
Immerhin dürften zwei Hindernisse, die durch die Verlegung entstanden, gleich aus dem Weg geräumt sein: Der Weltverband FIFA signalisierte seine Bereitschaft, die im Sommer 2021 in China geplante Club-WM auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen und damit Platz für die EURO zu schaffen. Für die Frauen-EM in England, die von 7. Juli bis 1. August 2021 geplant war, werde „in Kürze“ein neuer Termin bekannt gegeben, teilte die UEFA mit.
Angesichts der raschen Verbreitung des Virus ruht derzeit in fast allen europäischen Ligen der Spielbetrieb. Die Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) hatte am Montag beschlossen, dass in der Bundesliga und 2. Liga bis mindestens 2. April nicht gespielt wird. Bis zuletzt hatte die UEFA trotzdem noch strikt am Terminkalender für die EURO festgehalten – dass dieser aufgrund der Verzögerungen in den nationalen Ligen nicht haltbar sein würde, hatte sich aber schon abgezeichnet.
Die Nationalspieler hätten „natürlich wahnsinnig gerne die EURO im Sommer gespielt, was sie sich auch erarbeitet hatten“, sagte Löw. „Jeder Sportler lebt doch für diese großen Spiele, für diese großen Turniere, die ein Land, einen ganzen Kontinent oder bei Weltmeisterschaften die ganze Welt begeistern.“Doch nun kommt alles anders. Zu einer Gesinnungsänderung bei der UEFA dürfte auch geführt haben, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO das Coronavirus am vergangenen Mittwoch erstmals als Pandemie eingestuft hatte. Zehntausende Fans, die wegen der EM quer durch Europa reisen, wurden vor diesem Hintergrund zu einer Horrorvorstellung.
„Es war wichtig, dass die UEFA als Dachverband des europäischen Fußballs den Prozess anführte und das größte Opfer brachte.“
„Jeder Sportler lebt doch für diese großen Spiele, für diese großen Turniere, die [...] die ganze Welt begeistern.“