In Krisenzeiten sind Kunst und Kultur unentbehrlich
Kunstverein Ellwangen setzt Zeichen – Schiela-Ausstellung ab 28. Juni geöffnet
GELLWANGEN - „Nachhaltigkeit darf nicht beim Klima und der Pandemievorsorge enden. Kunst und Kultur gehören unverrückbar dazu.“Roland Hasenmüller, der Vorsitzende des Ellwanger Kunstvereins, findet im Gespräch mit der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten“klare Worte. In Zeiten von Corona müsse es weitere staatliche Förderprogramme für Künstler geben. Denn gerade sie, die vom Verkauf ihrer Werke ohnehin mehr schlecht als recht leben können, würden in der Krise allzu oft vergessen.
In diesen unsicheren Zeiten steuert der Kunstverein Ellwangen mit seinem Vorsitzenden Roland Hasenmüller und Kurator Ulrich Brauchle einen klaren Kurs. Die sehenswerte Ausstellung „Punta Pagoda“mit fotorealistisch anmutenden Werken des Xantener Künstlers Thomas
Schiela wurde frühzeitig geschlossen, die für den 15. März geplante Vernissage fand nicht statt (wir berichteten). Und auch jetzt, da viele Museen bereits wieder zugänglich sind, nimmt man sich Zeit: Am Sonntag, 28. Juni, soll die Schiela-Schau wieder geöffnet werden.
Ob mit oder ohne Vernissage, steht noch nicht fest und ist abhängig von den geltenden Auflagen. Acht Wochen haben Besucher dann Gelegenheit für die lohnende Begegnung mit Thomas Schiela, der in den großzügigen Räumen des Kunstvereins im Schloss einen großen Auftritt hat.
Und das im doppelten Sinne: Zum einen bevorzugt Schiela nahezu monumentale Formate, zum anderen weitet er den Horizont. Das Bild „Cham, 1-13“ist 2,10 Meter hoch und 2,60 Meter lang und macht sprießendes Grün, das sich auf bemoosten Stufen eines vietnamesischen Tempels
Licht und Luft erkämpft, zum Ereignis. Ein Blickfang nicht nur für Naturfreunde sind die zwischen Schärfe und Unschärfe detailreich changierenden Hagebuttensträucher. Faszinierend ist der Blick gleichsam aus dem Orbit auf das nächtlich glitzernde Lichtermeer von Las Vegas.
Bewusst, so Hasenmüller, habe man sich gegen einen virtuellen Rundgang durch die Ausstellung entschieden, obwohl gerade sein Unternehmen über Expertise im Umgang mit digitalen Medien verfügt: „Bildende Kunst muss man hautnah und sinnlich erleben.“Davon ist auch Ulrich Brauchle, Künstler und Kunsterzieher, überzeugt: „Ich kann Schüler nicht langfristig am PC unterrichten. Soziale Bildung und Herzensbildung entstehen nur von Mensch zu Mensch.“Irgendwann hoffentlich wieder ohne Schutzmaske.
Die Corona-Krise, so Roland Hasenmüller, biete die Gelegenheit, innezuhalten und sich auf Wesentliches zu besinnen: „Sie hat die Schwächen und Fehler unseres globalisierten Systems klar gezeigt.“Über Nacht seien Müllabfuhr und Pflegekräfte, über deren Wohl und Wehe man sich sonst kaum Gedanken mache, zu systemrelevanten Berufen geworden.
Wie viel ist uns unsere Gesundheit, wie viel sind uns aber auch Kunst und Kultur als geistige Nahrung im Zeitalter von Bits, Klicks und Bytes wert? Sie gelten als nicht systemrelevant und sind für unsere Lebensqualität doch unentbehrlich. Obwohl seinerseits finanziell auf Kante genäht, will der Kunstverein Ellwangen Künstler unterstützen, deren Leben nach der Krise noch schwieriger sein wird, als zuvor. Von der Politik, die angesichts der Krise bisher, so Hasenmüller, insgesamt gute Arbeit geleistet habe, auch wenn sie vielleicht früher hätte reagieren können, erwarte man Weitsicht und ein Signal.
Ein solches setzt der Kunstverein nach Schiela auch mit seiner Herbstausstellung, die die Hamburger Künstler*innen Gosia Machon, Sylvie Ringer, Anton Engel und Dragan Prgomelja vereint. Für das kommende Frühjahr ist zeitgenössische Fotografie in Planung. Die eigentlich für diesen Sommer geplante Schau mit dem Bildhauer Dietrich Klinge und dem südkoreanischen Maler Woo Taek wird auf den Sommer 2021 verschoben.
Das ursprünglich für Ende April vorgesehene Gespräch von Ulrich Brauchle mit dem namhaften süddeutschen Galeristen Cyprian Brenner wird im August nachgeholt, der Termin wird noch bekanntgegeben. Auch Thomas Schiela wird noch einmal in der Ausstellung erwartet.