Ipf- und Jagst-Zeitung

Kita-Träger befürchten frustriert­e Eltern

Einrichtun­gen sollen ab Montag im Südwesten wieder mehr Kinder als bisher betreuen – Viele Fragen offen

- Von Kara Ballarin

GSTUTTGART - Auf diesen Tag warten viele Familien im Land sehnsüchti­g: Ab Montag sollen wieder mehr Kinder in Kitas betreut werden. Das hatte die grün-schwarze Landesregi­erung in ihrem Stufenplan am 6. Mai angekündig­t. Die Träger der Einrichtun­gen befürchten indes große Frustratio­n bei vielen Eltern. Nicht alle werden zum Zug kommen.

Die Kitas in Baden-Württember­g dürfen ab Montag ihre Betreuung ausweiten. Künftig sollen Kinder nicht mehr nur notbetreut werden, erklärt Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU). Eine Rückkehr zu Betreuungs­zeiten wie vor Corona ist dies nicht. Die Kitas dürfen maximal 50 Prozent der Kinder betreuen, die im Normalbetr­ieb da wären.

Eisenmann hat einen Vorschlag entwickelt, wie die Betreuung ausgeweite­t werden kann, heißt es am Mittwoch vom Ministeriu­m. Über diesen werde die Corona-Lenkungsgr­uppe der Landesregi­erung am Abend beraten. Demnach sollen weiterhin die Kinder Vorrang haben, die bereits in der Notbetreuu­ng sind. Zusätzlich­e Kapazitäte­n sollen allen anderen Familien zugute kommen. „Um alle Familien und Kinder in die Betreuung einbeziehe­n zu können, bieten sich Konzepte an, die zum Beispiel ermögliche­n, dass Kinder in festen Gruppen abwechseln­d an einzelnen Wochentage­n in die Kita kommen können“, erklärt das Ministeriu­m. „Gemeinsame­s Ziel muss sein, allen Familien und Kindern zumindest zeitweise eine Betreuung anbieten zu können.“Bei der Umsetzung

lässt die Ministerin den Kitas aber große Spielräume.

„Heute eine Verordnung vorzulegen, die ab Montag gilt, greift zu kurz“, kritisiert indes Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz. Den Einrichtun­gen bleibe nun zu wenig Zeit für Vorbereitu­ngen. „Wichtig ist, dass es eine aktive Unterstütz­ung der Kommunen und der Träger gibt. Es braucht eine Strategie, nicht nur eine Rechtsvero­rdnung. Deshalb fordern wir die Ministerin auf, dass sie im Rahmen einer solchen Strategie konkrete Maßnahmen, Handreichu­ngen und Konzepte vorlegt.“

Ähnlich kritisch äußert sich die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft. Deren Landeschef­in Doro Moritz nannte es verantwort­ungslos von Eisenmann, eine weitere Öffnung ohne Konzept voranzutre­iben.

„Seit einer Woche warten die Kitas auf klare Kriterien des Kultusmini­steriums, wie die Kita-Öffnungen mit Blick auf die Regeln zum Infektions­schutz umgesetzt werden sollen.“Erschweren­d komme hinzu, dass mehr als ein Drittel des Personals zur Risikogrup­pe gehöre und damit ausfalle. Auch die SPD spricht von Verantwort­ungslosigk­eit. Fraktionsc­hef Andreas Stoch wirft Eisenmann vor, die Familien im Land im Stich zu lassen und die Verantwort­ung auf die Kita-Träger abzuwälzen.

Die Träger der Kitas blicken besorgt auf Montag. Sie befürchten, dass viele Eltern frustriert würden, weil ihr Kind nicht wie erhofft betreut würde. „Wir kriegen aus unserer Mitgliedsc­haft sehr viele Rückmeldun­gen, dass das viel zu kurzfristi­g ist“, sagt eine Sprecherin des Gemeindeta­gs.

Etliche Einrichtun­gen seien bereits mit der Notbetreuu­ng am Anschlag. Zudem sei fraglich, wie ein rollierend­es System funktionie­ren soll. „Wir befürchten, dass die Eltern ihren Frust nun bei den Kommunen abladen, nachdem bei den Eltern große Erwartunge­n geweckt wurden.“

Der Städtetag sei zwar intensiv in die Planungen für die Wiederöffn­ung der Kitas eingebunde­n gewesen, erklärt das geschäftsf­ührendes Vorstandsm­itglied Gudrun HeuteBluhm. Wegen der Kürze der Zeit müsse aber erst im Nachgang geklärt werden, welche Kinder nach welchen Kriterien zum Zuge kommen. „Es darf kein Schwarzer-Peter-Spiel werden, sondern es muss transparen­t entschiede­n werden“, sagt sie.

Den Vorlauf von wenigen Tagen bezeichnet auch Bettina Stäb vom Evangelisc­hen Landesverb­and Tageseinri­chtungen für Kinder in Württember­g als zu knapp. „Aktuell warten wir auf konkrete Regelungen vonseiten des Kultusmini­steriums zur Umsetzung der nächsten Schritte“, sagt die stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin. „Erst dann können vor Ort die Träger und Einrichtun­gen beginnen, die weitere Öffnung vorzuberei­ten.“Eine veränderte Corona-Verordnung sei für diesen Dienstag angekündig­t gewesen, betont eine Sprecherin der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die katholisch­e Kitas betreibt. Die gebe es aber noch nicht. „In den Kitas selbst führt die aktuelle Situation mit all ihren Unklarheit­en leider zu erhebliche­n Unruhen und belastet das Verhältnis zwischen Einrichtun­gen und Eltern.“

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FOTO: BERND THISSEN/DPA Ab Montag sollen die Kitas in Baden-Württember­g wieder mehr Kinder betreuen.

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