„Die Verantwortung liegt jetzt bei den Trainern“
Sportwissenschaftler Peter Rothenstein über Home Office für Sportler und mehr
AALEN - Er hat schon Profifußballer fit gemacht und kümmert sich jetzt besonders um Schwimmer. Peter Rothenstein, Diplom-Sportwissenschaftler und Sportlicher Leiter der Aalener Sportallianz, weiß, was Sport benötigen um ihre Leistungen zu bringen. Durch die Corona-Krise ist die Situation für die Athleten und Amateure aber eine andere. Sportredakteur Benjamin Post hat sich mit Rothenstein am Telefon über Home Office für Sportler und mehr unterhalten.
Home Office ist nicht nur das Schlagwort für den normalen Berufstätigen, sondern auch Profisportler, aber auch Amateure. Was sagen Sie dazu?
In den Sportarten, die an Land stattfinden, gibt es viele Möglichkeiten zu trainieren. Doch die Trainingspläne müssen von den Coaches gut abgestimmt werden. Man kann viele Übungen machen, die ohne großes Equipment möglich sind. Siehe unsere #stayathomechallenge, bei der wir als Aalener Sportallianz Übungen über Videos anbieten.
Worauf muss man achten? Wichtig ist, dass man keinen Lagerkoller bekommt. Man muss auch raus gehen und Sport treiben. Der Ausgleich ist wichtig. Das Problem für den Laien ist, dass er nicht weiß ob er richtig trainiert. Falsches Training bringt Schaden mit sich. Individuell zu trainieren ist aber eine gute Sache.
Mannschaftstraining – Sie kennen das Athletiktraining ja aus ihrer Zeit beim damaligen Drittligisten VfR Aalen – das geht eigentlich nicht. Wie sehen Sie die Situation? Bei den Bundesligisten mache ich mir keine Sorgen. Die Profivereine haben gute technische Möglichkeiten auch taktische Dinge umzusetzen. Ich mache mir Sorgen um die unteren Klassen. Zwei bis vier Wochen ohne Mannschaftstraining sind kein Problem. Der Mannschaftssport liegt aber länger brach. Wenn man nach China schaut: Das gibt es erst nach über zwei Monaten erste Lockerungen
in der Corona-Krise.
Individualtraining hat aber auch Vorteile.
Ja, man kann an einzelnen Schwächen arbeiten. Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer sind Elemente, die man auch alleine trainieren kann. Und wenn es rein nüchtern betrachtet: Die Situation für die Mannschaften ist jetzt wie bei Spielern, die nach einer Verletzung zum Beispiel sechs oder acht Monate lang ausfallen und nach Individualtraining zurück kommen. Man sagt ja oft: Er spielt, als wäre er nie weg gewesen.
Sie sind für Individualisten zuständig – doch für Schwimmer an Land ist es schwer. Die Schwimmer haben alle individuelle Trainingspläne bekommen. Man kann einige Übungen auch zu Land umsetzen. Auf die Trainingssteuerung kommt jetzt eine besondere Bedeutung zu: Die Verantwortung liegt jetzt bei den Trainern.
In Carolin Morassi hat die Sportallianz eine Spitzenschwimmerin in ihren Reihen. Fernziel ist Olympia, Nahziel waren die Deutschen Meisterschaften in Berlin im Mai, die auch abgesagt wurden.
Durch die Absage der Deutschen Meisterschaften ist für Carolin schon kurzzeitig die Motivation abhandengekommen. Aber durch intensive Gespräche und der Neuausrichtung der Trainingsprogramme ist die Motivation wieder da und Caro trainiert nun mehr als vorher, um das fehlende Wassertraining zu kompensieren. Ein Wassertraining kann man nicht zu 100 Prozent kompensieren, aber wir versuchen das beste aus der Situation zu machen. Die Hallenbäder sind ja leider alle geschlossen. Eventuell haben die deutschen Top-Schwimmer an anderen Standorten wie an den Olympiastützpunkten noch ihre Möglichkeiten zum Schwimmtraining, deshalb ist es sehr wichtig, dass Caro diese Zeit nun intensiv für sich nutzen kann.