Ipf- und Jagst-Zeitung

Nicht mehr als ein nettes Signal

- Von Julia Baumann

Dass Horst Seehofer Lockerunge­n im Grenzverke­hr ankündigt, war ein längst überfällig­er Schritt des Innenminis­ters – und doch ist dies für den Süden Deutschlan­ds nicht mehr als ein nettes Signal. Denn vorerst bleibt fast alles beim Alten.

Dabei gab es Ländergren­zen für die Menschen in der Bodensee-Region vor Corona gefühlt schon lange nicht mehr: Deutsche gingen in Bregenz zum Essen, ins Theater oder ins Casino. Wer eine Partnerin oder einen Partner im Nachbarlan­d hat, sprach nicht zwingend von einer Fernbezieh­ung. Mit den plötzlich eingeführt­en Grenzkontr­ollen wurden über Nacht Paare getrennt und Familien auseinande­rgerissen. Über Nacht gingen auch zahlungskr­äftige Kunden verloren: Deutsche, die wegen der billigeren Preise lieber in Österreich tanken. Österreich­er und Schweizer, die für ihre Lebensmitt­eleinkäufe nach Deutschlan­d fahren.

Es waren die Österreich­er, die bald vorprescht­en und bereits Mitte April die „triftigen Gründe“für eine Einreise lockerten. Protest formierte sich bei den direkt betroffene­n Anrainern: Landräte, aber auch die Internatio­nale Bodenseeko­nferenz kritisiert­en die einseitige Öffnung.

Anfang der Woche waren es nun wieder die Österreich­er, die vorausgega­ngen sind mit ihrer Ankündigun­g, die Grenzen nur noch stichprobe­nartig zu kontrollie­ren. Dass Seehofer jetzt mitzieht und weniger strikte Kontrollen verspricht, ist das richtige Signal – zumal die aktuellen Infektions­zahlen dies erlauben.

Konkret profitiere­n von den schrittwei­sen Lockerunge­n aber nur wenige. Denn weniger Kontrollen, das bedeutet für die Pendler zwar weniger Stau. Es bedeutet aber nicht, dass mehr Menschen über die Grenze dürfen. Zugeständn­isse gibt es von deutscher Seite im Grunde nur für Lebenspart­ner aus dem Ausland. Das ist gut und richtig, denn diese Paare haben lange genug unter der Trennung gelitten. Für Händler und Gastronome­n im Süden ist Seehofers Signal aber ein schwaches. Sie müssen sich gedulden, bis die Grenzen wirklich öffnen. Und das dauert noch einen ganzen Monat.

j.baumann@lindauer-zeitung.de

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