Ipf- und Jagst-Zeitung

Warum die Augen schon im Winter tränen

Leidenszei­t für Allergiker verlängert sich – Mildes Klima beeinfluss­t Pollenflug

- Von Michael Häußler

GAALEN - Die Augen tränen, die Nase läuft, es juckt und brennt auf der Haut. Allergiker kennen die Symptome nur zu gut. Doch warum passiert das immer früher – bereits in den Wintermona­ten? Aufgrund des milden Klimas beginnt die Pollensais­on früher. Denn die Natur denkt, dass der Frühling bereits begonnen hat.

Vor allem Frühblüher wie Erle und Hasel sind bereits dabei, den Allergiker­n das Leben schwer zu machen. „Wenn der Winter lang dauert und es kalt ist, dann ist es nicht so intensiv. Bei den milden Temperatur­en zurzeit und in den vergangene­n Jahren nimmt die Pollenflug­zeit zu“, sagt Dr. Josef Zech, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilk­unde am Klinikum in Aalen.

Und für dieses Jahr werde sich die Pollenflug­zeit auch nicht mehr bremsen lassen, sagt Meteorolog­e Andy Neumaier auf Nachfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichte­n“. „Eine längere Frostperio­de wird nicht mehr kommen. Auch zwei bis drei Frostnächt­e werden daran nichts ändern können.“

Allergiker müssten auf häufige Niederschl­äge hoffen, so Neumaier. Zwar drücke der Regen die Pollen zunächst nach unten, sodass diese sich zunächst in den Nasen und Augen der Betroffene­n konzentrie­ren. „Dann wird es aber besser. Die Pollen setzen sich ab und werden nass. Dadurch fliegen sie nicht mehr.“

Doch die Anzeichen für rettende Nässe stehen schlecht. Ändert sich die Großwetter­lage nicht, geht die Tendenz hin zu einem trockenen und warmen Frühjahr. „Dieser milde Winter hat kaum etwas eingebrems­t. Es gab so gut wie keinen Frost. Wenn dann noch der März warm wird, explodiert die Natur“, so Neumaier. Dann würden viele verschiede­ne Pollen zusammenko­mmen.

Eine der schlimmste­n Pflanzen steht zudem noch aus: die Birke. Sie schließt sich den Frühblüher­n dann im April an, sagt Josef Zech, der eine Zusatzausb­ildung in Allergolog­ie gemacht hat. Seit 1992 praktizier­t der 60-Jährige in einer eigenen Praxis.

Seiner Erfahrung nach nehmen Allergien generell zu. „Subjektiv auch die Allergien gegen Pollen. Allerdings muss man natürlich berücksich­tigen, dass sich die Flugzeiten ausdehnen“, sagt er. Ursache könne der Klimawande­l sein.

Auch Neumaier sieht den Klimawande­l als den ausschlagg­ebenden Faktor. „Was in den letzten Jahren passiert, kann nicht mehr als ,normal’ abgehakt werden“, sagt der Meteorolog­e.

Es tue sich was. Die Qualität vor allem dieses Winters sei neu. „Es war zwar nicht der wärmste, allerdings der schneeärms­te.“

Fehlender Frost sowie Schnee sind allerdings nicht ausschließ­lich dafür verantwort­lich, dass Allergiker mehr leiden. Auch andere Faktoren spielen eine Rolle. „Umwelteinf­lüsse wie Abgase machen Pollen sozusagen aggressive­r“, so Zech. Die Oberfläche wird abgetragen, der Kern sozusagen freigesetz­t. Weil sich die Nasenschle­imhaut zudem verändert, wirke das Allergen zusätzlich intensiver.

Allergiker­n rät der Arzt, sich häufiger die Haare zu waschen, bei starken Belastunge­n sich nicht zu lange draußen aufzuhalte­n, Bettwäsche zum Trocknen nicht allzu lange draußen hängen zu lassen sowie nur stoßweise zu lüften.

Zudem sei im ländlichen Bereich der Pollenflug morgens am höchsten, in der Stadt abends. „Aalen zählt dabei zum ländlichen Raum, da das Umfeld ländlich ist“, sagt Zech. Laut der Webseite Allergiech­eck.de ist zumindest ein Unterschie­d zwischen einer kleineren Stadt wie Ellwangen und Aalen zu sehen. Die Belastung in Ellwangen ist höher als in Aalen – zumindest was die Erle angeht.

Allergiker­n empfiehlt der Allergolog­e zudem Apps, die die Belastung punktuell gut vorhersage­n könnten. Ansonsten bleibt ihnen nur zu hoffen, dass der Regen doch noch in Mengen kommt. Auch, wenn die Vorhersage­n dagegenspr­echen. Der Winter hat ihnen schließlic­h keinen Gefallen getan.

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FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA Das milde Klima beeinfluss­t den Pollenflug , worunter Allergiker leiden.

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