Warum die Augen schon im Winter tränen
Leidenszeit für Allergiker verlängert sich – Mildes Klima beeinflusst Pollenflug
GAALEN - Die Augen tränen, die Nase läuft, es juckt und brennt auf der Haut. Allergiker kennen die Symptome nur zu gut. Doch warum passiert das immer früher – bereits in den Wintermonaten? Aufgrund des milden Klimas beginnt die Pollensaison früher. Denn die Natur denkt, dass der Frühling bereits begonnen hat.
Vor allem Frühblüher wie Erle und Hasel sind bereits dabei, den Allergikern das Leben schwer zu machen. „Wenn der Winter lang dauert und es kalt ist, dann ist es nicht so intensiv. Bei den milden Temperaturen zurzeit und in den vergangenen Jahren nimmt die Pollenflugzeit zu“, sagt Dr. Josef Zech, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Klinikum in Aalen.
Und für dieses Jahr werde sich die Pollenflugzeit auch nicht mehr bremsen lassen, sagt Meteorologe Andy Neumaier auf Nachfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten“. „Eine längere Frostperiode wird nicht mehr kommen. Auch zwei bis drei Frostnächte werden daran nichts ändern können.“
Allergiker müssten auf häufige Niederschläge hoffen, so Neumaier. Zwar drücke der Regen die Pollen zunächst nach unten, sodass diese sich zunächst in den Nasen und Augen der Betroffenen konzentrieren. „Dann wird es aber besser. Die Pollen setzen sich ab und werden nass. Dadurch fliegen sie nicht mehr.“
Doch die Anzeichen für rettende Nässe stehen schlecht. Ändert sich die Großwetterlage nicht, geht die Tendenz hin zu einem trockenen und warmen Frühjahr. „Dieser milde Winter hat kaum etwas eingebremst. Es gab so gut wie keinen Frost. Wenn dann noch der März warm wird, explodiert die Natur“, so Neumaier. Dann würden viele verschiedene Pollen zusammenkommen.
Eine der schlimmsten Pflanzen steht zudem noch aus: die Birke. Sie schließt sich den Frühblühern dann im April an, sagt Josef Zech, der eine Zusatzausbildung in Allergologie gemacht hat. Seit 1992 praktiziert der 60-Jährige in einer eigenen Praxis.
Seiner Erfahrung nach nehmen Allergien generell zu. „Subjektiv auch die Allergien gegen Pollen. Allerdings muss man natürlich berücksichtigen, dass sich die Flugzeiten ausdehnen“, sagt er. Ursache könne der Klimawandel sein.
Auch Neumaier sieht den Klimawandel als den ausschlaggebenden Faktor. „Was in den letzten Jahren passiert, kann nicht mehr als ,normal’ abgehakt werden“, sagt der Meteorologe.
Es tue sich was. Die Qualität vor allem dieses Winters sei neu. „Es war zwar nicht der wärmste, allerdings der schneeärmste.“
Fehlender Frost sowie Schnee sind allerdings nicht ausschließlich dafür verantwortlich, dass Allergiker mehr leiden. Auch andere Faktoren spielen eine Rolle. „Umwelteinflüsse wie Abgase machen Pollen sozusagen aggressiver“, so Zech. Die Oberfläche wird abgetragen, der Kern sozusagen freigesetzt. Weil sich die Nasenschleimhaut zudem verändert, wirke das Allergen zusätzlich intensiver.
Allergikern rät der Arzt, sich häufiger die Haare zu waschen, bei starken Belastungen sich nicht zu lange draußen aufzuhalten, Bettwäsche zum Trocknen nicht allzu lange draußen hängen zu lassen sowie nur stoßweise zu lüften.
Zudem sei im ländlichen Bereich der Pollenflug morgens am höchsten, in der Stadt abends. „Aalen zählt dabei zum ländlichen Raum, da das Umfeld ländlich ist“, sagt Zech. Laut der Webseite Allergiecheck.de ist zumindest ein Unterschied zwischen einer kleineren Stadt wie Ellwangen und Aalen zu sehen. Die Belastung in Ellwangen ist höher als in Aalen – zumindest was die Erle angeht.
Allergikern empfiehlt der Allergologe zudem Apps, die die Belastung punktuell gut vorhersagen könnten. Ansonsten bleibt ihnen nur zu hoffen, dass der Regen doch noch in Mengen kommt. Auch, wenn die Vorhersagen dagegensprechen. Der Winter hat ihnen schließlich keinen Gefallen getan.